Nike schließt das Versuchslabor
Der Konzern beendet das umstrittene Oregon Project, in dem Langstreckenläuferin Konstanze Klosterhalfen trainierte.
BERLIN (dpa) Die WM-Dritte Konstanze Klosterhalfen braucht eine neue sportliche Heimat. Nike schließt sein umstrittenes Oregon Project (NOP) an der US-Westküste in Portland, wie das Sportartikelunternehmen am Freitag bestätigte. Dort hatte die 22-jährige Langstreckenläuferin seit einem Jahr trainiert. „Wir haben beschlossen, das Oregon-Projekt zu beenden, damit sich die Athleten auf ihre TrainingsundWettkampfbedürfnisse konzentrieren können“, heißt es in der Nike-Stellungnahme.
Projekt-Cheftrainer Alberto Salazar war in der vergangenen Woche wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Regeln für vier Jahre gesperrt worden. Die Vorwürfe beziehen sich auf die Zeit von 2010 bis 2014. Salazar war nach langjährigen Ermittlungen der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA aus dem Verkehr gezogen worden, ebenso wie der Arzt Jeffrey Brown. Der gebürtige Kubaner und frühere Marathon-Spitzenläufer Salazar hat dagegen Einspruch erhoben. Die Leverkusenerin Klosterhalfen, die zuletzt bei der Leichtathletik-WM in Doha Bronze über 5000 Meter gewann, betonte stets, dass Pete Julian ihr Coach in Oregon sei.
Auch das Sportunternehmen wehrt sich weiter gegen Dopingvorwürfe und unterstützt Chefcoach Salazar. Laut Nike habe die Untersuchungskommission nicht festgestellt, dass bei NOP-Athleten „jemals leistungssteigernde Mittel eingesetzt“worden seien. Die Gesamtsituation sei für die Läufer aber zu einer „unfairen Belastung“geworden. „Wir werden all unseren Athleten bei diesem Übergang helfen, wenn sie die für sie geeigneten Trainingsbedingungen auswählen. Wir werden Alberto in seiner Berufung weiterhin unterstützen.“
Der Chef der US-Amerikanischen Anti-Doping-Agenur (USADA), Travis Tygart, hatte jedoch festgestellt: „Die Athleten waren Versuchstiere, so muss man es sagen.“Die Rede ist von„hochgradig gefährlichen Medikamenten“und verboten hohe Infusionen.
Klosterhalfen ging im Herbst 2018 in die USA. Noch in Katar hatte die Rheinländerin angekündigt, weiter beim NOP trainieren zu wollen:„Das bleibt das beste Team der Welt. Ich weiß für mich und alle, die drumherum sind und Einblicke haben, was da passiert und was nicht passiert“, sagte sie. „Doping ist da nie ein Thema.“Der Deutsche Leichtathletik-Verband, der einen langjährigen Ausrüstervertrag mit Nike hat, kündigte zum Ende derWM an, beratend auf Klosterhalfen und ihr Management einwirken zu wollen.
Die NOP-Läufer räumten bei der WM in Doha mächtig ab. Sieben der insgesamt zwölf Ausdauersportler aus Salazars Team waren in Doha am Start. Ihre Bilanz: dreimal Gold, einmal Silber und Bronze für Klosterhalfen. Wie es mit Klosterhalfen, die in Doha Bronze über 5000 Meter gewann, und ihrem Trainer Pete Julian weitergeht, ist offen.
Am Freitag sagte die Langstreckenläuferin, dass sie die Schließung des Oregon Projects„komplett nachvollziehen“könne, obwohl sie nur Positives über ihre Erfahrungen im Oregon Project und ihrem Trainer Pete Julian zu berichten habe. „Es ist ein erster wichtiger Schritt, vor allem die aktuellen Athleten und deren Leistungen zu schützen, denn deren und meine sportliche Leistung ist seit der letzten Woche leider aufgrund der Umstände in den Hintergrund geraten“, erklärte die 22-jährige Leverkusenerin. Nun könne sie sich komplett von allen Verdachtsmomenten frei machen, sagt sie weiter.
„Für mich ist der Beschluss, das Oregon Project nach der Salazar-Sperre zu beenden, eine folgerichtige Entscheidung im Sinne der Athleten und des Sports“, sagte Jürgen Kessing, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, in einer Erklärung vom Freitag. DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska verwies auf die bereits während der WM angekündigten „intensiven Gespräche“mit Klosterhalfen und ihren Beratern, um ihre Olympia-Vorbereitung für Tokio 2020 optimal abzusichern. „Die Entscheidung, wie es weitergeht, wird letztlich Konstanze Klosterhalfen eigenverantwortlich treffen“, sagte er aber auch.