„Lebensqualität steigt durch weniger Autos“
Der Stadtchef über den Start der Umweltspur und sein Eintreten für „effizientere Verkehrsmittel“.
Am Montag startet die dritte Umweltspur. Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie?
THOMAS GEISEL Wie bei allen Neuheiten dieser Art wird es eine Zeit lang dauern, bis sich die Betroffenen darauf eingerichtet haben. Danach wird sich die Sache einrütteln, wie auch die Erfahrung mit den beiden bereits eingeführten Umweltspuren zeigt.
Bei wie viel Stau wird das Experiment abgebrochen?
GEISEL Die Erfahrung zeigt: mit oder ohne Umweltspur – Stau gibt es, solange wir nicht den Modal Split drehen, sprich: auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen und so die Anzahl der Fahrzeuge verringern. Hauptursache von Staus sind nun mal zu viele Autos.
IHK und Handwerk haben Sorgen vor negativen Folgen, wenn Düsseldorf den Autoverkehr einschränkt, Pendler sind beunruhigt. Sie nicht?
GEISEL Die Erfahrung in anderen Metropolen, die wesentlich größere Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr verhängt haben – Paris, London, Tokio, Oslo und so weiter – zeigt, dass Attraktivität, Wirtschaftskraft und Lebensqualität eher steigen, wenn weniger Autos unterwegs sind.
Die Umweltspuren sollen ein Fahrverbot verhindern. Gibt es keinen anderen Weg?
GEISEL Denjenigen, die für den Luftreinhalteplan verantwortlich sind, ist jedenfalls kein besserer eingefallen. Im übrigen weise ich darauf hin, dass die Umweltspur nur eine von einer ganzen Reihe von Maßnahmen sind, mit denen die Luftqualität verbessert werden soll.
Wie sicher ist es, dass das Gericht jetzt die Klage abweist?
GEISEL Die Chancen sind jedenfalls nach meiner Einschätzung deutlich gestiegen. Grundsätzlich aber gilt: vor Gericht und auf hoher See…
Sie haben wiederholt betont, dass die Fahrverbot-Diskussion nicht der einzige Grund für eine Wende in der Verkehrspolitik sei.
GEISEL Ja. Meiner Überzeugung nach kann Lebensqualität und Attraktivität in der wachsenden Stadt nur dann erhalten und entwickelt werden, wenn uns die Mobilitätswende gelingt, sprich: wenn der berühmte Modal Split zugunsten effizienterer Verkehrsmittel wie Bus, Bahn und Fahrrad gedreht werden kann.
Was könnten dafür die nächsten Schritte sein?
GEISEL Ausbau der Infrastruktur und generell des Angebotes für den ÖPNV durch die Einrichtung neuer Linien und Taktverdichtung bei bestehenden Linien, Ausbau des Radwegenetzes, Schaffung eines Systems integrierter Mobilität, bei dem problemlos von einem auf das andereVerkehrsmittel umgestiegen werden kann.
Kritiker der Umweltspur argumentieren, dass erst die Alternativen stärker ausgebaut werden müssten, bevor der Autoverkehr eingeschränkt wird. Wie stehen Sie dazu? GEISEL Das ist grundsätzlich richtig. Aufgrund der drohenden Diesel-Fahrverbote musste mit Blick auf die Umweltspur allerdings die Reihenfolge geändert werden. Aber selbstverständlich muss beides Hand in Hand gehen.
Sie haben einen großen Dienstwagen: einen Mercedes-Kleintransporter als Diesel. Müssten Sie nicht mit gutem Beispiel vorangehen? GEISEL Ich wüsste nicht, weshalb ich nicht mit gutem Beispiel vorangehe. In der Regel ist dieses Fahrzeug mit drei und mehr Personen besetzt. Außerdem ist der Diesel in dieser Variante mit Euronorm 6 bei der Klimabilanz anderen Fahrzeugen vorzuziehen.