Rheinische Post

Park and Ride: Das sind Traum und Realität

Ein altes Konzept gilt plötzlich als wichtiges Mittel gegen die täglichen Staus: Park and Ride. Allerdings hat die Wirklichke­it in Düsseldorf noch nicht viel mit den Wunschbild­ern der Planer gemeinsam.

- VON NICOLE LANGE UND ARNE LIEB

Lange galt Park and Ride (P&R) als Schnee von gestern. So hieß es 2007 in einem Leitbild zur Verkehrsen­twicklung in Düsseldorf, wegen der „geringen gesamtstäd­tischen Bedeutung“brauche man keine neuen Plätze mehr zu schaffen.Wie sich die Zeiten ändern – plötzlich steht P&R wieder hoch im Kurs. Allerdings gehen Traum und Realität weit auseinande­r.

Der Traum Für Düsseldorf sind die Berufspend­ler eine besondere He-rausforder­ung: Rund 300.000 Menschen kommen zur Arbeit an jedem Werktag in die Stadt – und rund drei Viertel nutzen dafür heute das Auto. Park and Ride könnte dabei helfen, dass es anders wird: Menschen, die zu Hause keine gute ÖPNV-Anbindung haben, fahren mit dem Auto bis zu einem gut angebunden­en Parkplatz und steigen um: in Bus und Bahn, aufs Rad oder in eine Fahrgemein­schaft.

Dass das jahrzehnte­alte Konzept bei Verkehrspl­anern wieder auf der Agenda steht, hängt mit den digitalen Möglichkei­ten zusammen. Sie sollen P&R bequemer, zuverlässi­ger und intelligen­ter machen. In Zukunft könnte es so laufen: Menschen reserviere­n von zu Hause ihren P&RPlatz in einer großen Anlage und je nach Wunsch gleich das Leihrad oder E-Bike für die Weiterfahr­t. Die Bahnen starten an den Plätzen ohnehin in hoher Taktung. Oder die Pendler bilden für das letzte Stück eine Fahrgemein­schaft, die sich ebenfalls über die App findet. Während des Tages wird das E-Auto auf dem Parkplatz aufgeladen. Denkbar wäre auch, dass Online-Händler ihre Ware in den Kofferraum des geparkten Autos liefern, sodass der Pendler den Zwischenst­opp beim Supermarkt auf dem Nachhausew­eg spart – und irgendwann sogar von einem automatisi­erten Auto nach Hause gebracht wird. Die Innenstadt wird deutlich von Autoverkeh­r entlastet, immer mehr Fahrspuren können für umweltvert­räglicheVe­rkehrsmitt­el freigegebe­n werden.

Die Realität Bis jetzt fristet P&R ein Nischendas­ein in Düsseldorf, trotz vielerWerb­ung durch die Kommune etwa auf den digitalen Anzeigetaf­eln an Straßen. Und mangels Infrastruk­tur dürfte sich das nicht schnell ändern: Gerade einmal 2571 P&R-Plätze stehen auf dem Stadtgebie­t zur Verfügung. Dazu kommen rund 10.000 Plätze an den Bahnhöfen in der gesamten Region. Bei einem Test des ADAC im August schnitten vier der Düsseldorf­er Anlagen nur mäßig ab.

Durch die P&R-Offensive, die mit der dritten Umweltspur im August angekündig­t worden ist, werden zunächst nur einige Hundert Abstellmög­lichkeiten dazukommen – die, wie am Glashütten­gelände in Gerresheim, teilweise sogar nur provisoris­ch sind. Ein erster größerer Schritt soll der Ausbau des heute schon sehr beliebten Platzes am Südpark sein. Dort will die Stadt ein Parkhaus errichten, einen Termin gibt es aber noch nicht. Der Platz kurz hinter der A46-Ausfahrt steht nicht zuletzt deshalb im Fokus, weil er vor dem Startpunkt der neuen Umweltspur liegt. Die Rheinbahn hatte vor einigen Jahren die Idee eingebrach­t, die Anlage kostenpfli­chtig zu machen. Nach dem Führungswe­chsel im Unternehme­n ist das aber offenbar kein Thema mehr.

Die Suche nach weiteren Standorten ist nicht einfach, darin liegt ein Grundprobl­em von P&R. Eine gute Anbindung an Nahverkehr und Autobahnen muss gegeben sein oder geschaffen werden, darüber hinaus sind die viel angefahren­en Plätze bei Anwohnern alles andere als beliebt. Düsseldorf sucht das Gespräch mit dem Umland, da es naheliegen­d wäre, mehr Anlagen schon vor der Stadtgrenz­e einzuricht­en. In einigen Wochen soll es eine Regionalko­nferenz zumVerkehr geben. Dezernenti­n Cornelia Zuschke hat den Eindruck, dass die Umlandskom­munen offener dafür geworden sind, dass sie ihren Beitrag für ein besseres Verkehrsne­tz leisten müssen – schließlic­h helfe das auch vielen ihrer Bewohner, die in Düsseldorf arbeiten. „Die Menschen denken schon viel stärker über die Stadtgrenz­en hinaus als die Politik“, sagt Zuschke.

Der Düsseldorf­er Bundestags­abgeordnet­e Thomas Jarzombek (CDU) würde es begrüßen, wenn sich Düsseldorf um ein Pilotproje­kt für eine P&R-Anlage neuen Ausmaßes bewirbt. Er verweist auf einen Beschluss des CDU-Bundesvors­tands, den er mit formuliert habe. „Wir möchten den Bau großer P&R-Zentren mit fünfstelli­gen Stellplatz­zahlen an den Stadtrände­rn fördern“, heißt es darin. Die Anlagen sollen mit schnellem Takt an die Innenstadt angebunden werden. Aus Sicht der CDU ist das ein Weg zu einer Mobilitäts­wende, mit dem Autos nicht aus der Stadt verdrängt werden.

Unter Experten ist P&R nicht unumstritt­en. Der Verkehrsex­perte Heiner Monheim stellt den Sinn infrage – und hält Park and Ride für den falschen Weg, um Autoverkeh­r aus der Stadt zu bekommen. „P&R-Parkplätze schaden dem öffentlich­en Personenna­hverkehr mehr, als sie helfen“, sagt der eremitiert­e Professor für Angewandte Geographie, Raumentwic­klung und Landesplan­ung.„Man baut eine Infrastruk­tur für Autos mit dem Geld, das man eigentlich für eine Verbesseru­ng des ÖPNV ausgeben müsste.“Monheim weist darauf hin, dass man durch P&R doch wieder aus der Sicht des Autofahrer­s und für ihn plane, damit er wenigstens das letzte Stück seiner Strecke mit Bus und Bahn zurücklege. Man stütze die Autofixier­ung, anstatt sie abzubauen.

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FOTO: ADAC Der ADAC gab dem Park-and-Ride-Angebot Fröttmanin­g (München) im August Topnoten.
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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Der Düsseldorf­er Park-and-Ride-Platz am Südpark

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