Park and Ride: Das sind Traum und Realität
Ein altes Konzept gilt plötzlich als wichtiges Mittel gegen die täglichen Staus: Park and Ride. Allerdings hat die Wirklichkeit in Düsseldorf noch nicht viel mit den Wunschbildern der Planer gemeinsam.
Lange galt Park and Ride (P&R) als Schnee von gestern. So hieß es 2007 in einem Leitbild zur Verkehrsentwicklung in Düsseldorf, wegen der „geringen gesamtstädtischen Bedeutung“brauche man keine neuen Plätze mehr zu schaffen.Wie sich die Zeiten ändern – plötzlich steht P&R wieder hoch im Kurs. Allerdings gehen Traum und Realität weit auseinander.
Der Traum Für Düsseldorf sind die Berufspendler eine besondere He-rausforderung: Rund 300.000 Menschen kommen zur Arbeit an jedem Werktag in die Stadt – und rund drei Viertel nutzen dafür heute das Auto. Park and Ride könnte dabei helfen, dass es anders wird: Menschen, die zu Hause keine gute ÖPNV-Anbindung haben, fahren mit dem Auto bis zu einem gut angebundenen Parkplatz und steigen um: in Bus und Bahn, aufs Rad oder in eine Fahrgemeinschaft.
Dass das jahrzehntealte Konzept bei Verkehrsplanern wieder auf der Agenda steht, hängt mit den digitalen Möglichkeiten zusammen. Sie sollen P&R bequemer, zuverlässiger und intelligenter machen. In Zukunft könnte es so laufen: Menschen reservieren von zu Hause ihren P&RPlatz in einer großen Anlage und je nach Wunsch gleich das Leihrad oder E-Bike für die Weiterfahrt. Die Bahnen starten an den Plätzen ohnehin in hoher Taktung. Oder die Pendler bilden für das letzte Stück eine Fahrgemeinschaft, die sich ebenfalls über die App findet. Während des Tages wird das E-Auto auf dem Parkplatz aufgeladen. Denkbar wäre auch, dass Online-Händler ihre Ware in den Kofferraum des geparkten Autos liefern, sodass der Pendler den Zwischenstopp beim Supermarkt auf dem Nachhauseweg spart – und irgendwann sogar von einem automatisierten Auto nach Hause gebracht wird. Die Innenstadt wird deutlich von Autoverkehr entlastet, immer mehr Fahrspuren können für umweltverträglicheVerkehrsmittel freigegeben werden.
Die Realität Bis jetzt fristet P&R ein Nischendasein in Düsseldorf, trotz vielerWerbung durch die Kommune etwa auf den digitalen Anzeigetafeln an Straßen. Und mangels Infrastruktur dürfte sich das nicht schnell ändern: Gerade einmal 2571 P&R-Plätze stehen auf dem Stadtgebiet zur Verfügung. Dazu kommen rund 10.000 Plätze an den Bahnhöfen in der gesamten Region. Bei einem Test des ADAC im August schnitten vier der Düsseldorfer Anlagen nur mäßig ab.
Durch die P&R-Offensive, die mit der dritten Umweltspur im August angekündigt worden ist, werden zunächst nur einige Hundert Abstellmöglichkeiten dazukommen – die, wie am Glashüttengelände in Gerresheim, teilweise sogar nur provisorisch sind. Ein erster größerer Schritt soll der Ausbau des heute schon sehr beliebten Platzes am Südpark sein. Dort will die Stadt ein Parkhaus errichten, einen Termin gibt es aber noch nicht. Der Platz kurz hinter der A46-Ausfahrt steht nicht zuletzt deshalb im Fokus, weil er vor dem Startpunkt der neuen Umweltspur liegt. Die Rheinbahn hatte vor einigen Jahren die Idee eingebracht, die Anlage kostenpflichtig zu machen. Nach dem Führungswechsel im Unternehmen ist das aber offenbar kein Thema mehr.
Die Suche nach weiteren Standorten ist nicht einfach, darin liegt ein Grundproblem von P&R. Eine gute Anbindung an Nahverkehr und Autobahnen muss gegeben sein oder geschaffen werden, darüber hinaus sind die viel angefahrenen Plätze bei Anwohnern alles andere als beliebt. Düsseldorf sucht das Gespräch mit dem Umland, da es naheliegend wäre, mehr Anlagen schon vor der Stadtgrenze einzurichten. In einigen Wochen soll es eine Regionalkonferenz zumVerkehr geben. Dezernentin Cornelia Zuschke hat den Eindruck, dass die Umlandskommunen offener dafür geworden sind, dass sie ihren Beitrag für ein besseres Verkehrsnetz leisten müssen – schließlich helfe das auch vielen ihrer Bewohner, die in Düsseldorf arbeiten. „Die Menschen denken schon viel stärker über die Stadtgrenzen hinaus als die Politik“, sagt Zuschke.
Der Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) würde es begrüßen, wenn sich Düsseldorf um ein Pilotprojekt für eine P&R-Anlage neuen Ausmaßes bewirbt. Er verweist auf einen Beschluss des CDU-Bundesvorstands, den er mit formuliert habe. „Wir möchten den Bau großer P&R-Zentren mit fünfstelligen Stellplatzzahlen an den Stadträndern fördern“, heißt es darin. Die Anlagen sollen mit schnellem Takt an die Innenstadt angebunden werden. Aus Sicht der CDU ist das ein Weg zu einer Mobilitätswende, mit dem Autos nicht aus der Stadt verdrängt werden.
Unter Experten ist P&R nicht unumstritten. Der Verkehrsexperte Heiner Monheim stellt den Sinn infrage – und hält Park and Ride für den falschen Weg, um Autoverkehr aus der Stadt zu bekommen. „P&R-Parkplätze schaden dem öffentlichen Personennahverkehr mehr, als sie helfen“, sagt der eremitierte Professor für Angewandte Geographie, Raumentwicklung und Landesplanung.„Man baut eine Infrastruktur für Autos mit dem Geld, das man eigentlich für eine Verbesserung des ÖPNV ausgeben müsste.“Monheim weist darauf hin, dass man durch P&R doch wieder aus der Sicht des Autofahrers und für ihn plane, damit er wenigstens das letzte Stück seiner Strecke mit Bus und Bahn zurücklege. Man stütze die Autofixierung, anstatt sie abzubauen.