Tierische Gefahren im Herbst
Wenn die Tage kürzer werden, stellen Dämmerung und Berufsverkehr eine Gefahr für Wildtiere und Autofahrer dar.
Schnell ist es passiert. Am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit springt plötzlich ein Reh aus dem Wald und überquert die Straße. Heute hat das grazile Tier Glück. Der Autofahrer hat das Wild bereits von Weitem gesehen und das Tempo verringert. Vorsichtig schaut er, ob weitere Rehe folgen und fährt anschließend aufmerksam weiter.
Doch nicht immer geht das Aufeinandertreffen von Fahrzeugen und Wildtieren so gut aus.Von Oktober bis Dezember sowie im April und Mai ist das Risiko am höchsten. Das zeigen Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Zum Jahresende hin komme es etwa zu vielen Unfällen mit Hirschen. 2018 haben die Autoversicherer rund 268.000 Wildunfälle registriert. Der Jagdverband spricht von mehr als 230.000 Kollisionen pro Jahr. Im Jahr 2017 betrugen die wirtschaftlichen Schäden durch Wildunfälle 744 Millionen Euro.
Auswertungen des Tierfund-Katasters des Jagdverbandes durch Wissenschaftler der Uni Kiel zeigen: Der Oktober ist der Monat, in dem im Vergleich die meisten Rehe, Hirsche und Wildschweine sterben. Das ist ein Ergebnis der Analyse von 19.800 zwischen September 2017 und August 2019 gemeldeten Wildtierunfällen. Im Tierfund-Kataster, auf den man via App oder auf der Internetseite www. tierfund-kataster.de zugreifen kann, können Nutzer Wildunfälle nach einheitlichem Standard deutschlandweit ortsgenau melden.
Vorsicht ist das ganze Jahr geboten, nicht nur im Frühjahr oder Herbst. „Insbesondere in der Dämmerung und nachts ist mit Wildwechsel zu rechnen“, betont Mathias Zunk, Verbraucherexperte des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Er rät Autofahrern dazu, die Warnschilder vor Wildwechseln zu beachten und die Fahrweise entsprechend anzupassen. Am Rand von Wiesen, Feldern und Wäldern sollten Fahrer abbremsen und insbesondere in der Dämmerung die Geschwindigkeit verringern.
Taucht Wild auf der Straße oder am Straßenrand auf, sollten Autofahrer versuchen, es durch Hupen zu verscheuchen. „Das Blenden mit dem Fernlicht verwirrt die Tiere nur“, warnt Zunk. „Sie verlieren die Orientierung und laufen oft instinktiv auf die Lichtquelle zu.“Riskante Ausweichmanöver sind zu vermeiden, da der Zusammenprall mit einem Baum oder einem anderen Fahrzeug in der Regel deutlich größere Gefahren birgt, als die Kollision mit dem Tier.
Doch nicht nur für die Tiere kann ein Zusammenstoß schlimme Folgen haben. Rammt das Auto mit 60 Stundenkilometern einen Rothirsch, wirkt eine Kraft von fünf Tonnen auf die Karosserie, erklären der Automobil-Club Verkehr (ACV) und der Jagdverband. Sie haben eine Kampagne gestartet, um Wildunfälle zu vermeiden. Der wichtigste Tipp lautet dennoch: Nicht waghalsig ausweichen, wenn plötzlich ein Tier auf der Straße auftaucht. Ein Zusammenstoß sei meist nicht so gefährlich wie eine Kollision mit dem Gegenverkehr oder einem Straßenbaum, erklärt der Tüv Rheinland. Stark bremsen und das Lenkrad festhalten ist also die korrekte Reaktion.
Nach einem Wildunfall ist zunächst die Unfallstelle zu sichern. Autofahrer müssen das Warnblinklicht einschalten und das Warndreieck aufstellen. Anschließend ist die Polizei zu rufen. „Wurde das Tier bei der Kollision verletzt oder getötet, sollte man es nicht berühren unter anderem wegen möglicher Tollwutgefahr“, betont der Experte. Das Bergen ist die Aufgabe des Försters oder Jagdpächters. Hilfreich für eine schnelle Schadenbearbeitung sind Fotos vom Unfallort, vom Tier und vom Fahrzeug. Dazu sollte man sich eine Wildunfallbescheinigung vom Förster ausstellen lassen.
Wichtig: Der Versicherer muss informiert werden, bevor die Wildspuren am Auto beseitigt oder das Fahrzeug repariert wurde. Schäden am eigenen Fahrzeug, die durch Haarwild wie Rehe und Wildschweine verursacht werden, begleicht die Teilkaskoversicherung. Einige Versicherer haben ihren Schutz zusätzlich auf Unfälle mit bestimmten weiteren oder auch Tieren aller Art ausgeweitet. Auch wer eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat, wird entschädigt. Auf den persönlichen Schadenfreiheitsrabatt hat ein Wildschaden keinen Einfluss.
Etwas komplizierter wird es, wenn ein Unfall durch ein Ausweichmanöver entsteht. „Für die Leistung der Teilkasko ist entscheidend, ob es tatsächlich einen Wildwechsel mit Haarwild gab und der Fahrer deshalb ausgewichen ist“, erklärt Mathias Zunk.„Dies müssen Fahrer im Zweifel gegenüber ihrer Versicherung auch belegen.“