Lufthansa-Chef zur Schlichtung bereit
Die Airline vollzieht eine Kehrtwende. Statt die Kabinengewerkschaft Ufo weiter mit Klagen zu bekämpfen, setzt das Management nun doch auf Tarifgespräche. Das Wochenende könnte den Durchbruch bringen.
DÜSSELDORF Der Streik des Kabinenpersonals der Lufthansa geht trotz der Aussicht auf eine Schlichtung am Freitag weiter. Die Unabhängige Flugbegleiter-Organisation (Ufo) verzichtete nach einem Gesprächsangebot des Managements jedoch darauf, den Arbeitskampf wie geplant auf Tochtergesellschaften auszuweiten. Der laufende Streik werde aber nicht abgesagt, sagte Ufo-Sprecher Nicoley Baublies. Der Streik dauert noch bis Freitag, 24 Uhr.
Am Donnerstag hatten sich nach Angaben des Konzerns etwa 240 Flugbegleiter an den Ausständen beteiligt. Knapp 100.000 Passagiere seien betroffen gewesen. 700Verbindungen hatte die Kranich-Linie vorsorglich gestrichen.
Am Vormittag hatte der Konzern über das Ergebnis eines Spitzengesprächs mit der Ufo-Konkurrenz von Verdi und der Cabin Union informiert. Die Ufo hatte ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt, nachdem der Konzern am Mittwoch versucht hatte, den Streik gerichtlich zu kippen. Vergeblich. Nach dem Frankfurter Arbeitsgericht hatte auch das Hessische Landesarbeitsgericht das Begehren des Konzerns zurückgewiesen.
Auch ohne Teilnahme der Ufo kommt aber Bewegung in den Konflikt. „Nach dem konstruktiven und erfolgreichen Spitzengespräch mit Verdi und IGL-CU sehen wir uns jetzt in der Lage, Gespräche mit allen drei Gruppen aufzunehmen“, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Dieses schließe ausdrücklich auch wieder Gespräche mit der Ufo ein –„mit dem Ziel, im Interesse unserer Kunden und Mitarbeiter die gestern von der Ufo angebotene Schlichtung zu vereinbaren“.
Das ist eine Kehrtwende des Managements. Bislang hatte die Lufthansa echte Tarifverhandlungen mit der Kabinengewerkschaft abgelehnt. Offiziell lautete die Begründung, der Vorstand sei nicht rechtmäßig zustande gekommen. Inoffiziell dürfte wohl eher der Grund sein, dass die Lufthansa den ungeliebten Tarifpartner schwächen, wenn nicht gar loswerden will. Spohr setzt nun aber darauf, in Gesprächen mit allen drei Gewerkschaften einen einheitlichen Tarifvertrag zu vereinbaren. Bei Eurowings sei es auch gelungen, Tarifverträge abzuschließen, bei denen mehrere Gewerkschaften beteiligt seien, sagte er bei der Vorstellung der Quartalszahlen. Allerdings legte er Wert darauf, dass der Eurowings-Vertrag mit Verdi federführend ausgehandelt worden sei. Es gelte nun „Verhärtungen“aufzulösen, neues Vertrauen aufzubauen. Für das Wochenende sind vertrauliche Gesprächen mit Ufo geplant.
Auch die Politik meldete sich im laufenden Konflikt zuWort. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer (CDU), will die Macht kleiner Gewerkschaften weiter einschränken:„Es ist unverhältnismäßig, wenn kleine Berufsgruppen für ihre Interessen nicht nur hunderttausende Passagiere in Geiselhaft nehmen, sondern auch großen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten“, sagte er unserer Redaktion.„Aus diesem Grund bin ich klar dafür, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um dieses hohe Erpressungspotenzial einzelner Interessengruppen zu begrenzen“, so der CDU-Politiker. Damit kritisierte er die bereits erfolgte Reform der Tarifeinheit. „Die erneuten Streiks lassen Zweifel aufkommen, ob die Reform der Tarifeinheit ihr Ziel, den Einfluss kleiner Gewerkschaften einzuschränken, auch tatsächlich erreicht hat“, sagte er. Sein CDU-Parteifreund Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der Unionsfraktion, sagte, das Tarifeinheitsgesetz verdränge nicht die bereits bestehenden Tarifverträge. „In einem so sensiblen Bereich der Infrastruktur wäre es allerdings klug, wenn erst nach einem Versuch zur Schlichtung gestreikt würde“, so Weiß.
Trotz des Streiks schnellte die Lufthansa-Aktie am Donnerstag um zeitweise neun Prozent in die Höhe. Der Grund ist, dass der Konzern deutlich bessere Quartalszahlen als erwartet verkündet hatte (siehe Infobox). Spohr berichtete, konkurrierende Billigflieger würden bereits an den Flughäfen Frankfurt, München und Zürich ihre Kapazitäten senken, die Preise für Kurzstreckenflüge in Europa würden sich „etwas stabilisieren“. Mit Blick unter anderem auf Düsseldorf sagte er, die Lufthansa werde ihre starke Marktposition an wichtigen Flughäfen in Deutschland „mit aller Härte verteidigen“. Den schlimmsten Preiskampf erlebt die Airline aktuell in Wien. Weil der dortige Flughafen den Wettbewerbern Ryanair/Laudamotion und Wizz relativ günstige Gebühren anbietet, haben die ihre Kapazitäten deutlich erhöht. Entsprechend brutal ist die Konkurrenz. „Da tobt die Mutter aller Schlachten“, sagte Spohr.