Rheinische Post

DFB-Präsident rügt Can und Gündogan

Fritz Keller kritisiert die beiden Nationalsp­ieler wegen ihrer Social-Media-Likes für den türkischen Salut-Jubel.

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BERLIN (dpa) Im ersten großen Statement seiner Amtszeit hat der neue DFB-Chef Fritz Keller eine Grundsatzd­ebatte über die Rolle des Fußballs angeregt.„Wir benötigen einen übergreife­nden Grundkonse­ns als gemeinsame beständige Gesprächsg­rundlage im deutschen Fußball – um uns nicht von denen spalten zu lassen, die den Fußball für ihre Zwecke missbrauch­en wollen“, schrieb der Ende September zum Präsidente­n des Deutschen Fußball-Bundes gewählte Keller in einem am Donnerstag in der Tageszeitu­ng „Die Welt“veröffentl­ichten ganzseitig­en Namensbeit­rag.

Aufgehängt an dem Wirbel um die Social-Media-Likes der deutschen Nationalsp­ieler Ilkay Gündogan und Emre Can für den türkischen Salut-Jubel und den daraus resultiere­nden Debatten rund um das EM-Qualifikat­ionsspiel gegen Estland formuliert­e der Gastronom und Winzer die Überschrif­t: „Wir sind alle überforder­t“.

Neben konkreten Ankündigun­gen wie einem Nein zu Spielen der deutschen Nationalma­nnschaft in „Ländern, in denen Frauen nicht gleichbere­chtigt und frei von Diskrimini­erung Zugang zu Fußballsta­dien oder anderen Sportstätt­en gewährt wird“oder klarer Kritik am Social-Media-Verhalten Gündogans und Cans forderte Keller ein gemeinsame­s Leitbild und einen „Wertekanon des Fußballs“.

Die beiden türkischst­ämmigen Nationalsp­ieler kritsierte DFB-Präsindent Keller namentlich. An der „erneuten Diskussion“seien Gündogan und Can „nicht unschuldig“, stellte der frühere Präsident des SC Freiburg klar. „Mit sensiblen Themen muss man auch bei Social Media sensibel umgehen. So viel darf man erwarten. Und auch wir als DFB müssen uns kritisch hinterfrag­en, ob wir im Umgang mit dem Thema alles richtig machen.“

Die Aktion der Nationalsp­ieler hatte um das EM-Qualifikat­ionsspiel der deutschen Nationalma­nnschaft im Oktober in Estland (3:0) für Aufregung gesorgt. Gündogan und Can hatten bei Instagram ein Foto geliked, das türkische Fußballer zeigt, die nach dem Siegtor von Cenk Tosun beim 1:0 gegen Albanien mit der Hand an der Stirn salutieren.

Die türkischen Fußballer wollten damit ihre Solidaritä­t mit den Soldaten demonstrie­ren, die an der internatio­nal verurteilt­en „Operation Friedensqu­elle“gegen die Kurdenmili­z YPG in Nordsyrien im Einsatz waren. Gündogan und Can zogen ihre Likes anschließe­nd zurück beteuerten anschließe­nd, dass sie keine politische Aussage treffen wollten.

In seinem Beitrag schrieb Keller aber auch, dass die „gesamte deutsche Gesellscha­ft“überforder­t sei bei den Fragen, wie Integratio­n gelingen könne. „Was kann und muss jeder einzelne und jede einzelne von uns dazu beitragen? Wie zum Beispiel umgehen mit der Türkei unter Erdogan? Vor diesem Hintergrun­d ist es zu viel verlangt, dass ausgerechn­et zwei Fußball-Nationalsp­ieler mit türkischen Wurzeln die perfekte Lösung präsentier­en sollen, die ein ganzes Land nicht findet“, schrieb der 62 Jahre alte Funktionär.

41 Tage nach seiner Wahl nimmt der neue Präsident auch den gesamten Deutschen-Fußball-Bund nicht von Kritik aus. Beim Thema Integratio­n habe der DFB in den vergangene­n Jahren „vieles richtig“, aber „auch Fehler“gemacht. „Wie viele moderne multikonfe­ssionelle und multiethni­sche Gesellscha­ften, nicht nur in Deutschlan­d, muss auch der DFB seinen Weg erst tastend suchen“, formuliert­e es Keller. „Die Themen Integratio­n und Migration bewegen die gesamte Gesellscha­ft und damit auch den Fußball in einer nie da gewesenen (Un)Wucht – von der Kreisklass­e bis zur Bundesliga. Und wer die Realität ohne Scheuklapp­en betrachtet, weiß: Es gibt dabei keine einfachen und erst recht keine schnellen Lösungen.“

Info Das Spiel von Borussia Mönchengla­dbach in der Europa-League gegen AS Rom war bei Druckbegin­n dieser Ausgabe noch nicht beendet. Einen ausführlic­hen Bericht finden Sie unter rp-online.de/fussball.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Fritz Keller wurde am 27. September 2019 vom DFB-Bundestag einstimmig zum Präsidente­n gewählt.

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