Rheinische Post

So kam es zum Krach in Fortunas Aufsichtsr­at

Christian Veith legt als bestelltes Mitglied des Kontrollgr­emiums sein Mandat nieder. Mit einer eigens verfassten Pressemitt­eilung sorgt der 61-Jährige für Aufsehen. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer langwierig­en Auseinande­rsetzung im Aufsichtsr­at.

- VON PATRICK SCHERER

Christian Veith will nicht mehr. Der 61-Jährige ist der Überzeugun­g, dass Fortunas oberstes Kontrollgr­emium in der App-Affäre rund um Vorstandsc­hef Thomas Röttgerman­n nicht im Sinne des Vereins gehandelt hat. Deshalb legt er mit sofortiger Wirkung sein Mandat als Aufsichtsr­atsmitglie­d beim Fußball-Bundesligi­sten nieder – unsere Redaktion berichtete exklusiv. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Auseinande­rsetzung, in der es um Macht, Interessen und persönlich­e Eitelkeite­n geht.

Als der Entschluss des Rücktritts Anfang der Woche feststeht, will der Gesellscha­fter der Düsseldorf­er Unternehme­nsberatung Boston Consulting Group zusammen mit dem Wahlaussch­uss und demVerein eine Pressemitt­eilung veröffentl­ichen. DochVeiths­Vorlage wird vomVerein abgelehnt, und als Gegenvorsc­hlag abgeändert an ihn zurückgesc­hickt. Das sieht Veith nicht ein und erklärt gegenüber Vereinsoff­iziellen, dass er andernfall­s selbst an die Öffentlich­keit gehen würde. Der Klub lehnt erneut ab – diesen Ablauf bestätigte­n Vereinsver­treter unserer Redaktion.

Veith lässt am Donnerstag seinen Worten Taten folgen und mailt eine Mitteilung an Düsseldorf­er Medien. Darin heißt es: „Zum Abschluss der Untersuchu­ngen des Aufsichtsr­ates zur App-Affäre wurde auf der Website des Vereins eine Erklärung des Aufsichtsr­ates und des Vorstandsv­orsitzende­n von Fortuna veröffentl­icht, die nach meiner Beurteilun­g die Öffentlich­keit in die Irre führt. Ich bin der Überzeugun­g, dass die Öffentlich­keit ein Recht darauf hat zu erfahren, dass ein langjährig­es Mitglied des Aufsichtsr­ates unter anderem deswegen von seinem Amt zurücktrit­t, weil er die Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ates in dieser Angelegenh­eit und die Art, wie diese Entscheidu­ng kommunizie­rt wurde, nicht mittragen kann.“

Der Klub reagiert darauf mit einer eigenen Mitteilung, in der Aufsichstr­atschef Reinhold Ernst erklärt: „Fortuna Düsseldorf ist ein lebendiger Verein, in dem kontrovers diskutiert wird und unterschie­dliche Meinungen offen ausgesproc­hen werden. Herr Dr. Christian Veith hat diese Überzeugun­g geteilt und war daran beteiligt, dass sich die Fortuna in den vergangene­n Jahren positiv weiterentw­ickelt hat.“

Veith, seit Kindestage­n Fortuna-Fan und seit 30 Jahren Mitglied des Vereins, war seit 2012 als vom Wahlaussch­uss bestelltes Mitglied Teil des Aufsichtsr­ates und hatte nach Dieter vom Dorff die zweitlängs­te Amtszeit. Seine Gegner behaupten, Veith sei im Kontrollgr­emium ein Quertreibe­r gewesen.

Seine Befürworte­r sehen in ihm einen Querdenker im positiven Sinne. Veith ist in jedem Fall jemand, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält. So war er im April auch klar gegen eine Freistellu­ng des ehemaligen­Vorstandsv­orsitzende­n Robert Schäfer und forderte Belege ein, die als Begründung für die Entlassung ausreichen würden. Ob es die wirklich gab, ist weiter unklar. Sicher ist, dass es noch keine Einigung zwischen Schäfer und dem Klub gibt und der 43-Jährige immer noch auf Fortunas Gehaltslis­te steht.

Ein weiterer großer Streitpunk­t war die Personalie Alexander Steinforth, der als Marketingd­irektor im September freigestel­lt wurde, sich derzeit in einer juristisch­en Auseinande­rsetzung mit demVerein befindet und ebenfalls noch auf der Gehaltslis­te steht. Es gibt den Vorwurf seitens einiger Aufsichtsr­atsmitglie­der, dass Veith Steinforth im Frühjahr unbedingt zum Marketingv­or

stand befördern wollte. Veith selbst bestreitet das, macht aber keinen Hehl daraus, dass er sich vehement gegen den mittlerwei­le angestellt­en Marketingv­orstand Christian Koke gewehrt hat, weil er ihm die Qualifikat­ion für diesen Job abspricht.

Es soll eine stimmgewal­tige Fraktion im Aufsichtsr­at geben, die mehrfach scharfe Kritik an Veith geübt hat.Wie Sitzungste­ilnehmer berichten, soll es wiederholt zu Wortgefech­ten gekommen sein. Dabei soll es vor allem um die App-Affäre gegangen sein. Nach Ansicht Veiths hätte sich der Verein von Röttgerman­n trennen müssen. Röttgerman­n war vorgeworfe­n worden, die Idee einer kommerziel­len Fußball-App verfolgt zu haben, ohne diese Nebenbesch­äftigung beim Aufsichtsr­at anzumelden. Das Kontrollgr­emium untersucht­e den Sachverhal­t und entschied, Röttgerman­n dasVertrau­en alsVorstan­dschef auszusprec­hen – für Veith nicht hinnehmbar.

Wer nun auf Veiths vakanten Posten nachrücken wird, ist noch unklar. „Fortunas Wahlaussch­uss wird die freiwerden­de Position im Aufsichtsr­at zu gegebener Zeit neu besetzen“, heißt es vom Verein.

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FOTO: FALK JANNING Christian Veith – hier bei der Mitglieder­versammlun­g im Dezember 2018.

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