Rheinische Post

Wenn der Kuckuck ruft

Kathrin Westkamp und Manuela Richter machen Kuckucksuh­ren, die bunt sind und fröhlich und frech.

- VON NICOLE KAMPE

HEERDT Eine schmale Steintrepp­e führt nach unten in den Keller, nasse Pullis und Hosen hängen an Leinen zwischen den Wänden. Waschmasch­inen und Trockner reihen sich aneinander, die Decke ist an manchen Stellen so niedrig, dass man kaum aufrecht stehen kann. Ein bisschen Licht schimmert aus einer Ecke, dort befindet sich ein Extra-Raum, zwölf Quadratmet­er klein, mit Regalen an den Wänden, die voll sind mit Kartons und Kisten. In der Mitte steht ein HolzTisch, der so hoch ist, dass Manuela Richter (31) und Katrin Weskamp (30) im Stehen daran arbeiten können. In diesem kleinen Raum haben sich die Freundinne­n eineWerkst­att eingericht­et, alles ein bisschen provisoris­ch, alles ein bisschen eng. „So langsam wird es voll hier drin, wir müssten eigentlich mehr Uhren einkaufen“, sagt Richter, die eine Kiste aus dem Regal zieht. Darin befindet sich ein Holzhäusch­en, buchefarbe­n, unbehandel­t. Ein Rohling, der kaum wiederzuer­kennen sein wird, wenn Richter und Weskamp damit fertig sind. Die beiden Frauen machen daraus eine Kuckucksuh­r – bunt, frech und fröhlich. Mit Uhrwerk und Vogel, der natürlich wie bei der Kuckucksuh­r von Oma jede Stunde zwitschert.

MyKuckoo haben die Frauen ihr Geschäft genannt, mit dem sie vor knapp drei Jahren angefangen haben. „Tradition trifft modernes Design“ist ihr Slogan. Angefangen hat alles mit einer Kuckucksuh­r aus dem Schwarzwal­d – braun, ein bisschen antik, die Manuela Richter von ihrer Mutter geschenkt bekommen hat, als sie aus ihrer Heimat nach Düsseldorf zog. „Die hat überhaupt nicht in meine Wohnung gepasst“, sagt die 31-Jährige, die kurzerhand das Gehäuse lackiert und mit Swarovski-Steinen beklebt hat. „Ziemlich kitschig“, sagt Richter heute, die trotzdem oft auf ihr Werk angesproch­en wurde, auch von Katrin Westkamp, „ich fand die Uhr echt cool“, sagt sie. Bei einem Glas Wein kam den Freundinne­n irgendwann die Idee, daraus mehr zu machen. Die erste Uhr verkauften sie 2017.

In Villingen-Schwenning­en haben Westkamp, die gelernte Krankensch­wester ist, und Richter, die in Düsseldorf BWL studiert hat, einen Hersteller gefunden, von dem sie die Rohlinge bekommen. „Er macht selbst Kuckucksuh­ren“, sagt Manuela Richter, „aber ganz klassische.“In ihren Einzelteil­en kommen die Uhren im Keller in Heerdt an, dann geht es erst mal ans Abkleben. „Alles, was nicht mit Farbe besprüht werden darf, müssen wir mit Malerkrepp schützen“, sagt Westkamp. Die Scharniere vom Türchen zum Beispiel, aus dem derVogel zur vollen Stunde springt. Viel ausprobier­t haben die Freundinne­n,„Learning by Doing“, sagt Richter, bis sie und ihre Partnerin die richtige Technik gefunden haben, bis sie wussten, welche Teile sie wie behandeln müssen. Zwischen zwei und vier Lackschich­ten bekommen die Einzelteil­e, der Hirsch mit seinem Geweih, der oben auf dem Dach sitzt, das Haus selbst und der Rahmen mit den Blättern, der um die Uhr gelegt wird. Einen ganzen Tag dauert es, bis die einzelnen Teile trocken sind. Danach geht es ans Stecken, Kleben und Zusammenba­uen.

Matt sind die Kuckucksuh­ren oder vintage, „dafür kratzen wir dann wieder ein bisschen Farbe ab“, sagt Manuela Richter. Beliebt sind die Uhren inWeiß und in Grau, Mint, Beige oder Schwarz. Ihre Stücke verkaufen die Frauen auf kleinen Märkten, wie dem Greta-Markt in Mönchengla­dbach, oder im Internet. Inzwischen gibt es auch ein paar Geschäfte, die die Kuckucksuh­ren haben, der Kerzenlade­n Villa Rosa Lotta an der Jahnstraße etwa. „Vor Kurzem hat jemand zehn Uhren bestellt für einen Laden in Australien“, sagt Katharina Westkamp. Die Kunden kommen aus Frankreich, Spanien, Italien, „wir haben schon eine Uhr nach Indien geschickt und eine nach Dubai“, erzählt Richter. Für die Bestellung aus Dubai haben die Frauen 1400 Swarowski-Steine geklebt, „das war ein Spaß“, sagt die 30-Jährige ein bisschen ironisch, weil viel schiefgega­ngen sei, der Kleber erst nicht gehalten habe und es dann Probleme mit der Farbe gab. Möglich ist fast alles bei Manuela Richter und Katrin Westkamp, „wir produziere­n nur auf Bestellung“, sagt die 31-Jährige. Sogar alte Kuckucksuh­ren von Oma designen sie um, weil sie den Upcycling-Gedanken mögen. „Und wir besprühen Geweihe“, erzählt Richter, die noch ein paar Ideen im Kopf hat für MyKuckoo.

Manchmal, da träumen die Freundinne­n vom großen Business, zuletzt gab es sogar eine Anfrage aus einem Schweizer Möbelhaus. „So weit sind wir aber noch nicht“, sagt Richter, die gerade ihren Master gemacht hat. Katrin Weskamp ist in Elternzeit, vor ein paar Wochen ist sie zum zweiten Mal Mama geworden. Noch können sie nicht von den Uhren leben, aber sie haben schon so viele verkauft, dass es langsam Zeit wird für einen eigenen kleinen Showroom, einen Ort, an dem sie ein bisschen mehr Platz haben für ihre Uhren und ihre Ideen.

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FOTOS: NIKA/MYKUCKOO Kleine Elemente wie das Geweih des Hirschs bearbeitet Manuela Richter mit dem Pinsel.
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Katrin Weskamp klebt das Kuckucks-Häuschen ab, bevor sie das Holz mit Farbe besprüht.
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Die Einzelteil­e kleben und stecken die Freundinne­n zusammen, sobald die Farbe trocken ist.
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Außerdem peppen sie alte Geweihe auf, die sie zum Beispiel als Ringhalter verkaufen.
 ??  ?? Dutzende Spraydosen lagern im kleinen Kellerraum in Heerdt, mit denen Richter und Weskamp die Uhren besprühen.
Dutzende Spraydosen lagern im kleinen Kellerraum in Heerdt, mit denen Richter und Weskamp die Uhren besprühen.
 ??  ?? Beliebt sind die Farben Weiß und Mint.
Beliebt sind die Farben Weiß und Mint.
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Jede Kuckucksuh­r hat einen Hirsch und Zapfen.

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