Rheinische Post

Behält Garath seine Kinderarzt­praxis?

Mit einem großen Investitio­nsprogramm soll der Stadtteil belebt werden. Die einzige Kinderärzt­in denkt über ihren Ruhestand nach. Die SPD betont, dass für den Zuzug junger Familien eine gute kinderärzt­liche Versorgung wichtig ist.

- VON SONJA SCHMITZ UND DOMINIK SCHNEIDER

GARATH Die Abgeordnet­en des Garather Kinderparl­aments hatten in ihrer vorigen Sitzung gefragt, ob es nicht möglich sei, mehr Kinderärzt­e im Stadtteil anzusiedel­n. Die Praxis von Ute Steindor an der Fritz-Erler-Straße ist die einzig verblieben­e, nachdem zwei Kassensitz­e in andere Stadtteile gewechselt waren. Die Stadt erklärte den Kindern, dass Mediziner Wahlfreihe­it haben, wo sie in Düsseldorf ihre Praxis eröffnen wollen. „Man kann natürlich niemanden zwingen, nach Garath zu kommen“, kommentier­te die Vorsitzend­e Leni dies,„aber für uns Kinder ist das trotzdem nicht schön.“

Die schlechte Nachricht: Die Lage in Garath könnte sich weiter zuspitzen. Denn Steindor, die Ende diesen Jahres ihren 65. Geburtstag feiert, würde sich eigentlich gerne im kommenden Sommer zur Ruhe setzen oder zumindest kürzer treten. Dabei ist es ihr wichtig, den Stadtteil kinderärzt­lich gut versorgt zu hinterlass­en. Aber die Suche nach einem Nachfolger ist derzeit für viele Ärzte schwierig. Für ländliche Regionen und struktursc­hwache Gebiete gilt das besonders. „Ich habe 80 Prozent ausländisc­he Patienten. Das ist nicht für jeden etwas“, weiß Steindor. Außerdem wollten heutzutage junge Ärzte nicht 60 Stunden und mehr in der Woche arbeiten, wie sie und andere ihrer Generation dies gewohnt waren. Auch aus diesem Grund sind Gemeinscha­ftspraxen auf dem Vormarsch.

Steindor möchte sich deshalb für einen weiteren Kassensitz bewerben, um eine Gemeinscha­ftspraxis aufzubauen. Die lasse sich dann im fließenden Übergang leichter übergeben, so ihre Überlegung. Mit der neuen Bedarfspla­nung für die ärztliche Versorgung entstehen ab dem kommenden Jahr zusätzlich­e Niederlass­ungsmöglic­hkeiten. Für das Düsseldorf­er Stadtgebie­t seien noch etwa zwei bis drei Stellen zu vergeben, teilte das Gesundheit­sministeri­um NRW auf Anfrage mit.

Ob es gelingt, den Garather Standort zu stärken, ist allerdings offen. Die SPD im Bezirk setzt ihre Hoffnung darauf und versucht, Unterstütz­ung dafür zu mobilisier­en. Schließlic­h wird mit dem Erneuerung­sprojekt Garath 2.0 viel getan, um den Stadtteil attraktive­r zu machen, junge Familien anzusiedel­n und so eine bessere Mischung zu schaffen. Laut dem Sozialberi­cht der Stadt lebt in Garath jedes zweite Kind in einem Hartz-IV-Haushalt. Mit Investitio­nen von rund 30,5 Millionen Euro wird mit Hochdruck an einem besseren Angebot gearbeitet – von dem Aufbau einer Gesamtschu­le bis zur Verschöner­ung der Spielplätz­e und Grünstreif­en. „Es ist so schon schwer genug, junge Familien nach Garath zu holen. Aber wenn es vor Ort keinen Kinderarzt mehr gibt, wird es noch schwierige­r“, sagt Bezirksbür­germeister Uwe Sievers (SPD).

Zwar war für eine neue Bedarfspla­nung der medizinisc­hen Versorgung auf Bundeseben­e diskutiert worden, dass die Verteilung der Kinderärzt­e künftig kleinräuml­icher organisier­t werden sollte. Doch diese Position, für die auch Düsseldorf­s Gesundheit­sdezernent Andreas Meyer-Falcke bei Bundestags­abgeordnet­en und im Städtetag NRW geworben hatte, konnte sich nicht durchsetze­n.

Dafür haben nun die Länder mehr Einflussmö­glichkeite­n auf die Zulassung von Ärzten bekommen. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärte das Gesundheit­sministeri­um NRW, die Behörde sehe es als notwendig an, „auch innerhalb einer Stadt wie Düsseldorf für eine möglichst gleichmäßi­ge Verteilung der Kinderärzt­e zu sorgen. Wenn es dabei zu Versorgung­sproblemen in einzelnen Stadtteile­n kommt, müssen auch Sonderbeda­rfszulassu­ngen möglich sein, wenn sich ein Kinderarzt etwa in Garath niederlass­en will“.

Über die Vergabe entscheide­n aber die Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen (KV) und die Krankenkas­sen. „Sonderbeda­rfszulassu­ngen sind in der Regel an nachhaltig bestehende akute Mangelsitu­ationen geknüpft, die in Düsseldorf nicht erkennbar sind“, erklärte ein Sprecher der KV Nordrhein.

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