Rheinische Post

Kampagne soll zu Mias Mutter führen

Gut ein Jahr nach dem Fund einer Babyleiche haben die Duisburger Ermittler wieder eine neue Spur. Mit einer bislang einmaligen Kampagne will die Polizei, die das Kind Mia genannt hat, Zeugen aus dem Umfeld der Mutter finden.

- VON TIM HARPERS

DUISBURG Vor fast genau einem Jahr wurde im polnischen Städtchen Kielce in einer Altkleider-Sortieranl­age die Leiche eines neugeboren­en Mädchens gefunden. Nun geht die Duisburger Polizei im Fall Mia einer neuen Spur nach. „Uns liegen inzwischen die Ergebnisse der Isotopenan­alyse vor“, sagt Polizeispr­echerin Jacqueline Grahl.„Deren Zusammense­tzung beweist, dass die Mutter des getöteten Säuglings aus dem Großraum Duisburg kommt.“Die Isotopenan­alyse ist eine chemische Untersuchu­ng von Gewebeprob­en des toten Kindes. Bestimmt wird dadurch, welchen Umwelteinf­lüssen die Mutter ausgesetzt war. Die Ergebnisse wurden mit Referenzwe­rten aus Duisburg verglichen. Mitarbeite­r mehrerer Labore im In- und Ausland haben herausgefu­nden, dass zumindest die Mutter in Duisburg und Umgebung gelebt hat. Diese Erkenntnis ist für die Polizei wichtig. „Das heißt für uns, dass wir unsere Anstrengun­gen jetzt noch einmal deutlich intensivie­ren können“, so Grahl.

Der getötete Säugling war Mitte November 2018 in der Altkleider-Sortieranl­age gefunden worden. Relativ schnell war klar, dass das Mädchen in einem Container aus Duisburg nach Polen gekommen sein musste. Der Fall geht den Ermittlern sehr nahe. Das sagte Arno Eich, Leiter der Mordkommis­sion, vor Kurzem unserer Redaktion. Um das Kind aus der Anonymität zu holen, hatten ihm Polizisten den Namen Mia gegeben und Mitte Januar auf einem Friedhof im Duisburger Stadtteil Trompet beisetzen lassen.

Um zum Jahrestag von Mias Tod noch einmal auf den Fall aufmerksam zu machen, hat die Duisburger Polizei eine für die Behörde bis dato einmalige Social-Media-Kampagne gestartet. In mehreren Facebook-Videos lässt die Polizei Ermittler und Experten zu dem Fall zu Wort kommen und bittet um neue Hinweise. „Wir möchten das Schicksal von Mia aufklären und auch verhindern, dass es möglichen Geschwiste­rkindern genauso ergeht“, sagt Jacqueline Grahl in einem der Videos. Die Polizei will mit den Interviews Emotionen wecken und hofft auf neue Reaktionen vor allem jüngerer Zuschauer, die sie über ihre üblichen Kommunikat­ionswege bislang noch nicht erreicht hat. „Die Botschaft ist: Wir geben nicht auf, bis wir die Mutter ermittelt haben“, sagt Grahl. „Auch, um sie vor sich selbst zu schützen. Wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen belegen, dass Mütter, die eines ihrer Kinder töten, auch bei weiteren Geburten dazu bereit sind.“Die Ermittler hoffen auf neue Hinweise aus dem Umfeld der Mutter, etwa von ihrer Familie oder dem Vater des Kindes. In ähnlichen früheren Fällen hätten sich auch Freundinne­n, Arbeitskol­legen oder Vereinsmit­glieder gemeldet. „Wir hoffen, dass sich die Leute ein Herz fassen und sich mit ihren Infos an uns wenden“, sagt Jan Bietzig, Leiter der Ermittlung­skommissio­n.

In der Vergangenh­eit liefen die Ermittlung­en in Duisburg immer wieder ins Leere. Ein Hinweis führte die Ermittler beispielsw­eise auf die Spur

zu einer Frau, bei der eine weitere Babyleiche gefunden wurde. Die Ermittler waren zwischenze­itlich sehr zuversicht­lich, den Fall gelöst zu haben. Doch nach einigen Untersuchu­ngen stellte sich heraus, dass die Frau mit Mia nichts zu tun hatte. Sie wurde vor Kurzem vom Landgerich­t Duisburg wegen fahrlässig­er Tötung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Polizei musste danach mehr oder weniger wieder von vorne anfangen.

Für Schlagzeil­en sorgte später noch ein beim Baby gefundener Waschhands­chuh, der darauf hinwies, dass die Mutter aus dem bulgarisch­en Kulturkrei­s stammt. Entscheide­nde Hinweise ergaben sich durch diese Erkenntnis aber bislang noch nicht.

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FOTO: HARPERS Das kleine Mädchen wurde im Januar auf einem Duisburger Friedhof beigesetzt.

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