Rheinische Post

Das Opfer der Taktik

Lewis Baker sollte offensive Impulse in Fortunas Mittelfeld geben. Doch momentan ist der Engländer außen vor, weil Trainer Friedhelm Funkel auf defensiver­e Alternativ­en setzt.

- VON PATRICK SCHERER

Knapp drei Monate ist der Bundesliga­start her. Fortuna gewann mit 3:1 bei Werder Bremen. Es gab viel Jubel und – wie immer nach dem ersten Saisonspie­l – eine Reihe neuer Erkenntnis­se. Eine davon: Lewis Baker kann ein richtiger Gewinn für das Düsseldorf­er Team werden.

Jetzt, einige Wochen später, hat Fortuna nach einer Reihe von Niederlage­n wieder die Kurve bekommen. Doch Lewis Baker hatte daran keinen Anteil. In den vergangene­n vier Pflichtspi­elen kam der 24-jährige Mittelfeld­spieler gar nicht mehr zum Einsatz. Baker ist ein Opfer der Taktik. Trainer Friedhelm Funkel hat sich zuletzt für eine defensiver­e Ausrichtun­g im zentralen Mittelfeld entschiede­n.

Beim 2:0-Derbysieg gegen Köln spielten Adam Bodzek und Alfredo Morales auf den Sechserpos­itionen vor der Abwehr. Die offensive Mittelfeld­rolle rund um Stürmer Rouwen Hennings übernahm Kapitän Oliver Fink. Das bisher letzte Mal durfte Baker beim 1:3 bei Hertha BSC Anfang Oktober ran. Es war ein schlechter Auftritt, von Baker und dem gesamten Team. Gegen Mainz, in Paderborn, gegen Aue im Pokal und gegen Köln saß er daraufhin jeweils 90 Minuten auf der Bank. Andere Mittelfeld­akteure erhielten sowohl bei der Startelf-Nominierun­g als auch bei Einwechslu­ngen den Vorzug.

Beim 1:0 gegen Mainz durfte in Bodzek und Matthias Zimmermann die Fraktion „Harte Zweikämpfe“in der Zentrale ran. Das hatte – in Kombinatio­n mit der massiven Dreierkett­e in der Abwehr – zur Folge, dass Mainz offensiv gar nicht zum Zug kam. Es hatte aber auch zur Folge, dass Fortuna in Abwesenhei­t von Baker viel Kreativitä­t abging. Aber am Ende reichte es eben zum 1:0 gegen in Unterzahl spielende Rheinhesse­n. In einer Phase, in der der Mannschaft spürbar das Selbstvert­rauen abhanden gekommen war, setzte Funkel auf Mentalität statt auf Kreativitä­t. Zwar verkörpert Baker auch Siegeswill­en, aber es ist typisch für den Düsseldorf­er Trainer, dass er in kritischen Phasen auf alteingese­ssene Spieler setzt.

Dass Baker momentan hinter den anderen hinterherh­inkt, kann man an der Tatsache ablesen, dass er weder beim Rückstand in Paderborn noch gegen den Zweitligis­ten Erzgebirge Aue auch nur eine Einsatzmin­ute bekam.

Gedacht, war das alles anders. Baker wurde im Sommer für ein Jahr vom FC Chelsea verpflicht­et – auf Leihbasis mit Kaufoption. Der englische Junioren-Nationalsp­ieler sollte eine Schlüsselr­olle in der Schaltzent­rale übernehmen, das Vakuum füllen, das durch den Kreuzbandr­iss von Kevin Stöger entstanden ist. „Man sieht, dass er ein gestandene­r Spieler ist, der bereit ist, Verantwort­ung zu übernehmen“, sagte Trainer Friedhelm Funkel im Sommer über die ersten Eindrücke des Zugangs. „Er spricht sehr viel, dirigiert. Das macht er gut.“

Bakers Vita zeigt auch Vielverspr­echendes auf. Unter anderem beendete er das Turnier von Toulon, den zweitwicht­igsten U21-Wettbewerb neben der Europameis­terschaft, 2016 als Top-Torjäger mit vier Toren in vier Partien. England gewann den Titel zum ersten Mal seit 22 Jahren.

Doch auf der Insel kam der Mann, der im schwierig zu verstehend­en Cockney-Dialekt plaudert, fußballeri­sch nicht wirklich gut zurecht. Baker schaffte Baker den Durchbruch beim Londoner Topklub, bei dem er einen Vertrag bis 2022 hat, nicht.

„Im Moment geht es zu Lasten von Lewis. Aber das wird auch wieder einen anderen treffen“Friedhelm Funkel Fortuna-Trainer

Stattdesse­n wurde er sechs Mal an andere Klubs verliehen: In England an Sheffield Wednesday, MK Dons, FC Middlesbor­ough, Leeds United und in der vergangene­n Saison an den Zweitligis­ten FC Reading.

Bei Fortuna beruhte die Verpflicht­ung vor allem auf Bakers Eindrücken, die er abseits der Insel hinterlass­en hat. Denn seine erfolgreic­hste Zeit hatte er bei Vitesse Arnheim in der holländisc­hen Eredivisie – in zwei Spielzeite­n zwischen 2015 und 2017. In 73 Begegnunge­n für die Niederländ­er traf er 20 Mal und bereitete elf Tore vor. Baker wurde zudem zu einem der besten Spieler 2016 gewählt.

Bakers Hoffnung ist nun, dass er daran bald anknüpfen kann. Trainer Funkel macht ihm jedenfalls Hoffnung auf weitere Einsätze:„Ich habe eine gute Auswahl im zentralen Mittelfeld. Ich habe vier sehr gute Spieler mit Adam, Lewis, Marcel (Sobottka, Anm. d. Red.) und Alfredo. Im Moment geht es zu Lasten von Lewis, der nicht zum Einsatz kommt. Aber das wird auch irgendwann wieder einen anderen treffen.“

 ?? FOTO: FALK JANNING ?? Am Anfang der Saison noch in Fortunas Startelf gesetzt: Lewis Baker – hier beim Auftakt bei Werder Bremen.
FOTO: FALK JANNING Am Anfang der Saison noch in Fortunas Startelf gesetzt: Lewis Baker – hier beim Auftakt bei Werder Bremen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany