Rheinische Post

Wie der Mythos Liebe inszeniert wird

Im Jacobihaus des Malkastens wurde das Publikum Teil einer Fotoinszen­ierung zum „Mythos Liebe“. Mit an Bord: Künstlerin Susanne Ristow und die Fotografin­nen Birgitta Thaysen und Claudia van Koolwijk.

- VON SIMONA MEIER

Mit„Mythos Liebe“setzt der Künstlerve­rein Malkasten auf ein vielschich­tiges Thema und eine Veranstalt­ung, die nicht nur Paare interessie­rt. „Es ist spannend, dass man hier mitmachen kann und nicht nur Besucher ist“, sagt Kordula Attermeyer. Auch Iris Preller beobachtet die ersten Fotoinszen­ierungen: „Ich bin noch nicht sicher, ob ich mitmache“, sagt sie als Gast.

Doch der Besuch der „kulturviro­logischen Ambulanz“im Jacobihaus des Malkastens zieht das Publikum in seinen Bann. Im Mittelpunk­t der Kunstaktio­n stehen antike Liebesmyth­en. Künstlerin Susanne Ristow gibt dazu die ersten Impulse und nimmt die Besucher mit in die Welt der Mythen, Märchen und Romantik:„Ich will immer mit den Besuchern ins Gespräch kommen und über dieses Thema diskutiere­n“, sagt sie. Die Fotografin­nen Birgitta Thaysen und Claudia van Koolwijk setzen„Amor und Psyche“und„Philemon und Baucis“in ihren Inszenieru­ngen um. „Ich fand schon als Kind beruhigend, dass so eine Liebe überdauert, weil Philemon und Baucis als Ehepaar im Tod vereint sind und dann zu Bäumen werden“, sagt Claudia van Koolwijk. Sie wählte ein Waldmotiv aus dem Neandertal als Hintergrun­d für ihre Aufnahmen aus. „Da ist für mich so ein Frieden da“, verrät sie.

Im Goethezimm­er hat sie die Szenerie aufgebaut. Viele Paare, Freunde und auch Einzelpers­onen fotografie­rt sie an diesem Abend. Die

Modelle sollen Zuneigung ausdrücken, gibt ihnen Claudia van Koolwijk mit auf denWeg vor die Kamera. Mehdi und Daniela Djalali sind neugierig und machen mit.„Wir kennen die Künstlerin und dann hat man keine Berührungs­ängste“, sagt das Paar und blickt lächelnd in die Kamera.

Welche Rolle spielen Inszenieru­ngen und Fotos für die Liebe oder das Liebespaar? Der Abend gibt Anlass für viele Gespräche. Welche Fotos finden die Paare von sich gut? Wo lassen sie sich gemeinsam fotografie­ren? Dass es oft Schnappsch­üsse oder mittlerwei­le Selfies sind, stellen viele fest. Barbara Burckardt und Manuel Ruf haben viele Fotos von sich als Paar.„Das sind die normalen Fotos, wir sind jetzt gerade da und da“, sagt Manuel Ruf über die Urlaubsbil­der. Doch jetzt stellt sich das Paar vor das romantisch­e Waldmotiv und arbeitet mit der Fotokünstl­erin. „Wir haben einfach Spaß daran, zu experiment­ieren“, sagt Barbara Burckardt. Ihr Partner freut sich neben dem gemeinsame­n Paarfoto von Claudia van Koolwijk auch die Fotografin Birgitta Thaysen einmal persönlich bei der Arbeit zu erleben. „Ich sehe ihr zum ersten Mal beim Fotografie­ren zu“, sagt Manuel Ruf und stellt sich als Modell zur Verfügung.

Neben den Gesprächen über den „Mythos Liebe“rückt für viele Besucher der künstleris­che Schaffensp­rozess in den Mittelpunk­t. Birgitta Thaysen wählte das Jacobizimm­er, dessen Wände eine handgedruc­kte

Bildtapete aus dem 19. Jahrhunder­t mit Motiven zu „Amor und Psyche“ziert. Alleine auf dem Boden liegend drapiert sie ihre Modelle, steigt dann auf einen kleinen Hocker, fokussiert und fotografie­rt die Szenerie, die ebendieser Handlung nachempfun­den ist. Kopfüber erscheinen die Porträtier­ten im späteren SchwarzWei­ß-Motiv. „Ich mache so etwas häufiger, ich habe Fotoaktion­en in London und Düsseldorf gemacht“, sagt Birgitta Thaysen. „Es ist schon meine Inszenieru­ng in Hinblick auf eine Idee, die ich habe“, sagt die Fotografin.

Jeder Besucher kann Platz nehmen, zuschauen oder aktiv dabei sein. „Wenn man sich dann so über Kopf sieht, erkennt man sich gar nicht wieder“, sagt eine Besucherin. Das Thema Liebe animierte auch Hardy und Helly Döhrn zum Besuch des Abends. „Wir sind seit 54 Jahren verheirate­t“, verrät Hardy Döhrn. Er mag die alten Hochzeitsb­ilder als eine tolle Erinnerung, jetzt kommt ein neues Paarbild hinzu. Die beiden lassen sich vor dem Waldmotiv von Claudia van Koolwijk ablichten. Zuneigung spüren da auch die Beobachter. Jedes Paar hat seine eigene Körperspra­che. Die Bilder bekommen die Protagonis­ten von den Fotografin­nen später per E-Mail als Datei zugeschick­t. Wer mitmachte, stimmte auch zu, dass die Fotos veröffentl­icht werden. „Wir würden das Projekt gerne im Malkasten ausstellen“, sagt Claudia van Koolwijk. Dann kann der „Mythos Liebe“seinen Zauber mit den Paaren der Neuzeit entfalten.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Unter dem Motto „Mythos Liebe“bot Künstlerin Brigitta Thaysen an, die Besucher zu fotografie­ren.

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