Büchnerpreisträger Lukas Bärfuss beehrt das Heine Haus
Volle Hütte im Lesesaal des Heine Hauses. Nur der Autor streift noch einsam durch die Literaturhandlung von Müller und Böhm, mit hochgeschlagenem Mantelkragen. Als könne Lukas Bärfuss vieles noch nicht so recht fassen: den mit 50.000 Euro dotierten Büchnerpreis vor ein paar Tagen, den plötzlichen Riesenrummel um seine Person, erst recht in seinem Heimatland Schweiz, obwohl er das doch so gerne und so ausdauernd attackiert und dem er eine „psychotische Störung“attestiert. Die Eidgenossen sind manches gewohnt von ihren Schriftstellern und stehen vielleicht auch deshalb unverdrossen zu ihnen. Jedenfalls hat der Schweizer Generalkonsul Hans-Peter Willi das erste Wort, „Grüezi Düsseldorf“– er ist launig, ironisch, vor allem dankbar für den reichdekorierten Landsmann.
Und Bärfuss selbst präsentiert sich als einer der momentan spannendsten Autoren: mit seinen unterhaltsamen, bösen, sprachwitzigen, oft amoralischen und deshalb so lebensnahen Erzählungen. Versammelt sind die im neuen Band „Malinois“, ein überschaubares Buch, dafür mit Lesebändchen, das der Autor eine kleine „Frivolität“nennt.
Lukas Bärfuss ist ja fast schon alles gewesen: Tabakbauer und Eisenleger, einige Zeit war er obdachlos, dann Dramaturg, dann Dramatiker,
Essayist, Erzähler. Momente seines Lebens sind auch in den Erzählungen vergraben. Hier und da schauen daraus Wirklichkeitspartikel hervor, zu viel, um gleichgültig zu bleiben, und zu wenig, um behaupten zu können, dem Autor jetzt auf die Schliche gekommen zu sein. Bärfuss ist ein Lebenssinn-Erkunder, kein Gleichgültiger, der „das Politische immer poetisch zu halten“sucht. Das sei eine Art „Memo-Technik“. Denn wozu dienen Rhythmus und Klang sonst, als mit ihrer Hilfe Botschaften wie Ohrwürmer ins Hirn implantieren zu können? Im Gespräch mit David Eisermann sagt Bärfuss solche Sachen scheinbar leicht dahin, die man noch den nächsten Tag mit sich herumträgt. Bärfuss, der „Hochstapler“, der irgendwann mal behauptet hat, ein Schriftsteller zu sein. Bis er das dann war. „Schlimm“, sagt er, „ich wollte ein Schriftsteller immer wieder werden, aber doch nicht sein!“