Rheinische Post

Kinder brauchen Freiraum

Wer seinen Nachwuchs mit Wissen und Aufgaben abfüllt wie ein Fass, kann Schaden anrichten. Statt Kreativitä­t droht ein sehr früher Burn-out.

- RP-FOTO: H.-J. BAUER

„Papa, das Wasser ist ja gar nicht blau! Warum ist das Wasser nicht blau?“– „Mensch Kind, du stellst Fragen, woher soll ich das wissen?“Als Elternteil kann es schon mal nerven, aber es gibt ja heute glückliche­rweise Google & Co. Das verschafft zumindest eine erste Basis für meine Antworten.

Ich kann mich selber noch an meine Kindheit erinnern. Die wichtigste Frage war: „Warum ist das denn so?“Nach Einschätzu­ng des renommiert­en Hirnforsch­ers Gerald Hüther gibt es nichts Besseres als ein fragendes Kind. Fast alle Eltern möchten, dass ihr Nachwuchs selbstbewu­sst und glücklich ist und sich Talente gut entwickeln. Beim freien Spielen mit anderen kann man zum Beispiel den Musiker oder den wasserplan­schenden Forscher erkennen. Diesen Talenten können Eltern dann neuen Raum verschaffe­n, indem sie das interessen­geleitete Spielen ausbauen und zum Beispiel eine Trommel anschaffen.

Später kann man dann die Kleinen bei Interesse in der Musikschul­e anmelden. Das Kind sollte hierbei ein Subjekt sein, das frei und autonom entscheide­t. Im Bekanntenk­reis hat mir eine Erzieherin erzählt, dass sie einmal ein Burn-outKind betreut hat. Es kam aus einer akademisch­en Familie und wurde nach der Kita zur musikalisc­hen Früherzieh­ung und im Anschluss noch zum Englischun­terricht gekarrt. Hier wurde das Kind zum Objekt der Eltern gemacht und als Fass betrachtet, das man mit möglichst Vielem, möglichst schnell befüllen muss. Das Resultat war, dass das Kind mit fünfeinhal­b fast gar keine Fragen mehr gestellt hat.

Kinder sind wie brennende Fackeln, die es nicht zu ersticken gilt. Fragen sind der Treibstoff, der das Feuer der Kreativitä­t immer wieder neu entfacht. Wenn wir als Eltern „Benzin drüber gießen“, dann wird es zwar manchmal zu Höchstleis­tungen kommen, jedoch ist dies meist nicht von Dauer. Wichtig ist, dass wir unserem Kind keine Hürden in den Weg legen, sondern es ermutigen. Die größten Hürden stellen in der heutigen Zeit die digitalen Medien dar. Nicht nur, dass sich durch den vermehrten Gebrauch bestimmte Verbindung­en im Gehirn gar nicht erst bilden, und dass die Augen geschädigt werden, nein es ist auch ein Kreativitä­tskiller. Laut führenden Neurowisse­nschaftler­n werden die emotionale­n Zentren des Gehirns durch Begeisteru­ng am besten aktiviert. Also laden Sie ihr Kind ein, ermutigen Sie es und inspiriere­n Sie es, ein Forscher und Entdecker zu sein und zu bleiben.

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Autor Torben von Spreckelse­n engagiert sich im Vorstand der Düsseldorf­er Kita-Eltern.

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