„I don‘t see colour“ist kein Freispruch
Hautfarbe ist ein sensibles Thema. Es beginnt mit der Tatsache, dass es oft nur einen Wachsmalstift im Farbton „Hautfarbe“gibt, und endet in einem Gespräch über Privilegien und Machtverhältnisse. Die Zwischentöne dieser Diskussion sind Polizeigewalt, Jobchancen und Stereotypen.
Ja, ein schwarzer und ein weißer Körper sind gleich aufgebaut. Jedoch schließen viele Weiße aus dieser Tatsache, dass sie Menschen komplett frei von gesellschaftlichen Einflüssen einschätzen und behandeln können. Der Satz „I don’t see colour“(„Ich sehe keine Farbe“) ist ein beliebter Freispruch von jeglichen rassistischen Verhaltensweisen. Aber Hautfarbe ist mit Privilegien verbunden, die der betreffenden Person entweder versagt oder hintergeworfen werden. Wenn meine Freundin eineWohnung nicht bekommt, weil ihr Nachname nicht Müller ist und sie eventuell noch ein Kopftuch trägt, ist das ein Teil der rassistischen Struktur, in der wir leben.Wenn mein dunkelhäutiger Freund auf dem Bahnhof zufällig jedes Mal kontrolliert wird, während ich, hellhäutig, nicht einmal angeschaut werde, ist das ebenfalls ein Teil dieser Struktur. Natürlich kann ich behaupten, ich würde seine Hautfarbe gar nicht realisieren. Für ihn bestimmt sie jedoch sein ganzes Leben. Es ist ein riesiger Teil des Privilegs, weiß zu sein, sich nicht mit seiner eigenen Hautfarbe als Hindernis beschäftigen zu müssen. Der Satz „I don’t see colour“ist also keine Hymne auf dieToleranz, sondern verdeutlicht die Ignoranz weißer Menschen gegenüber ihren eigenen Privilegien.