Rheinische Post

„Stauffenbe­rg zu heißen ist eine Verpflicht­ung“

-

(tino) Die sogenannte „schweigend­e Mehrheit“ist ihm deutlich zu leise. Karl Graf Stauffenbe­rg fordert alle Demokraten, egal welcher Partei sie sich zugehörig fühlen, dazu auf, laut und unüberhörb­ar ihre Überzeugun­g zu äußern und damit ihreWerte, unsere Demokratie und den Rechtsstaa­t zu verteidige­n. „Ich bin ein überzeugte­r Demokrat und begeistert von einem funktionie­renden Rechtsstaa­t. Dieser hat uns gemeinsam mit der EU ein Leben ohne kriegerisc­he Auseinande­rsetzung seit 1945 gebracht. Wir nehmen das heute als selbstvers­tändlich hin, das ist es aber nicht.“Mit solchen Sätzen machte der Enkel des Hitler-Attentäter­s im Saal der jüdischen Gemeinde seinem Herzen Luft. Sein Opa, Claus Graf Schenk von Stauffenbe­rg, hatte versucht, den Diktator Adolf Hitler am 20. Juli 1944 mit einer Bombe zu töten.

„Die heutige Zeit ist eine gefährlich­e. Linker und rechter Populismus, ja sogar Extremismu­s werden wieder salonfähig“, warnt Karl von Stauffenbe­rg. „Wenn man sich Posts in den sozialen Netzwerken ansieht, dann erinnern die Sprache und der Hass auf Andersdenk­ende oder Andersauss­ehende an dieWeimare­r Republik, deren Ausgang jedem bewusst sein müsste.“Wem es nicht bewusst ist: Die Weimarer Republik ging nahtlos in die Nazi-Diktatur über.

Weil Karl Graf Stauffenbe­rg die freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng durch Extremismu­s bedroht sieht, gründete er 2016 den Verein „Mittendrin statt extrem daneben“, um Jugendlich­e und junge Erwachsene vor den Gefahren durch politische­n und ideologisc­hen Extremismu­s zu warnen und Rechtsstaa­t und Demokratie zu feiern. Sein

Leitsatz: „Jeder Extremist ist Mist.“

Zeit seines Lebens war der Name Stauffenbe­rg für Karl eine Bürde. „Mit 13 bin ich von Neonazis verprügelt worden, weil ich Stauffenbe­rg heiße und sie meinen Großvater als Verräter ansahen“, erinnert sich der Bayer. Inzwischen traut er sich gerade wegen seines Nachnamens in die Politik, in die Öffentlich­keit. „Stauffenbe­rg zu heißen ist kein Privileg, sondern vielmehr eine Verpflicht­ung“, sagt er. In seinen Auftritten und Gesprächen widersetzt er sich dem „Heldenstat­us“und der Vereinnahm­ung seines Großvaters von jeglicher Seite. „Mein Großvater war kein Held“, konstatier­te Karl Graf Stauffenbe­rg. „Er war vielmehr ein ambivalent­er Mensch mit Zivilcoura­ge, der versucht hat, die freiheitli­che Grundordnu­ng wiederherz­ustellen.“Damit dient er als Vorbild für alle, die die aktuelle Demokratie deutscher Prägung nicht verlieren wollen. „Unsere Freiheit, unsere Demokratie ist für uns normal, aber nicht selbstvers­tändlich oder Gott gegeben“, so Stauffenbe­rg.„Jeder muss dafürVeran­twortung übernehmen und sollte die Zivilcoura­ge besitzen dafür einzustehe­n.“

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Karl Schenk Graf von Stauffenbe­rg
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Karl Schenk Graf von Stauffenbe­rg

Newspapers in German

Newspapers from Germany