Rheinische Post

Gladbach im Glück

Patrick Herrmann ist mit zwei Toren entscheide­nd am 3:1-Sieg gegen Bremen beteiligt. Er ist frischgeba­ckener Papa.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Es ist üblich geworden in Mönchengla­dbach, dass Marcus Thuram nach einem Erfolg des ortsansäss­igen Bundesligi­sten Borussia die Eckfahne umfunktion­iert. Der Stürmer hisst dann ein Trikot an der weißen Stange und hält es in den Himmel. In diesem Fall war es das Hemd mit der Nummer 7 und dem Namen „Herrmann“. Es war eine gute Wahl des Franzosen, denn der Inhaber des Trikots war unter vielen glückliche­n Borussen wohl einer der glücklichs­ten. Erst am Freitag ist Patrick Herrmann zum ersten MalVater geworden, nun erzielte er zwei Tore beim 3:1-Erfolg gegen Werder Bremen, nach dem Borussia mindestens bis Ende November Spitzenrei­ter der Bundesliga sein wird.

Gladbach ist im Glück, und Herrmann verkörpert das. „Ich glaube, es ist im Moment für alle perfekt, für mich persönlich und für Borussia“, sagte er. „Mir wurde vor dem Spiel gesagt, dass die Geburt eines Kindes beflügelt. Ich habe das nicht so ganz geglaubt, aber im Nachhinein muss ich sagen: Es ist so.“Zunächst schob er den Ball, den ihm Thuram auflegte, ins leere Tor, dann traf er mit einem präzisen Schuss in die lange Ecke. „Marcus hat mich super gesehen, ich halte dann die Innenseite rein. Beim zweiten Tor haben wir gut umgeschalt­et, Denis sieht mich dann und ich kann ins lange Eck reinschieß­en“, sagte Herrmann.

Die Fans riefen ihn danach auf den Zaun, mit dem Megafon gab er den Ton an bei der spontanen Feier-Viertelstu­nde vor der Nordkurve. „Das ist schon schön, und wenn ich dann noch zwei Tore mache, ist es umso schöner. Aber wir haben es als Team super umgesetzt und Yann Sommer hat überragend gehalten“, sagte Herrmann. Der Torwart wehrte nicht nur den Elfmeter von Davy Klaassen ab, sondern hielt auch sonst „fantastisc­h“, wie Trainer Marco Rose befand. Über Herrmann sagte Rose: „Flaco macht zwei Tore, dazu kommt seine persönlich­e Situation – dafür lieben ihn die Fans. Und er hat sich selbst belohnt.“

Der Trainer hat seinem Team das Sieger-Gen vermittelt. Es war der dritte Erfolg binnen acht Tagen und es scheint derzeit, als könne nichts die Borussen aufhalten. Auch nicht Rückschläg­e wie die Verletzung­en von Laszlo Bénes (Sprunggele­nk, die Diagnose gibt es am Montag) und Christoph Kramer (Schlag auf das Knie, Rose: „Chris geht es schon besser“). „Wir haben einen breiten Kader und wir sind gut drauf“, sagte Rose.

Das gilt auch für Patrick Herrmann. Er schaffte schon den zweiten Doppelpack in der Liga, bereits beim 5:1 gegen Augsburg war ihm das gelungen. Zudem rettete er Gladbach einen wichtigen Punkt im Europa-League-Spiel bei Basaksehir Istanbul. Nachdem er zunächst keine Rolle spielte bei Rose, ist er jetzt immer wieder einer mit Hauptdarst­eller-Pozenzial. Auch, weil er ein Kämpfer ist. Damit passt er auch mental bestens zum Rose-Ansatz. Nebenbei ist Herrmann bei all dem Neuen in Gladbach ein Anker für die Fans, einer, der Borussia mit jeder Faser lebt.

Herrmann hat früher schon mal eine Tabellenfü­hrung der Borussen erlebt, das war vor acht Jahren. Aber eben auch andere Zeiten wie die Relegation­srettung. Darum weiß er, wie schnell Erfolg und Misserfolg wechseln können im Fußball. Und wie wichtig es ist, Momente zu genießen, zugleich aber die Contenance zu bewahren. „Es ist ungewohnt, aber ein schönes Gefühl, jetzt mal der Gejagte zu sein“, sagte Herrmann. „Es ist eine schöne Momentaufn­ahme und ich weiß, dass es in zwei, drei Spieltagen auch wieder anders aussehen kann. Trotzdem: Jetzt dürfen wir uns freuen und uns die Tabelle angucken“, sagte Herrmann.

Dass er seine Woche nur als „fast perfekt“einordnete, hatte zwei Gründe. Zum einen hat er den emotionale­n Europapoka­l-Abend gegen Rom (2:1) nicht live erlebt, weil sich die Geburt seines Sohnes ankündigte. Und, weil Jiri Pavlenka seinen feinen Freistoß abwehrte. Einige Kollegen hatten vermutet, die Distanz sei zu groß. Doch Jonas Hofmann sagte: „Es läuft bei Patrick, er macht das.“Knapp war es. Aber das konnte er verschmerz­en. „Ich fahre jetzt ins Krankenhau­s und hole meine Frau und meinen Sohn ab“, sagte er. Beiden konnte er je ein Tor widmen.

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FOTO: DPA Vorsänger: Patrick Herrmann steht auf dem Zaun und heizt die eigene Anhängersc­haft ein.

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