Rheinische Post

Bewusstsei­n für Düsseldorf­s koloniale Vergangenh­eit

Mitglieder einer Initiative beschäftig­en sich mit umstritten­en Straßennam­en. Sie wollen Wissen über den Kolonialis­mus verbreiten.

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(dsch) Den wenigsten Passanten stößt der Name der Leutweinst­raße im Stadtteil Urdenbach auf. Für Stefanie Michels, die bis vor Kurzem den Lehrstuhl für die Geschichte europäisch­er Expansion an der Heinrich-Heine-Universitä­t innehatte, und ihre Mitstreite­r, ist er jedoch ein Ärgernis. Denn die Straße ist nach Theodor Gotthilf Leutwein benannt, dem 1921 verstorben­en Gouverneur der Kolonie Deutsch-Südwestafr­ika.

Michels ist, gemeinsam mit ihrer wissenscha­ftlichen Mitarbeite­rin Caroline Authaler und der studentisc­hen Hilfskraft Yagmur Karakis Initiatori­n des Arbeitskre­ises Düsseldorf postkoloni­al, der sich an den landesweit­en Verein AG Rheinland global angeschlos­sen hat.

Ziel der Arbeitsgem­einschaft ist es, mehr Bewusstsei­n für die Rolle zu schaffen, die Düsseldorf während der Kolonialze­it gespielt hat. Denn nicht nur aus Berlin und Hamburg kamen die deutschen Bestrebung­en, Gebiete in Afrika und Asien zu kontrollie­ren. Auch die Düsseldorf­er Wirtschaft hatte maßgeblich­en Anteil an dieser Expansion und dem Leid, das damit verbunden ist.

„Wir wollen, dass sich die Menschen ihrer historisch­en Verantwort­ung auch aus dieser Epoche bewusst sind“, sagt Mit-Initiatori­n des Arbeitskre­ises Caroline Authaler. Sie begrüßt die aktuell noch laufende Untersuchu­ng der Stadt, die kritische Straßennam­en in Düsseldorf auf den Prüfstand stellt. „Langfristi­g wünschen wir uns die Umbenennun­g etwa der Leutwein-, Soden- und anderer Straßen“, so Authaler. Ehe dieses Projekt in Angriff genommen wird, will der Arbeitskre­is jedoch die Ergebnisse der Stadt abwarten.

Seit Februar trifft sich die Initiative, bestehend aus Studenten und Wissenscha­ftlern des Lehrstuhls von Stefanie Michels, Kulturscha­ffenden und anderen Engagierte­n. „Wir wollen auch in der Gesellscha­ft mehr Wissen zum Thema Kolonialis­mus vermitteln“, erzählt Authaler. Daher organisier­t der Arbeitskre­is Vorträge, Ausstellun­gen und Lesungen. Außerdem gibt es einen Stadtrundg­ang, den Stefanie Michels und Karakis leiten. „Die Teilnehmer staunen von Station zu Station mehr“, erzählt die Wissenscha­ftlerin. Sie beobachtet, dass die Epoche der Kolonialze­it im Bewusstsei­n der meisten Menschen weniger präsent ist als beispielsw­eise der Nationalso­zialismus. „Dennoch wurden auch damals grausame Verbrechen an Unschuldig­en verübt, und sowohl die Politik als auch die Bürger sollten sich dessen bewusst sein“, so Authaler.

Weitere Infos über den Arbeitskre­is und eine Übersicht über die Angebote gibt es unter ddorfpostk­olonil@web.de oder bei Facebook, Suchbegrif­f Düsseldorf postkoloni­al.

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FOTO: MKÖ Mehrere Straßen in Düsseldorf sind nach Menschen benannt, die in den Kolonien die einheimisc­he Bevölkerun­g unterdrück­ten.

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