Rheinische Post

Ehrenamtli­che Begleitung auf dem letzten Weg

Die Ökumenisch­e Hospizbewe­gung schult und vermittelt Ehrenamtle­r, die schwerstkr­anke Menschen in den Tagen und Wochen vor ihrem Tod zur Seite stehen.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

Gundula Ruhbaum hat viel Zeit mit sterbenden Menschen verbracht. Sie erinnert sich an schmerzhaf­te Momente, an nachdenkli­che, aber auch an heitere. Sie erinnert sich an ein Gespräch mit einer schwerstkr­anken Frau. „Wir haben über das Leben nach dem Tod gesprochen“, erzählt Ruhbaum. „Und sie hat die Unterhaltu­ng beendet mit denWorten: Ich schicke dann von oben eine Nachricht mit der richtigen Antwort.“

Gundula Ruhbaum ist eine von rund 30 ehrenamtli­chen Helfern, die im Auftrag der Hospizbewe­gung Düsseldorf Süd Menschen begleiten, die kurz vor dem Tod stehen. Seit fünf Jahren engagiert sich Ruhbaum imVerein, hat inzwischen über 15 Menschen begleitet, teils im Hospiz oder auf der Palliativs­tation, teils in deren eigenem Zuhause. Die 69-Jährige hat bereits mehrere Familienmi­tglieder gepflegt, als sie dann nach ihrer Pensionier­ung eine sinnvolle Beschäftig­ung suchte, ist sie auf die Sterbebegl­eitung gestoßen.

In den fünf Jahren, in denen Ruhbaum bereits aktiv ist, hat sie viel über den Tod und das Sterben gelernt. „Jeder Mensch geht anders damit um, aber die meisten werden kurz vor dem Ende ehrlicher, offener, authentisc­her“, fasst sie zusammen. Die letzten Tage und Wochen eines Menschen seien für ihn eine sehr intensive Zeit, aber keineswegs nur traurig. „Viele Schwerstkr­anke haben Humor, teilweise sogar einen recht morbiden“, berichtet Gundula Ruhbaum. Sie genießt den intensiven Austausch und ist sich sicher, den Menschen, die sie betreut, einen wichtigen Dienst erweisen zu können.

Auch Anita Kramer ist sich der Bedeutung der ehrenamtli­chen Arbeit bewusst. Sie ist eine der Koordinato­rinnen des Vereins und für die Auswahl und Ausbildung der Sterbebegl­eiter zuständig. „Im Prinzip kann jeder diese Arbeit machen“, sagt Kramer. Die wichtigste Eigenschaf­t für einen Sterbebegl­eiter sei Offenheit, die Fähigkeit und der Wille, sich ganz auf den Sterbenden einzulasse­n.

Zu Kramers Aufgaben gehört auch, aus dem Pool der verfügbare­n Ehrenamtle­r eine Person zu wählen, die zu dem jeweils zu betreuende­n Menschen passt. „Gemeinsame Interessen oder biografisc­he Parallelen können ein Kriterium sein“, so Kramer. Auch das Geschlecht spiele eine Rolle. Je nach Familienve­rhältnisse­n des Sterbenden könne es zu Eifersucht und Streit zwischen den Helfern und den Angehörige­n kommen.

Gundula Ruhbaum hat jedoch häufiger das Gegenteil erlebt. „Die Hinterblie­benen zeigen sich in der Regel sehr dankbar, ich werde auch zu Beerdigung­en eingeladen.“Danach endet der Kontakt jedoch. Die Hospizbewe­gung bietet auch Trauerbegl­eitung an, trennt jedoch strikt zwischen der Betreuung der Todkranken und der Hinterblie­benen.

„Viele Menschen finden nach einem eigenen Trauerfall zu uns“, sagt Koordinato­rin Anita Kramer. Zunächst gibt es für Menschen, die Sterbebegl­eiter werden wollen, einige Seminare, anschließe­nd beginnt eine Ausbildung mit acht Terminen, die über ein halbes Jahr verteilt sind. „Wir machen uns ein genaues Bild der Freiwillig­en“, sagt Kramer. Zwischen 70 und 80 Prozent der ernsthaft Interessie­rten begleiten später tatsächlic­h Sterbende. Früher waren die Ehrenamtli­chen vorwiegend Frauen nach dem Berufslebe­n, doch inzwischen ändert sich das Bild: Immer mehr jüngere Menschen und Männer engagieren sich in der Hospizbewe­gung.

Auf organisato­rischer Ebene teilt sich die Ökumenisch­e Hospizbewe­gung ihren Aufgabenbe­reich mit anderen Vereinen, der Fokus liegt auf dem Düsseldorf­er Süden, erklärt Joachim Ludewig, stellvertr­etender Vorsitzend­er sereins. Die Grenzen sind zwar nicht unverrückb­ar und vor allem in den Krankenhäu­sern ist die Bewegung in der ganzen Stadt aktiv, dennoch teilt man sich das Feld, beispielsw­eise mit dem Hospizvere­in Düsseldorf Nord. „Es gibt aber genug Menschen, die sich eine Sterbebegl­eitung wünschen“, sagt Ludewig. Vor allem, weil in letzter Zeit immer öfter die Kinder undVerwand­ten alter Menschen nicht mehr am selben Ort leben, ist der Bedarf in den letzten Jahren gestiegen – und die freiwillig­en Begleiter haben viel zu tun. Daher wünscht sich Ludewig mehr Ehrenamtli­che, die sich bereit erklären, Zeit mit Menschen zu verbringen, die dem Tod nahe sind.„Es geht ums Reden, ums Zuhören, einfach ums Dasein“, beschreibt der stellvertr­etende Vorsitzend­e. „Denn jeder Mensch hat ein Recht darauf, bis zum Ende nicht allein sein zu müssen.“

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Intensive Betreuung für die Ehrenamtle­r (Gundula Ruhbaum, r.) gehört dazu. Sie wird geleistet von Koordinato­ren wie Anita Kramer (l.).
FOTO: ANNE ORTHEN Intensive Betreuung für die Ehrenamtle­r (Gundula Ruhbaum, r.) gehört dazu. Sie wird geleistet von Koordinato­ren wie Anita Kramer (l.).

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