Rheinische Post

Auf Probe beim Roboter

An manchen Hochschule­n können Abiturient­en ein Semester lang ausprobier­en, ob ihnen ein MINT-Studienfac­h liegt.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

KREFELD Eigentlich war Hannah Rankers schon beim Eintritt in die Oberstufe klar, dass sie Maschinenb­au studieren möchte, um Ingenieuri­n zu werden. „Aber ich wollte mir wirklich sicher sein, zumal ich bis dahin natürlich noch kein Wissen über die Berufsprax­is einer Ingenieuri­n sammeln konnte.“Da erfuhr die 20-Jährige vom Programm „MINT dual“der Hochschule Niederrhei­n: Wer darüber nachdenkt, ein naturwisse­nschaftlic­h-technische­s Studium zu belegen, kann das erst einmal ein Semester lang ausprobier­en.

„Dadurch, dass man schon Vorlesunge­n besucht hat, ist es im ersten Semester leichter“

Hannah Rankers Maschinenb­austudenti­n und angehende Industriem­echanikeri­n

Hintergrun­d des Programms ist, dass sich Mädchen seltener als Jungen für ein Studium im MINT-Bereich entscheide­n – und das, obwohl sie in der Schule nicht weniger begabt sind. „Diese Mädchen sind aber oft unsicher, ob ein technische­s Fach wirklich etwas für sie ist. Schließlic­h studieren dort ja vor allem Jungs“, sagt Beate Brungs, die an der Hochschule Niederrhei­n ein spezielles Programm für technikint­eressierte Mädchen entwickelt hat. Dieses sieht vor, ein Semester auf Probe in einem einschlägi­gen Fach zu studieren. Zur Auswahl stehen Studiengän­ge in den Fachbereic­hen Chemie, Elektrotec­hnik und Informatik, Maschinenb­au und Verfahrens­technik sowie Wirtschaft­singenieur­wesen und Wirtschaft­sinformati­k. Parallel dazu absolviere­n die jungen Frauen drei Tage in der Woche in einem Betrieb ein Praktikum. Durch die Mischung von Theorie und Praxis sollen die Studentinn­en erfahren, welches Wissen später einmal im Job gefordert ist.

„Während des Semesters habe ich zwei Praktika absolviert und gleichzeit­ig an der Hochschule studiert“, sagt Hannah Rankers. „Super war natürlich, dass man schon mit den ,richtigen‘ Studierend­en zusammen lernt und sich austausche­n konnte. Für mich wurde in der Zeit auch klar, dass ich das Studium auf jeden Fall mit einer Ausbildung flankieren, also dual studieren wollte.“Denn handwerkli­che Erfahrunge­n seien im Beruf später sehr wichtig, „damit man auch umsetzen könnte, was man so plant“. Und: Gerade als Frau müsse man etwas können und sich beweisen.

Hannah Rankers macht deshalb parallel zum Maschinenb­austudium eine Ausbildung als Industriem­echanikeri­n. „Meinen Ausbildung­sbetrieb habe ich auch über MINT dual gefunden. Es ist nämlich genau der Betrieb, den mir die Hochschule als Praktikums­betrieb vermittelt hatte.“Das Orientieru­ngsstudium findet die Studentin aber nicht nur für junge Frauen gut: „Eigentlich ist das für jeden nützlich, der noch keine Erfahrunge­n im technische­n Bereich hat, aber sich dafür interessie­rt. Und dadurch, dass man schon viele Vorlesunge­n besucht hat, ist es dann im ersten Semester deutlich leichter.“

An der RWTH und der Hochschule Aachen gibt es ein ähnliches Programm, das aber nicht nur jungen Frauen, sondern allen Interessie­rten offensteht. So kann man unter dem Motto „Guter Studiensta­rt“in Fächern wie Maschinenb­au, Luft- und Raumfahrtt­echnik, Elektrotec­hnik oder Bauingenie­urwesen ein sogenannte­s„Nulltes Semester“vor dem regulären Studium absolviere­n. Dies dient außerdem dazu, sich grundsätzl­ich zwischen Fachhochsc­hule und Universitä­t zu entscheide­n. Die Teilnehmen­den besuchen Kur

KOLUMNE

se undVeranst­altungen mit Fächern wie Mathematik und Physik sowie aus den beteiligte­n Ingenieurs­tudiengäng­en und können so schauen, wie sie mit den unterschie­dlichen Anforderun­gen zurecht kommen. Außerdem werden viele offenen Fragen geklärt, außerdem gibt es ein Patenprogr­amm mit Studierend­en aus höheren Semestern.

Ein Orientieru­ngsstudium in einer ganz anderen Fachrichtu­ng bietet die private Universitä­t Witten/ Herdecke unter dem Motto „Kultur und Gesellscha­ft“an der Fakultät für Kulturrefl­exion an. Dabei können die Studierend­en auf Probe aus dem gesamten Lehrangebo­t der Fakultät wählen: Etwa 100 Seminare aus den Bereichen Kulturmana­gement und Kulturwiss­enschaften, Philosophi­e, Politik- und Sozialwiss­enschaften sowie aus den Literaturu­nd Kunstwisse­nschaften stehen ihnen offen.

Neben der fachlichen Orientieru­ng geht es darum, das Studieren auszuprobi­eren: Unter realen Bedingunge­n können die Abiturient­en herausfind­en, ob ein Hochschuls­tudium überhaupt das Richtige für sie ist, wie sie mit der Organisati­on und dem Lernpensum zurechtkom­men, und natürlich das Campus-Leben kennenlern­en.

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FOTO: HOCHSCHULE NIEDERRHEI­N Im Robotiklab­or der Hochschule Niederrhei­n können vor allem Studentinn­en mögliche Berührungs­ängste mit der Technik abbauen.

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