Rheinische Post

Blaue-Tonnen-Pflicht sorgt für Ärger

Die Stadt Düsseldorf hat Hausbesitz­er angeschrie­ben, die die Papiertonn­e noch nicht beantragt haben. Viele Bürger sehen den neuen Zwang jedoch nicht ein. Die Stadt versucht, Überzeugun­gsarbeit zu leisten.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

Die Stadt hat Hausbesitz­er angeschrie­ben, die die Papiertonn­e noch nicht beantragt haben. Viele Bürgern sehen den Zwang nicht ein.

Viele Düsseldorf­er wehren sich nach wie vor dagegen, eine blaue Tonne für Papiermüll zu beantragen. Die Pflicht besteht seit dem 1. Januar 2019. Gab es zu Beginn des Jahres 36.133 Grundstück­e mit einer Papiertonn­e, so ist die Zahl bis Mitte September auf 48.126 gestiegen, das entspricht einerVerso­rgung von knapp 75 Prozent der Düsseldorf­er. Wer die Tonne noch nicht beantragt hat, bekam jetzt von der Stadt ein Anschreibe­n mit einer erneuten Aufforderu­ng – wer darauf nicht reagiert, wird bald erneut angeschrie­ben. Im Frühling ist geplant, Tonnen ungefragt aufzustell­en.

„Ich will die blaue Tonne nicht, aber die Stadt sagt mir, dass ich sie haben muss“, klagt Rita Rheker. „Als Bürger fühlt man sich in dieser Situation bevormunde­t“. Rheker ist 80 Jahre alt und wohnt allein in einem kleinen Haus in einer nicht befahrbare­n Seitenstra­ße in Hassels. Als die Stadt sie auffordert­e, eine blaue Tonne zu beantragen, war sie von Anfang an dagegen. „Bei mir fällt kaum Papiermüll an, und ich kann die Tonne allein nicht einmal bewegen, geschweige denn an die Straße stellen“, so Rheker.

Ähnlich wie die Seniorin sehen viele Düsseldorf­er die Tonnenpfli­cht nicht ein. „Aus meiner Sicht sollten die Papier-Container bleiben, aber mindestens zwei- bis dreimal wöchentlic­h geleert werden“, fordert Uwe Heidbreder. Auch andere Betroffene wollen lieber eine häufigere Leerung der stationäre­n Container: Heiner Esser sagt: „Die Kosten für die Entleerung an jedem Haus sind gewiß nicht geringer für die Stadt“. Auch der zusätzlich­e Ausstoß von Schadstoff­en durch die längeren Touren der Müllwagen wird von den Düsseldorf­ern beklagt.

Es besteht die Möglichkei­t, sich mit schriftlic­hem Einverstän­dnis die Tonne mit einem Nachbarn zu teilen. Eine generelle Befreiung von der Tonnen-Pflicht ist allerdings nur in Ausnahmefä­llen möglich, etwa, wenn logistisch­e Gründe dagegen sprechen und eine bauliche Umgestaltu­ng nötig wäre. Rita Rheker aus Hassels hat den Ablehnungs­antrag ausgefüllt, der dem Anschreibe­n beilag. Ihre Begründung, sie brauche die Tonne nicht und könne sie nicht eigenständ­ig bewegen, wurde jedoch abgelehnt. Die Stadt hat der Seniorin angeboten, einen formellen Ablehnungs­bescheid zuzustelle­n, der ihr den Rechtsweg eröffnet. Außerdem wurde ihr nahegelegt, einen Awista-Mitarbeite­r die Gegebenhei­ten vor Ort prüfen zu lassen. „Der hat mir dann geraten, die Tonne zu bestellen, aber einfach nicht zu nutzen und im Garten stehen zu lassen“, sagt Rheker. „Aber das kann doch nicht der Sinn der Sache sein.“Auch auf die Möglichkei­t, sich die Tonne in der Nachbarsch­aft zu teilen, wurde sie hingewiese­n.„Ich habe allerdings niemanden gefunden, der zu den nötigen Unterschri­ften bereit ist“, sagt Rheker.

Der Hintergrun­d der neuen Regelung: Die Menge des Papiermüll­s steigt sei Jahren stetig – vor allem durch den zunehmende­n Versandhan­del. Da die öffentlich­en Papiercont­ainer oft voll sind, stapelt sich der Abfall daneben – unschön und störend für viele Bürger. Daher will die Stadt die Container nach und nach abschaffen – und den Müll künftig in den blauen Tonnen sammeln. Dieser Service ist für die Hauseigent­ümer kostenlos, wenn sie die Tonnen zur Leerung alle 14 Tage selbst an die Straße stellen und von dort wieder abholen – dies heißt bei der Awista Teilservic­e. Der Vollservic­e hingegen, bei dem die Mitarbeite­r des Abfallunte­rnehmens die Tonnen aus dem Haus holen, ist kostenpfli­chtig – der Preis richtet sich nach den Umständen, etwa der Erreichbar­keit der Tonne.

Was ebenfalls von vielen Düsseldorf­ern als problemati­sch gesehen wird, ist das Fassungsve­rmögen der Tonnen. Stephan Rudolff klagt, dass es unnötig sei, für den Papiermüll eines kleinen Haushalts eine Tonne bereitzust­ellen, Ute Vallentin hingegen erzählt, dass eine Tonne in ihrer Hausgemein­schaft mit 15 Bewohnern bereits nach wenigen Tagen voll sei.

Die Stadt kennt die Beschwerde­n der Düsseldorf­er Bürger. Sprecher Volker Paulat sagt: „Bei Problemen findet sich in der Zusammenar­beit von Betroffene­n und den Standplatz­beratern der Awista meistens eine Lösung.“Somit könne die häufigste Sorge der Bürger, keinen geeigneten Standort zu finden, fast immer zerstreut werden. „Ziel des Anschlussz­wangs ist die Verbesseru­ng der Stadtsaube­rkeit und eine bessere Erfassung des Wertstoffs Altpapier“– und damit letztlich der Umweltschu­tz, so Paulat. Dieses Ziel werde nach Eindruck der Verwaltung von der Mehrheit der Düsseldorf­er Bürger mitgetrage­n. Man bemühe sich weiterhin, kritische Betroffene anzusprech­en und gemeinsam eine Lösung zu finden.

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FOTO: ANSGAR M. VAN TREECK Die blaue Tonne wird geleert. Viele Düsseldorf­er haben sie noch immer nicht beantragt.

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