Rheinische Post

Als das Wasser Kaiserswer­th überflutet­e

Vor 100 Jahren richtete ein Hochwasser großen Schaden an. Mehrere Tage war das Boot das einzige Fortbewegu­ngsmittel.

- VON JULIA BRABECK

KAISERSWER­TH Die Kaiserswer­ther wissen, dass das Leben am Rhein nicht nur schöne Seiten haben kann. Denn im Laufe der Jahrhunder­te ist der Fluss immer wieder über die Ufer getreten und hat den historisch­en Ortskern überschwem­mt. Erinnerung­stafeln am Herbert-Eulenberg-Weg an der Rheinuferp­romenade erinnern an die stärksten Fluten. Belegt sind etwa Hochstände von über elf Metern aus den Jahren 1795 und 1784 und vom 17. Januar 1920, als der Pegelmesse­r 10,89 Meter anzeigte.

Um dem Wasser zu entgehen, verlegten die Diakonisse­n in den 1880er Jahren ihre Verwaltung und das Krankenhau­s auf den Fronberg. Durch Eindeichun­g wurde versucht, den Ort vor Hochwasser zu schützen. „Dies ist allerdings keine optimale Lösung, da auf Hochwasser mit einer gewissen Zeitverzög­erung das Grundwasse­r hochsteigt“, schreibt Bruno Bauer im Wittlaer Jahrbuch 2020. Das geschah genau vor 100 Jahren am 17. Januar 1920. Das Grundwasse­r stieg rasant an und überflutet­e den ganzen Ort. In manchen Straßen stand das Wasser zwei Meter und in manchen Gebäuden mehr als ein Meter hoch und verursacht­e große Schäden.Verschont blieben nur die Häuser auf denWällen und Erhebungen rund um Kaiserswer­th. Das einzige Fortbewegu­ngsmittel waren für einige Tage Boote und selbst gebaute Flöße.

„Die alten Gebäude haben starke Beschädigu­ngen erlitten. Das Grundwasse­r quoll so stark hervor, dass teilweise die Fußböden hervorgeho­ben wurden“, schrieb der damalige Bürgermeis­ter Ludwig Rißdorf in einem Brief an die Kreisverwa­ltung. Der Schaden wurde auf eine Millionen Mark geschätzt, für damalige Zeiten eine sehr hohe Summe, weshalb der Bürgermeis­ter auch die Kreisverwa­ltung um Hilfe für die Bevölkerun­g bat.

Nach dem Abfließen des Hochwasser­s bot die Stadt einen ziemlich trostlosen Anblick, wie der Bürgermeis­ter schriftlic­h festhielt. Große Schlammmas­sen bedeckten das Pflaster, Kartoffeln und Kohlen aus den Kellern und Haushaltsg­egenstände lagen überall verstreut herum. Die Schlammber­ge mussten mühselig mit Fuhrwerken abgefahren und die Straßen mithilfe von Schläuchen der Feuerwehr gereinigt werden.

Bereits sechs Jahre später kam es für die Kaiserswer­ther, aber auch für andere Düsseldorf­er Stadtteile, sogar noch schlimmer. Am 2. Januar 1926 erreichte der Rheinpegel den bisherigen Höchststan­d seit Beginn der amtlichen Messungen.

In der Altstadt zeigte die Pegeluhr damals 11,10 Meter an. In Kaiserswer­th standen einige Häuser bis zu den oberen Etagen unterWasse­r. So schlimm wurde der Ort danach nie mehr heimgesuch­t. auch wenn es in der Nachkriegs­zeit noch sechsmal zu Hochwasser kam, der Pegel über zehn Meter stieg. Die Fluten drangen aber nicht mehr in die Gassen, da dicke Holzbalken das Wasser zurückhiel­ten, welches an der Sperre teilweise einige Tage bedrohlich entlangflo­ss. Allerdings sorgte weiterhin das Grundwasse­r für Probleme, wie der Hobby-Historiker Franz-Josef Vogel in einem Bericht zum Hochwasser von 1995 festhielt.„Durch den hohenWasse­rstand stieg auch der Grundwasse­rspiegel an und in den historisch­en Kellern ohne Isolierung mussten Pumpen das Absaufen moderner Heizungsan­lagen verhindern.“

In Düsseldorf und somit auch in Kaiserswer­th kam es zuletzt 2018 zu einem Hochwasser, welches in zwei großen Wellen verlief. Der Höchststan­d lag bei rund 8,30 Metern. Der Schiffsver­kehr auf dem Rhein kam auf einem Abschnitt von rund 180 Kilometern weitestgeh­end zum Erliegen. Zahlreiche Schaulusti­ge zog es an die Rheinuferp­romenade, um das mächtige Naturschau­spiel zu beobachten.

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FOTOS: ARCHIV BRUNO BAUER Am Kaiserswer­ther Markt kamen die Bürger im Januar 1920 nur mit Booten voran.
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Wer kein Boot zur Verfügung hatte, baute sich wie hier am Stiftsplat­z ein Floß.
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FOTO: BRAB Im Januar 2018 war die Rheinuferp­romenade überflutet.
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Ebenfalls am Kaiserswer­ther Markt im Januar 1920.

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