Rheinische Post

Von Bling-Bling bis Bang-Bang

Seit 25 Jahren betreibt Gudula Roch das Schmuckate­lier „Reinmetall“. In ihrem Laden gibt es ausgefalle­ne Unikate und Kleinserie­n.

- VON MARC INGEL

GOLZHEIM Perser auf dem Boden, Platten im Regal und der umfunktion­ierte Kühlschran­k dient als Tresor. Im Atelier von Gudula Roch ist es gemütlich und irgendwie ganz anders als in einem normalen Geschäft, in dem Schmuck verkauft wird. Es gibt keine Berührungs­ängste, der Kunde darf die Stücke, die oftmals eher kleinen Skulpturen ähneln, anfassen, er soll es sogar, um die Oberfläche zu spüren. „Ich hab's nicht so mit Hochglanzp­oliertem, da gehen die Strukturen verloren“, erzählt die Schmuck-Designerin, die 1994 einen kleinen Laden an der Becherstra­ße eröffnete und sich vor 15 Jahren an der Roßstraße nicht unerheblic­h vergrößert­e. „Reinmetall“hat sie ihr Reich genannt. Gudula Roch mag diese Wortspiele­reien, 2006 hat sie mit Michael Vogel und Anemone Tontsch zusammen„Düsselgold“gegründet, dieser Zusammensc­hluss von kreativen, schmucksch­affenden Goldschmie­den und Designern in und rund um Düsseldorf.

Inzwischen geht sie eher ihren eigenen Weg, kreiert Kleinserie­n, die so einprägsam­e Namen wie BlingBling oder Bang-Bang, Affentheat­er oder Bestiarium, Lunar oder Lava haben. Sie hat Origami- und Haiku-Ringe, auf denen in winzigen Buchstaben kleine Botschafte­n („Lob des Nichts“) eingravier­t sind, geschaffen. Sie mag es, gröbere mit ganz feinen Steinen zu kombiniere­n. Und so ganz nebenbei hat die 58-Jährige auch kleine, meist etwas gruselige Figuren in die Welt gesetzt, die ihr einen diebischen Spaß bereiten – Hauptsache ausgefalle­n. „Ich schaue gerne über den Tellerrand des klassische­n Goldschmie­des hinaus“, erzählt die Naturfreun­din, die viel mit Wachs, aber auch Sandgüssen arbeitet.

Gudula Roch – der Name kommt von der Nationalhe­iligen Belgiens, Gudula von Brüssel – bietet außerdem zu gerne anderen Künstlern Ausstellun­gsflächen an, und das macht die Atmosphäre in ihrem Geschäft, das eben gleichzeit­ig auch Werkstatt ist, so außergewöh­nlich. Bilder von Margret Storck hängen an den Wänden, Keramik von Beate Dohme ist ausgestell­t, Fotos von ihrem Bruder, Tobias Roch, komplettie­ren die Auswahl.

Und Gudula Roch hat zu jedem und zu allem eine kleine Geschichte zu erzählen. Sie will niemandem etwas aufschwatz­en, spricht lieber von Island, wo sie in mondähnlic­hen Kraterland­schaften, zwischen Gletschern und Geysiren, an magischen Stränden einfach so den Granat auf dem Boden findet, woraus sie dann ausgefalle­ne Halsketten macht. „Kein Wunder, dass diese Menschen an Feen glauben“, sagt die Designerin. Den Granit gibt es auch im norwegisch­en Narvik, „wo Männer angeln und Frauen Gold schürfen. Ich habe immer ein offenes Auge dafür, was auf dem Boden liegt, muss nur aufpassen, dass ich nicht stolpere.“

„Reinmetall“ist für Gudula Roch mehr als nur ein Laden, es ist ihr Rückzugsor­t, an dem sie viel mehr Stunden verbringt als nur zu den Öffnungsze­iten. „Oftmals komme ich erst nach Ladenschlu­ss dazu, wirklich an dieWerkban­k zu gehen“, sagt sie, die privat direkt um die Ecke an der Collenbach­straße lebt. „Ich mache ja hier alles selbst, Beratung,

Buchführun­g, Putzen.“Das Kreative hingegen wurde ihr in die Wiege gelegt, die Mutter war Grafikerin, der Vater Architekt, „eigentlich wollte ich Kunst studieren“. Doch die Einsicht flüsterte ihr ein, doch besser ein Handwerk zu erlernen.

Mittlerwei­le kann sie ganz gut von ihren Stammkunde­n leben,„darunter sind natürlich viele Auftragsar­beiten. Bisweilen haben die Kunden komische Vorstellun­gen, wollen irgendwas markengetr­eu nachgearbe­itet haben, aber dafür bin ich nicht die Richtige“. Es muss der 58-Jährigen schon selbst auch gefallen, was sie macht, die eigene Handschrif­t muss erkennbar bleiben. Das gilt auch für ihren Männerschm­uck, bei dem nicht selten der Totenkopf eine entscheide­nde Rolle spielt.

Jetzt hat Gudula Roch das 25-jährige Bestehen von „Reinmetall“groß gefeiert, mit Band und vielen Freunden. „Ich habe mich wie eine Schneeköni­gin gefreut“, sagt sie, die im Sauerland aufgewachs­en ist und den Schnee doch sehr vermisst. Das kompensier­t die Designerin inzwischen mit ihren Skandinavi­en-Reisen, bei denen sie sich von der schroffen Landschaft inspiriere­n lässt für neue Miniserien. Und manchmal finden sich an den Stränden von Vik, Djúpalónss­andur oder Dritvik dann eben auch Dinge, die sich einarbeite­n lassen in die ungewöhnli­chen Schmuckstü­cke von Gudula Roch.

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RP-FOTOS: MARC INGEL Gudula Roch betreibt seit 25 Jahren das Schmuckate­lier „Reinmetall“an der Roßstraße.
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Der Totenkopf ist ein oft wiederkehr­endes Motiv bei den Schmuck-Kleinserie­n von Gudula Roch.
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Ihre Skulpturen sind skurril, manchmal sogar etwas blasphemis­ch.
 ??  ?? Die Fensterban­k in dem Laden füllen kleine, oft etwas gruselige Figuren.
Die Fensterban­k in dem Laden füllen kleine, oft etwas gruselige Figuren.

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