Das erste Gedicht las Hermann Hesse
Eugen Gomringer gilt als Begründer der Konkreten Poesie. Heute wird der Lyriker 95 Jahre alt.
REHAU (dpa) „In 95 Jahren sammelt sich eben einiges an“, entschuldigt sich Eugen Gomringer für die überfüllten Schrankwände in seinem Zuhause. So dauert es auch eineWeile, wenn Eugen Gomringer anlässlich seines Geburtstags am Montag, 20. Januar, seine Lebensgeschichte erzählt.
In Bolivien geboren, wuchs Eugen Gomringer bei den Großeltern in der Schweiz auf. Er diente als
Offizier bei der Schweizer Armee, schrieb sich später erst für Nationalökonomie in Bern ein, dann für Kunst- und Literaturgeschichte. In dieser Zeit schrieb er seine ersten Gedichte, die er kurzerhand Hermann Hesse schickte. „Ich kannte ihn natürlich, aber nicht persönlich. Ich war nur ein Junge, der sich an den ganz großen Dichter gewandt hat.“Doch Hesse habe ihm geantwortet, immerhin ein Satz: „Da lebt etwas, das von weit her kommt.“Zur gleichen Zeit lernte er auch den
Schweizer Architekten und Künstler Max Bill kennen. Es war die Zürcher Schule der Konkreten, die ihn zu seiner Konkreten Poesie inspirierten, vermutet Gomringer. „Ich habe mir gedacht: Man müsste doch auch mit Worten so einfache Werke schaffen können.“
Sein erster Gedichtband erschien 1953 in drei Sprachen: „konstellationen constellations constelaciones“. Max Bill holte ihn damals als Sekretär an die Hochschule für Gestaltung nach Ulm.„In Ulm habe ich die großen Leute kennengelernt“, sagt der Schriftsteller. Den Gründer des Bauhauses, Walter Gropius, zum Beispiel. Es war schließlich Max Frisch, auf dessen Empfehlung der„Spracharbeiter“– wie ihn Frisch bezeichnete – nach Ascona ging. Zum Entziffern von Joseph Haydns Kompositionen. Ab den 60er Jahren führte Eugen Gomringer „Parallelleben“, wie er selbst sagt. Erst arbeitete als Propagandachef der Schweizer Schmirgel- und Schleifindustrie und als Geschäftsführer des Schweizer Werkbundes. Später als Kulturbeauftragter des Porzellan-Herstellers Rosenthal, Professor an der Kunstakademie Düsseldorf und Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Mit seiner Ehefrau Nortrud veröffentlichte er zusammen Gedichtbände und organisiert Ausstellungen in der Galerie unterhalb ihrerWohnung. Heute schreibt er nur noch Sonette. „Immer noch auf seiner Schreibmaschine, ausschließlich in Kleinbuchstaben. Sein neues Buch heißt „welt im sonett“.