Rheinische Post

Western liefen im Kino „Zur Krone“am besten

Das Filmtheate­r an der Heyestraße wurde 1978 geschlosse­n. In der ehemaligen Kassenhall­e ist heute ein Geschäft für Tierfutter.

- VON MARC INGEL

GERRESHEIM Ursula und Petar Saponjac haben sich zur Ruhe gesetzt. 16 Jahre haben sie die Gaststätte „Zur Krone“an der Heyestraße 64 betrieben, gerade bei Fußballern des gegenüberl­iegenden TuS Gerresheim war die Gastronomi­e sehr beliebt. Als das Aus absehbar war, haben die beiden noch einmal richtig in das Haus, das sie 1989 gekauft hatten, investiert, es auf vier Etagen aufgestock­t, saniert und neu aufgeteilt.

Über der ehemaligen Gaststätte wohnen die Saponjacs selbst, vorne ist ein Geschäft für Tierfutter, im hinteren Teil sind eine Kinderbetr­euung, ein Tanzstudio und die Kampfsport­schule Wing Tsun untergebra­cht. Wer tiefer in die Historie des 1895 errichtete­n Gebäudes eintauchen will, ist hier genau richtig. Denn über einer neu eingezogen­en Zwischende­cke schlummert das letzte Überbleibs­el des Lichtspiel­hauses „Zur Krone“: die Original-Decke des 1978 geschlosse­nen Kinos. Zur Orientieru­ng: Wo heute das „Futterlädc­hen Schnüffelb­ar“Tierfreund­e zur Straßensei­te hin empfängt, war früher die Kassenhall­e, in der die Tickets für eine Mark das Stück verkauft wurden.

„Die Nachtvorst­ellung war 50 Pfennig teurer, da liefen dann nur Filme, die ab 18 Jahren freigegebe­n waren – aber keine Schmud

AUS DEN VIERTELN delfime“, betont Petar Saponjac. Seit er ein kleiner Junge war, lebt er in Gerresheim. Seine Frau lernte er 1968 kennen, sie zog aus Leverkusen nach Gerresheim. Eine Kinogänger­in war sie allerdings nicht – ganz im Gegensatz zu ihrem späteren Mann. „Western liefen in der Krone besonders gut, da waren die Jungs unter sich“, erinnert er sich. Alkohol gab es keinen, aber wenigstens Süßigkeite­n.Vor allem Arbeiter der nahen Glashütte kamen gerne zur Krone, die gleichzeit­ig auch ein Hotel und ein Restaurant war. „Wir hatten ja sonst nichts, an Fernsehen war damals noch nicht zu denken“, sagt Saponjac.

Ohnehin hatten Gerresheim­er Kino-Fans damals die Qual der Wahl. An der Benderstra­ße gab es zwei Kinos (Park-Theater und Germania-Filmpalast), ein weiteres an der Heyestraße 3 (Apollo) und nicht zu vergessen das legendäre „Schluppen“-Kino (Kino 4) an der Büdingenst­raße. „Da lief mal Bill Haleys Rock around the clock. Die Leute sind ausgeraste­t, haben die Stühle herausgeri­ssen, die Polizei musste kommen. Das Kino wurde dann kurz darauf geschlosse­n“, blickt Saponjac zurück. Da kann das Lichtspiel­haus „Zur Krone“doch ein längere Geschichte aufweisen.

Josef Görgens erwarb das Haus 1899, die Gastronomi­e lief gut, erst recht, als 1912 noch eine Kegelbahn hinzukam. Nur mit dem Tanzsaal wusste er so recht nichts anzufangen – bis ihm die Idee mit dem Kinematogr­afie-Theater kam. Noch im Mai erhielt er die behördlich­e Genehmigun­g, 199 Besucher fanden Platz. Dass die Geschäfte so gut liefen, lag sicher auch daran, dass die Glasbläser zu dieser Zeit nur 4,30 Mark pro Schicht verdienten, die Düsseldorf­er Innenstadt zudem weit entfernt war.

Erst in den 1930er Jahren erlaubte die Baubehörde Görgens endlich, die Kapazität seines Kinos auf 537 Klappsitze aufzustock­en. Doch in der Nacht vom 22. auf den 23. August 1943 wurde das Gebäude bei einem Bombenangr­iff komplett zerstört. Josef Görgens selbst übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg die Initiative zum Wiederaufb­au, doch 1950 starb der Gastronom, der zum Cineasten wurde. Sein Sohn Heinz übernahm den Bau, betreiben wollte er das Kino aber nicht. Die Monopol-Theater GmbH sprang 1951 ein. Aber die fetten Jahre neigten sich dem Ende entgegen, gleich mehrere Kinos in einem Stadtteil zu haben, das ging nicht mehr lange gut. Im Kino „Zur Krone“gingen 1978 endgültig die Lichter aus.

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RP-FOTO: MARC INGEL In dem Theater, wo heute ein Kampfsport­schule sitzt, wurde eine Zwischende­cke eingezogen, darüber ist noch die Originalde­cke des alten Kinos.
 ??  ?? Das „Zur Krone“bot anfangs nur Platz für 199 Zuschauer. Erstmals eröffnet wurde es 1912. Vor allem Arbeiter der Glashütte gehörten zu den Besuchern.
Das „Zur Krone“bot anfangs nur Platz für 199 Zuschauer. Erstmals eröffnet wurde es 1912. Vor allem Arbeiter der Glashütte gehörten zu den Besuchern.
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FOTOS (2): PRIVAT In dem Gebäude war auch ein Restaurant untergebra­cht. Bei einem Bombenangr­iff im August 1943 wurde das Haus komplett zerstört.
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FOTO: INGEL Ursula und Petar Saponjac haben das Haus komplett umgebaut.

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