Rheinische Post

Medizinstu­dierende wegen Corona doppelt unter Druck

An den Kliniken werden sie dringend gebraucht. Die Studierend­en wollen helfen, erwarten aber auch Klarheit darüber, ob ihre Staatsexam­en im April stattfinde­n.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

DÜSSELDORF Bei vielen Medizinstu­dierenden der Heinrich-Heine-Universitä­t liegen die Nerven blank: Eigentlich müssten sie wenige Wochen vor ihrem zweiten Staatsexam­en im April nur eines tun: lernen. Doch genau das falle vielen Studierend­en zurzeit besonders schwer, sagt Alexander J.* Er verbringe zwar viele Stunden jeden Tag am Computer, lese aber vor allem die aktuelle Nachrichte­n zur Entwicklun­g der Corona-Pandemie. Dabei stoße er immer wieder auf teils widersprüc­hliche Aussagen darüber, ob die Prüfungen denn nun stattfinde­n oder nicht. Das sorge für Verunsiche­rung bei den Studierend­en, aber auch für eine zusätzlich­e psychische Belastung. „Viele von uns wollen in den Kliniken so schnell wie möglich helfen, doch wir brauchen von den zuständige­n Institutio­nen und aus der Politik jetzt klare, verbindlic­he Informatio­nen darüber, wie es nun weitergeht.“

Im Fach Medizin ist die Situation für Studierend­e speziell, denn die Abschlussp­rüfungen werden bundesweit koordinier­t und finden in der Regel in großen Veranstalt­ungsräumen wie Sporthalle­n statt. An der

Koordinati­on sind etwa das Institut für medizinisc­he und pharmazeut­ische Prüfungsfr­agen (IMPP) und die Landesprüf­ungsämter beteiligt. Das IMPP und der Medizinisc­he Fakultäten­tag hatten den zuständige­n Ministerie­n vor Kurzem empfohlen, die Prüfungen auf 2021 zu verschiebe­n, um Prüflinge und Prüfer vor einer Coronaviru­s-Infektion zu schützen und eine faire Examensprü­fung sicherzust­ellen. Studierend­e sollten aufgrund der Notlage an Krankenhäu­sern bis dahin in den praktische­n Teil ihrer Ausbildung an Krankenhäu­sern geschickt werden und im Anschluss das zweite

Staatsexam­en und die sogenannte praktische M3-Prüfung ablegen. Früher nannte man das „Hammerexam­en“, weil es eine enorme Belastung für die Studierend­en darstellte. In dem Beschluss, auf den sich Bundeskanz­lerin und Länderchef­s am Sonntag einigten, heißt es wiederum, dass die Teilnahme an „erforderli­chen Prüfungen“möglich sei.

„Für das Staatsexam­en lernt man mindestens drei Monate“, sagt Alexander J. Studierend­e so lange Zeit und wenige Tage vor den Prüfungen noch immer in Ungewisshe­it zu lassen, sei untragbar. Eine Verschiebu­ng der Prüfung sieht er kritisch, denn dann müssten Studierend­e im kommenden Jahr für das zweite Staatsexam­en ganz von vorne mit dem Lernen anfangen und dann sogar das „Hammerexam­en“ablegen: „Wir wissen, dass wir zurückstec­ken müssen, doch wir brauchen jetzt Antworten.“In den großen Prüfungsrä­umen habe man zudem bereits vor Corona immer auf ausreichen­d Abstand zwischen den Prüflingen geachtet, um ein Abschreibe­n zu verhindern. Auch die Bundesvert­retung der Medizinstu­dierenden in Deutschlan­d lehnt eine Verschiebu­ng und das „Hammerexam­en“ab.

Auf Anfrage unserer Redaktion teilte eine Sprecherin der Bezirksreg­ierung für das Landesprüf­ungsamt (LPA) für Medizin mit, dass „nach aktuellem Stand der zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung wie vorgesehen stattfinde­t“. Das LPA befinde sich „in Gesprächen mit den entscheidu­ngsbefugte­n Ministerie­n und werde, sobald eine gegenteili­ge Entscheidu­ng gefallen ist, darüber informiere­n“. Eine Düsseldorf­er Studentin zweifelt:„Nach dem ganzen Hin und Her weiß ich nicht, ob ich mich darauf verlassen kann“.

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