Jetzt schlägt die Stunde der Jungen
Oft ist der Vorwurf zu hören, die Jugend demonstriere nur bei „Fridays for Future“. Doch in der Corona-Krise gibt es viele junge Leute, die mit anpacken. Zum Beispiel bei der Tafel, weil ältere Ehrenamtliche sich in Quarantäne begeben.
Michele Löwenhaupt (18) und Patrizia Voeltz (19 helfen bei der Tafel Dormagen
Bei den Tafel engagieren sich viele Ältere ehrenamtlich, die in der Corona-Krise als Risikogruppe gelten. Um insbesondere ältere Mitarbeiter nicht zu gefährden, kam es zu vielen Tafel-Schließungen. Auch die Dormagener Tafel hatte zunächst mit Personalengpässen zu kämpfen. Aber es boten sich viele junge Menschen an, um die Arbeit zu unterstützen. Darunter auch Michele Löwenhaupt und PatriziaVoeltz. Beide engagieren sich seit Mitte März und stehen jeden Tag von 7.45 bis 10 Uhr, wie Löwenhaupt sagt,„auf der Matte“. Normalerweise befinden sich beide zurzeit im Bundesfreiwilligen Dienst der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Löwenhaupt hat im August vergangenen Jahres bei der DLRG in Dormagen begonnen, Voeltz engagiert sich seit knapp zwei Monaten in Korschenbroich. Nun transportieren sie unter anderem schwere Kisten. „Es ist eine anstrengende Arbeit, aber das Arbeitsklima ist angenehm. Außerdem wird einem nie langweilig, es gibt immer gut zu tun“, sagt Voeltz. Anfangs hatten sie einen erfahrenen Ehrenamtler bei sich, der ihnen alles erklärt und gezeigt hat. Mittlerweile arbeiten sie eigenständig. Die Stadt hat auch eine Helfer-Hotline eingerichtet, für Menschen, die Hilfe benötigen. Die jeweiligen Anfragen werden an die Tafel weitergeleitet. „Ich wünschte, dass die Leute sich vermehrt bei uns melden würden, damit sie zu Hause bleiben. So könnten wir die Ausbreitung insbesondere bei Risikogruppen eindämmen“, sagt Voeltz.
Lena Balzen (20), Pfadfinder-Leiterin in Sonsbeck, koordiniert Hilfe für Ältere
Um insbesondere älteren und chronisch kranken Menschen beizustehen, sind zurzeit viele freiwillige Helfer unterwegs: So auch die katholische Pfadfindergruppe aus Sonsbeck. Seit Anfang März kümmern sich die Pfadfinder freiwillig um Menschen, für die in der aktuellen Situation ein besonderes gesundheitliches Risiko besteht. Hierfür hat Lena Balzen, Leiterin der Pfadfindergruppe, eine Hotline eingerichtet, über die sich die Menschen melden können. „Ich nehme die Anrufe entgegen und gebe sie in unsere Chat-Gruppe. Von dort verteilen wir die Aufgaben“, sagt Balzen. Rund 30 Personen sind in der Gruppe aktiv. Die Aufgaben können ganz unterschiedlich ausfallen: einkaufen, mit dem Hund spazieren gehen oder der morgendliche Broteinkauf – „wir halten es recht offen“, sagt Balzen. Die 20-Jährige studiert Soziale Arbeit an der Hochschule Düsseldorf. Als Pfadfinderin sieht sich in der Pflicht, ihre Mitmenschen zu schützen und sie zu unterstützen.
Robin Folgnandt (26), Medizinstudent, berät bei der Hotline
Die von der Stadt Düsseldorf eingerichtete Corona-Infohotline stand in den vergangenen Tagen und Wochen selten still. Um den großen Ansturm bewältigen zu können, helfen auch Medizinstudenten der Heinrich-Heine-Universität (HHU) bei dieser Hotline. Einer von ihnen ist Robin Folgnandt. Der 26-jährige Student befindet sich aktuell in seinem Praktischen Jahr (PJ) und hat sich sofort gemeldet, als das Düsseldorfer Gesundheitsamt die HHU und das Universitätsklinikum um Hilfe gebeten hat. „Wir nehmen die Anrufe der Menschen entgegen, beantworten medizinische Fragen, notieren Anfragen und vermitteln diese weiter“, erklärt Robin. Die Telefone sind rund um die Uhr besetzt, die Studenten übernehmen also auch Nachtschichten. „Viele Fragen der Menschen orientieren sich am aktuellen Tagesgeschehen“, erklärt der Student. Wie und wo kann ich mich testen lassen?Welche Auswirkungen hat das Virus auf Schwangerschaften? Für den Studenten stand sofort fest, dass er sich in Krisenzeiten engagieren möchte. Schon während seines Studiums habe er sich besonders für die Virologie interessiert und schreibt zudem seine Doktorarbeit in diesem Fachbereich.
Rodrigo Mendes (21), Student, sticht Spargel
Der 21-Jährige studiert an der
Hochschule Rhein-Waal in Kleve im vierten Semester Internationale Beziehungen – ein Fach, das englischsprachig unterrichtet wird und sich mit politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Fragestellungen beschäftigt. Rodrigo, der aus Ludwigshafen kommt, hilft jetzt bei der Spargelernte in Uedem, weil dort die Saisonkräfte aus dem Ausland fehlen. Er hatte bei mehreren Betrieben im Kreis Kleve angefragt, Familie Poen sagte als Erste zu. Rodrigos Eltern kamen als Gastarbeiter aus Portugal nach Rheinland-Pfalz, der Vater hatte eine Stelle in der Landwirtschaft gefunden. „Jetzt, wo ich selber die Feldarbeit kennenlerne, kann ich mir ein wenig besser vorstellen, wie das damals für sie war. Und sie sprachen anders als ich, der in Deutschland aufwuchs, kaum Deutsch.“Rodrigo will so viele Stunden wie möglich arbeiten, denn er braucht das Geld. Jung und sportlich, wie er ist, glaubt er, mit der körperlich anstrengenden Tätigkeit klar zu kommen. Und er muss nicht allein in seinem Zimmer hocken, ein paar Kommilitonen sind ja, geschützt durch Gesichtsmasken, mit ihm auf dem Feld.
Anna-Lena Stumpf (22), Laborantin, spendet zum ersten Mal Blut Eigentlich wollte sich Anna-Lena Stumpf gemeinsam mit einer Freundin engagieren und Blut spenden. Für Anna-Lena eine Premiere. „Ich bin früher bei der Blutabnahme immer umgefallen und habe mich dementsprechend nie so wirklich getraut zu spenden“, erklärt die 22-jährige Biologielaborantin. Gemeinsam mit ihrer Freundin habe sie überlegt, was man denn Positives machen könne – auch in Zeiten von Corona.
Die Blutspende war dann ihre Idee, weil vor allen Dingen ältere Spender zurzeit den Weg scheuen. Doch zum vereinbarten Termin konnte ihre Freundin dann doch nicht erscheinen. „Ich habe mir dann auf der Seite vom Deutschen Roten Kreuz angeschaut, wo man überhaupt Blut spenden kann, und bin alleine gegangen. Es verlief deutlich besser und schneller, als ich es erwartet hatte.“Neben dem Gefühl, eine gute Tat vollbracht zu haben, gab es nach dem Blutspenden auch noch eine Flasche Desinfektionsmittel als Dankeschön. Kostbar in der Krise.