Wie der Handel in den Vierteln angelaufen ist
In einigen Läden herrscht schon Maskenpflicht. Für manche Händler kommt die Wiedereröffnung zu früh.
STADTTEILE Viele Geschäfte in den Stadtteilen haben seit Montag wieder geöffnet. Es gibt Händler, die froh sind über die Lockerungen, aber auch solche, die lieber noch gewartet hätten. Die Kunden müssen sich darauf einstellen, dass das Tragen von Mundschutz und Handschuhen verlangt wird.
Benrath Für das Familienunternehmen Kamp, das im Rheinland 23 Schuhgeschäfte unter dem Namen Schuhhaus Kocken betreibt, hätte der Zeitpunkt des Corona-Shutdowns kaum ungelegener kommen können. An jenem Tag hätte die Wiedereröffnung der ehemaligen Palm-Filiale in der Benrather Fußgängerzone unter neuer Flagge sein sollen. Und so scharrten Steffen Kamp und das gesamte Team der Geschäftsleitung mit den Hufen, um das Versäumte nachholen zu können. Mit den ersten Verkaufsstunden zeigt sich Kamp schon recht zufrieden: „Das gute Wetter spielt uns dabei in die Hände. Jetzt müssen wir aber natürlich sehen, wie es weiterläuft.“
Auch an Steffen Kamp und sein Team überreichen Melina Schwanke und Inge Nitschke vom Vorstandsteam der Händlergemeinschaft„Aktionsgemeinschaft Benrath“Schutzmasken. Dabei statten sie auch der Boutique „b.wundert“von Birgit Nierenberger einen Besuch ab. Sorgen bereitet ihr die Dependance an der Görresstraße, in der sie Unterund Nachtwäsche verkauft: „Erst hatten wir die Baustelle vor der Tür und dann mussten wir wegen Corona schließen.“Und eine weitere Sorge quält sie: „Wer weiß, ob wir nicht wieder in ein paarWochen schließen müssen, wenn die Infektionszahlen wieder ansteigen.“
Flingern An der Ackerstraße führt Moritz Wenz sein Geschäft. Weil er auch Lebensmittel im Sortiment hat, könnte er im Laden bedienen, aber er winkt ab. „Ich empfinde das als zu früh“, sagt er. Vor die Eingangstür hat er eine Acrylglasscheibe gehängt, darunter steht ein Tisch mit der Kasse. „Meine Kunden sind sehr zufrieden mit diesen Vorsichtsmaßnahmen“, sagt er.
Bis vergangeneWoche hatte auch Brigitte Klasen eine ähnliche Schutzbarriere an der Tür ihrer Regenbogenbuchhandlung an der Lindenstraße. Sie gab an der Tür bestellte Bücher raus. So hat sie ein erfolgreiches, wenn auch arbeitsaufwendiges Ostergeschäft gemacht. „Es ist schön, wieder vernünftig zu arbeiten“, sagt sie und bedankt sich bei ihren Kunden für die große Solidarität.
Dass Rike Stephani ihren „Rikiki“-Geschenkartikelladen an der Hermannstraße wieder auf hat, freut sie ungemein. „Viele Kunden rufen an und fragen, ob wir geöffnet haben“, sagt sie und verkauft mit Mund-Nase-Maske, außerdem werden relevante Stellen und Gegenstände im Laden regelmäßig desinfiziert. Vorsichtshalber hat sie die Öffnungszeiten auf 16 Uhr reduziert. „Aber wenn die Nachfrage da ist, ändere ich das schnell.“
Oberkassel Auch an der Luegallee, der größten Geschäftsstraße im Linksrheinischen, ist das Leben wieder erwacht.„Die Menschen haben Nachholbedarf“, sagt Angelika Poensgen, Verkäuferin in Grossens Buchhandlung. Sie und ihr Kollege hatten am Montag alle Hände voll zu tun.„Wir schauen, dass die Menschen Abstand halten.“Alle Buchhändler tragen Masken, eine Fahne soll die Kunden davon abhalten, zu nah an den Bestell-Computer zu kommen. „Die Menschen sind allesamt rücksichtsvoll, verständnisvoll – und sehr gut gelaunt“, erzählt die Verkäuferin.
Von einem„ganz normalen Montag“spricht Tina Gossens von der Einrichtungsboutique Domus. „Der Ansturm ist bisher ausgeblieben, aber die Leute sind entspannt und gut gelaunt.“Sie achtet auf die Sicherheitsabstände; auf der Theke steht ein Spender für Desinfektionsmittel. Eine Maske trägt Gossens nicht. „Die sind bestellt, aber nicht rechtzeitig angekommen“, erzählt die Verkäuferin.
Erleichtert über die Wiedereröffnung sind auch Rebecca und Christian Jakobs. Das Ehepaar betreibt den Familien-Concept-Store Qnootsch. Zwischen den Regalen toben Kinder von Kunden, die Inhaber haben den eigenen Sohn ins Geschäft mitgebracht. „Betreuungsangebote gibt es ja im Moment nicht“, sagt Rebecca Jakobs. Auch sie und ihr Mann sind mit Masken und Desinfektionsmitteln ausgestattet, an der Kasse trennt eine Acrylglasscheibe Kunden und Verkäufer. Für sie kommt die Wiedereröffnung gerade rechtzeitig. „Wir haben für zwei Monate Mietschulden und bislang weder Hilfsgelder noch einen Kredit bekommen“, sagt die Geschäftsfrau. „Der Lockdown hat uns wirklich in Schwierigkeiten gebracht.“
Unterbilk Dass sie ihre Geschäfte wieder öffnen dürfen, haben die Händler rund um die Bilker Kirche mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Sandra Dhingra gehören das Modegeschäft Kleidsam und der Geschenkartikelladen Hab und Gut. Seit 16 Jahren ist die 46-Jährige an der Neusser Straße, sie kennt die Nachbarn, sie kennt die Kunden. Dass es nicht mehr Vorgaben gibt, das kritisiert Dhingra – genauso wie ihr Kollege Saba Shirazi (47) vom Sabas an der Lorettostraße, der Geschenkartikel verkauft. Der 47-Jährige trägt eine Schutzmaske, so wie auch Sandra Dhingra. In beide Läden dürfen die Kunden nur rein, wenn sie eine Maske tragen. Das haben die beiden so festgelegt, „aber bisher machen das die wenigsten“, sagt Shirazi, der ein Schild am Eingang aufgestellt hat mit Verhaltensregeln. An der Tür hat Saba Shirazi einen Desinfektionsspender aufgestellt. „Viele wollen das nicht“, erzählt er kopfschüttelnd. „Würde jeder eine Maske tragen, würden wir vielleicht schneller wieder zurück zur Normalität können.“Normal ist in diesen Tagen das Leben in den Einkaufsstraßen nicht, das sieht auch Liesel Reich so, die vor 40 Jahren die Boutique Batteaux eröffnet hat. Sie glaubt, dass die Lockerungen 14 Tage zu früh kommen. Ihren Laden macht sie probeweise auf, die Kunden dürfen nur mit Mundschutz rein, am Eingang verteilt sie Einweg-Handschuhe. Sollten sich die Menschen nicht an ihre Regeln halten,„dann mache ich wieder zu“, sagt Reich, die sich und ihre Mitarbeiterin schützen will.
Kaiserswerth Im Klemensviertel scheint auf den ersten Blick die Normalität Einzug zu halten. Selbst die Schlange vor der Eisboutique kennt man.„Wir bieten Desinfektionsmittel für die Kunden an und diese können sich auch bei uns die Hände waschen“, sagt Sandra Tuchlenski vom Damenmode-Geschäft Süßstoff. Ihr ist es wichtig, dass alles geordnet abläuft.„Ansonsten müssen wir womöglich wieder in drei Wochen schließen. Da hat keiner was von.“
Sicherheit hat auch im Kaiserswertchen, einem Geschäft mit Artikeln rund um Mutter und Kind im Klemensviertel, Vorrang. „Wir haben gut zu tun, aber nicht jeder will jetzt schön einen Laden betreten. Für diese Menschen bieten wir einen Bestellservice an“, sagt Fiele.
Christina Esch von der Buchhandlung Lesezeit am Kaiserswerther Markt hat für alle Mitarbeiter Masken besorgt und Trennscheiben an der Kassentheke aufgestellt und zwei Tische beseitigt, um mehr Platz zu schaffen. Nur zehn Personen sollen sich gleichzeitig im Geschäft aufhalten.
Pempelfort An der Nordstraße herrscht reges Treiben. Vor McPaper und Butlers haben sich kleinere Schlangen gebildet, bei Gerry Weber steht am Eingang Desinfektionsmittel für die Kunden parat. Die Einzelhändler versuchen, der Situation mit Humor zu begegnen: „Immer nur zwei Personen – und nicht kuscheln“, steht auf einem Schild.
Auch Nathalie Flörke, die an der Schwerinstraße das Modegeschäft Mandaly betreibt, hat an diesem Vormittag gut zu tun. „Die Kunden haben sich vorher auf Instagram und Facebook informiert oder haben sich ihre Sachen zielgerichtet ausgesucht“, erzählt sie. Wartende werden in den kleinen Garten geführt, wo sie die Zeit bei einem Kaffee oder Prosecco verkürzen können.
Düsseltal An der Rethelstraße könnte man meinen, alles geht wieder seinen gewohnten Gang. Nicht rechtzeitig fertig geworden ist die Buchhandlung Bolland & Böttcher, zu groß war der Aufwand der Umbauarbeiten. An der Kasse wurde eine Acrylglasscheibe installiert, die Mitarbeiter tragen transparente Visiere. „Wir wollen eine Bücherrutsche einbauen, um den persönlichen Kontakt zu minimieren“, erklärt Elke Böttcher. Ab dem heutigen Dienstag soll der Laden wieder öffnen. Einiges von dem, was in dem Buchladen wegen Corona eingeführt wurde, soll vorerst beibehalten werden – wie die Möglichkeit des kontaktlosen Zahlens per PayPal oder Online-Vorabüberweisung. „Denn seien wir ehrlich: Bis sich alles wieder normalisiert hat, wird noch viel Zeit vergehen“, sagt Elke Böttcher.