Schulleiter ächzen unter Hygienevorschriften
Am Donnerstag öffnen in NRW die Schulen wieder – aber gibt es genug Personal? Auch die Einzelheiten der Durchführung bereiten Kopfzerbrechen.
In Nordrhein-Westfalen zeichnen sich im Zuge der Schulöffnungen Engpässe beim Lehrpersonal ab.„Wir haben erste Hinweise, dass die Anzahl der Lehrer an manchen Schulen nicht ausreicht, weil zu viele den Risikogruppen angehören“, sagte Harald Willert, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung (SLV) NRW, unserer Redaktion. In der Folge könne es vorkommen, dass nicht überall genug Lehrer für den Unterricht zur Verfügung stünden. In manchen Kollegien seien 50 oder gar 80 Prozent der Lehrer betroffen, sagte Willert.
Unklar ist in diesem Zusammenhang noch, ob auch Lehrer mit Angehörigen, die diesen Risikogruppen zuzurechnen sind, vom Unterricht ausgenommen sind. Zur Risikogruppe zählen Menschen mitVorerkrankungen wie Herz- und Lungenleiden sowie alle über 60-Jährigen. Sie sollen in der Corona-Krise vom Unterrichten befreit sein.
In Nordrhein-Westfalen laufen die Vorbereitungen auf die Schulöffnungen am Donnerstag auf Hochtouren. Dann werden die Schulen erstmals für Abschlussprüflinge und Abiturienten geöffnet. Dies betrifft dem Ministerium zufolge bis zu 390.000 der rund 2,5 Millionen Schüler im Land. Für Abiturienten ist der Schulbesuch allerdings freiwillig, weil sie ihr Unterrichtspensum ohnehin nahezu vollständig abgeleistet hätten, hieß es dazu aus dem Schulministerium.
Probleme bereiten den Schulleitern insbesondere die Hygienevorschriften. Viele Schulen verfügten nicht über ausreichende Warmwasser-Handbecken oder über die räumlichen Voraussetzungen, um den 1,5-Meter-Abstand überall zu gewährleisten, sagte Willert. Auch sei es schwierig, an die Desinfektionsmittel zu kommen, weil die Schulträger in Konkurrenz zurWirtschaft stünden. Es gebe aber große regionale Unterschiede: In Ballungszentren sei die Lage schwieriger.
Der Verband rät Schulleitern, es sofort den übergeordneten Behörden zu melden, wenn sie absähen, dass die Vorschriften zum Infektionsschutz an ihren Schulen nicht eingehalten werden könnten: „Die SLV NRW rät allen Schulleitungen, im Zweifelsfall keine Maßnahmen zu vertreten und umzusetzen, die nicht zu 100 Prozent den Vorgaben entsprechen.“Alle Hindernisse müssten dokumentiert werden. Teile der Schülerschaft riefen am Montag aus Sorge um den Gesundheitsschutz zu einem Schulboykott auf.
Der deutsche Philologenverband befürwortet hingegen die Öffnung der Schulen. In Hessen und Rheinland-Pfalz habe es auch während der Schließungen im März Abiturprüfungen gegeben: „Nicht nur hessische und rheinland-pfälzische Abiturienten sollten die Chance bekommen, ein volles Abitur mit Abschlussprüfungen abzulegen, sondern alle in der ganzen Bundesrepublik, unabhängig davon, aus welchem Bundesland sie kommen.“