Nur eine App, kein Spion
os-Computer-Club, in den Programmier-Code der App schauen, hatte Domscheit-Berg Mitte der Woche in einem Podcast des Bayerischen Rundfunks gesagt. Und noch viel mehr: Sie würden regelrecht ermutigt, sich zu beteiligen, Ideen zu liefern und mögliche Fehler zu finden. Das schaffe Vertrauen.
OhneVertrauen in den Staat, dass er keinerlei persönliche Daten – Telefonnummern, Bewegungsprofile, Fotos – bekommt und die versprochene Anonymisierung nicht rückgängig machen kann, hat die App keine Chance. Sie wird aber nur zur Eindämmung der Corona-Pandemie beitragen können, wenn sie möglichst viele Menschen – freiwillig – auf ihrem Smartphone herunterladen. Am besten etwa 40 bis 50 Millionen Bürger. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die App solle rechtzeitig zur geplanten Rückkehr zur Reisefreiheit in Europa Mitte Juni fertig sein.
Und so soll sie funktionieren: Wenn sich Nutzer – in einem für die Infektion mit dem Virus möglichen Abstand und Zeitraum – begegnen und auf ihren Smartphones die Tracing-, also Rückverfolgungs-App heruntergeladen ist, werden über Bluetooth Zahlenfolgen (IDs) ausgetauscht, was wie ein digitaler Handschlag wirkt. Die App speichert den Kontakt für voraussichtlich 14 Tage – die maximale Inkubationszeit desVirus.Wer sich mit der Lungenkrankheit infiziert hat, kann diese Information in die App geben, die dann wiederum die per „digitalem Handschlag“gespeicherten Kontakte warnt.
Eine zentrale Speicherung, wie sie die Regierung zunächst vorsah, gibt es nicht. Die IDs werden nur auf den Smartphones gespeichert, also dezentral beziehungsweise lokal. Niemand erfährt, wer sich infiziert hat, sondern nur, dass man in der Nähe eines Infizierten war. Dann soll man sich umgehend in freiwillige Quarantäne begeben und schnellstmöglich testen lassen – die Test-Kapazitäten seien ausreichend, heißt es. Die dezentrale Lösung schützt besser vor Missbrauch, als wenn sich Unbefugte über Server Zugang zu zentral gespeicherten Daten verschaffen. Um die Nachverfolgung der Infektionsketten bemühen sich bislang die Gesundheitsämter – eine extrem aufwendige und oft nicht erfolgversprechende Arbeit.
Domscheit-Berg rät der Bundesregierung zu einer breiten Informationskampagne: Spots im Fernsehen, Anzeigen, Erklärungen. Damit hat die Regierung bereits angefangen. Das Logo für die App verbreitete sie am Freitag: Ein blau-rotes C wie Corona mit stilisierten virentypischen Kronenzacken. Die Kampagne entwickelt dieWerbeagentur, mit der die Regierung grundsätzlich zusammenarbeitet: Zum Goldenen Hirschen.
Slogans sollen nach einem Bericht des „Spiegel“so lauten: „Unsere App-traktion des Jahres“. Und: „Kleine App, große Wirkung“. Und: „Diese App kann nichts, außer Leben retten.“Klar ist aber auch: Die App kann eine Ansteckung nicht verhindern. Dafür muss man weiter Abstand halten. Und das noch eine lange Zeit, bis das Virus gestoppt oder ein Impfstoff gefunden ist.
DÜSSELDORF (maxi) Nach dem Ausbruch von Corona in einem Schlachthofbetrieb im Kreis Coesfeld hat NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) scharfe Kritik an der Werkvertragspraxis geübt. „Wir müssen beim Thema Fleisch handeln und brauchen neue bundesgesetzliche Grundlagen“, forderte der Minister. Er sei diesbezüglich mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einer Meinung. Laumann sprach von „Zuständen, die weder mit unserem Menschenbild noch mit der sozialen Marktwirtschaft vereinbar sind“. Er wandte sich zwar nicht grundsätzlich gegen Werkvertragsverhältnisse; es könne jedoch nicht Aufgabe von Werkvertragsnehmern sein, das Kerngeschäft eines Unternehmens zu erledigen – wie im Falle der Fleischindustrie üblich. Die Schlachthofbetreiber und nicht die Subunternehmer müssten verantwortlich für die Unterbringung der Mitarbeiter sein, damit der Arbeitsschutz diese Wohnungen auch kontrollieren könne. „Ein Verbot von Werkverträgen in Schlachthöfen wäre mir sehr recht, es wäre das Konsequenteste. Dann hätten die Schlachthöfe die Aufgabe, die Arbeitnehmer selber fest anzustellen – wie wir das in großen Teilen der Landwirtschaftlich haben.“Einen entsprechenden Vorschlag habe Clemens Tönnies, der größte Fleischproduzent des Landes, in einem Brief an Laumann unterbreitet.
Dem Gesundheitsminister zufolge lässt sich der Corona-Ausbruch in Coesfeld klar auf die Firma Westfleisch zurückführen. Deshalb sollen die Beschränkungen, die dem Kreis auferlegt wurden, am Montag wieder aufgehoben werden.
40 bis 50 Millionen Bürger müssen die App nutzen, damit sie einen Nutzen hat