Altstadt-Wirte sind sauer auf die Stadt
Die Polizei und der Ordnungsdienst mussten am Wochenende nicht eingreifen. Der Drei-Stufen-Plan steht in der Kritik.
Nach den Ankündigungen von OB Geisel, Kneipen bei steigenden Infektionszahlen zu schließen, reagieren die Wirte mit Unverständnis.
DÜSSELDORF Nachdem Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) am Freitag für den Fall wieder steigender Infektionszahlen mit dem Schließen von Kneipen, die nur Getränke anbieten, gedroht hatte, ist die Stimmung in der Altstadt angespannt. „Wir sind verwundert darüber, dass wir, obwohl wir in regelmäßigem persönlichen Austausch mit Vertretern der Stadt stehen, über die Inhalte nicht im Vorfeld informiert wurden beziehungsweise diese mit uns nicht besprochen worden sind“, heißt es in einer Stellungnahme der Altstadtwirte.
Was denWirten sauer aufstößt: Es gebe ihrer Ansicht nach keine Hinweise darauf, dass Menschenansammlungen in der Altstadt etwas mit der Inzidenz-Zahl zu tun haben. Die 7-Tage-Inzidenz zeigt an, wie viele Neuerkrankungen in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner aufgetreten sind. Steigt dieser Wert auf 30, sollen die ersten Einschränkungen in der Altstadt gelten. Vorige Woche hatte er zeitweise bei 22 gelegen.
Die Altstadt-Wirte fürchten auch, dass ein von der Stadt angedachtes Musikverbot ab 22 und eine Sperrzeit ab 1 Uhr die Probleme eher verschärfen als lösen würde. Dann würden sich nämlich noch mehr Gäste auf den öffentlichen Flächen aufhalten. Und schließlich sprechen sich die Wirte für eine temporäre Maskenpflicht aus. Ordnungsdezernent Christian Zaum hatte von einer„trügerischen Sicherheit“im Zusammenhang mit Masken gesprochen.
Wie war die Situation am Wochenende? Die Feiernden hatten sich in den vergangenenWochen besonders zu vorgerückter Stunde kaum an Mindestabstände und das Tragen von Mund-Nasen-Schutz gehalten. Die Stadt setzte eine Koordinierungsgruppe ein, um schneller eingreifen zu können, wenn sich zu viele Menschen vor den Kneipen und am Burgplatz drängeln. Immer wieder musste die Freitreppe geräumt werden. Am Freitag- und Samstagabend sitzen vor allem junge Leute dort dicht an dicht. Polizei und Ordnungsamt zeigen Präsenz, sprechen die Personen an. Auf Bolker- und Kurze Straße ist es zwar nach wie vor voll, aber die Menge bleibt überwiegend in Bewegung. Die Stimmung ist gut und entspannt. Hier und da hört man Gegröle.
In der Nähe des Lokals En de Canon, dessen Wirtin in den vergangenen Tagen massive Probleme mit randalierenden Jugendlichen hatte, kommt es am Samstagabend zu einer verbalen Auseinandersetzung zweier Gruppen. 40 bis 50 junge Erwachsene sollen beteiligt gewesen sein, wie ein Augenzeuge berichtet. Als bemerkt wird, dass er die Szene mit seinem Smartphone filmt, wird er massiv bedroht. „Lösch' das Video oder ich bringe dich um. Ich schwöre bei meiner Mutter, ich steche dich ab. Dass so etwas im Herzen der Düsseldorfer Altstadt zu mir gesagt wird, hätte ich nicht erwartet“, sagt der Mann.
Weitgehend verwaist waren die Bänke und Tische des Pop-up-Biergartens am Burgplatz. Dieser ist als Entlastung für die Brauerei Kürzer gedacht. Nur vereinzelt saßen dort Gäste wie Peter und Melanie Klinkhamels. Die beiden waren seit dem Shutdown das erste Mal im Kino und lassen den Abend bei einem Alt ausklingen. „Wir wollten uns nicht ins Gedränge stürzen und dachten, es ist vielleicht ganz nett, mit Blick auf den Rhein noch etwas zu trinken“, sagt Peter Klinkhamels. Aber so richtig wohl fühlt sich das Paar nicht. „Es ist ungemütlich hier zu sitzen mit den Absperrungen um uns herum“, sagt Melanie Klinkhamels mit Blick auf die umgrenzenden Gitter.
Partyszene verlagert sich Die Partyszene, deren Clubs und Discos geschlossen sind, verlagert sich offensichtlich auf die Promenade. Alle paar Meter stehen Grüppchen, nicht wenige mit eigener Musik und Getränken, teils in Koffern angekarrt. Bis zum Stadtstrand an der Kniebrücke zieht sich die Partymeile. Manche haben Klapptische und -stühle dabei. Semra (19), Bushra (18) und Emine (19) treffen sich regelmäßig samstags am Stadtstrand. „Wo sollen wir denn sonst hingehen?“, fragt Emine. „Die Clubs sind alle zu, nirgendwo können wir mal tanzen gehen, Konzerte gibt es keine, und nur zu Hause rumhocken ist auch langweilig“, sagt Semra.
Gefragt, was sie von dem DreiStufen-Plan zur Eindämmung des Virus hält, sagt Bushra: „Ich finde die Maßnahmen wirklich richtig, und vielleicht sind sie auch noch nicht streng genug.“Mit Blick auf die volle Promenade fügt sie hinzu: „Vor Corona war hier nie so viel los. Jetzt habe ich das Gefühl, ich sitze auf dem Bahnhofsvorplatz bei all den Leuten, die unterwegs sind“. Sicher fühlen sich die jungen Frauen trotz Polizeipräsenz auch nicht. „Je später es wird, desto eher muss man damit rechnen, angepöbelt zu werden“, sagt Semra. Ihre Freundin Emine ergänzt, „und das nicht nur auf der Promenade oder am Burgplatz. Das passiert vor allem in den Seitenstraßen, wo die Typen mit Bier und Musik zusammenstehen. Da ist keine Polizei unterwegs“. Weiterer Bericht