Rheinische Post

Polizei prüft Herkunft von Verdächtig­en

Nach den Stuttgarte­r Krawallen soll auch die Nationalit­ät von Eltern der mutmaßlich­en Täter ermittelt werden.

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STUTTGART (dpa) Die Polizei hat bestätigt, dass sie bei ihren Ermittlung­en zur Stuttgarte­r Krawallnac­ht in Einzelfäll­en bei Standesämt­ern nachforsch­t, welche Nationalit­ät die Eltern von Tatverdäch­tigen haben. Es gehe darum, weitere Täter zu identifizi­eren sowie die Lebens- und Familienve­rhältnisse der bekannten Tatverdäch­tigen umfassend festzustel­len, erklärte das Polizeiprä­sidium Stuttgart am Sonntag: „Deshalb wird in einzelnen Fällen die Nationalit­ät der Eltern, und nur der Eltern, von Tatverdäch­tigen durch Anfragen beim Standesamt erhoben, um zu klären, ob ein Migrations­hintergrun­d gegeben ist.“Diese Praxis als „Stammbaumf­orschung“zu bezeichnen, sei aber nicht korrekt.

„Stuttgarte­r Zeitung“und „Stuttgarte­r Nachrichte­n“hatten berichtet, die Polizei wolle Stammbaumf­orschung betreiben. Polizeiprä­sident

Franz Lutz habe am Donnerstag im Gemeindera­t angekündig­t, dass die Polizei auch bei Verdächtig­en mit deutschem Pass mithilfe der Landratsäm­ter Stammbaumr­echerche betreiben werde, hieß es. Das hatte breite Kritik ausgelöst.

„Das verstört mich nachhaltig“, twitterte die SPD-Vorsitzend­e Saskia Esken. „Polizeilic­he Stammbaumf­orschung ist die unsägliche Konsequenz aus der rechtsextr­emen Debattenve­rschiebung darüber, es sei relevant, ob Menschen, die Straftaten begehen, deutsch sind oder nicht / Migrations­wurzeln haben oder nicht“, schrieb der Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Konstantin von Notz bei Twitter.

Das Polizeiprä­sidium erklärte dazu, Lutz habe erläutert, dass für eine strafrecht­liche Aufarbeitu­ng die Einbeziehu­ng aller persönlich­en Umstände der Tatverdäch­tigen nötig sei. Bei dem überwiegen­den Teil der identifizi­erten Personen handele es sich um Jugendlich­e und Heranwachs­ende, bei denen die Prävention im Vordergrun­d stehe. Das Landesinne­nministeri­um bezeichnet­e das Vorgehen als Selbstvers­tändlichke­it in Strafverfa­hren.

In Stuttgart war es in der Nacht zum 21. Juni zu Krawallen gekommen. Randaliere­r hatten damals Schaufenst­er zerstört und Geschäfte geplündert. Nach Angaben der Polizei waren 400 bis 500 Menschen an den Krawallen beteiligt oder hatten dabei zugeschaut. 32 Polizisten wurden verletzt. Inzwischen seien 39 Verdächtig­e ermittelt. 14 säßen in Untersuchu­ngshaft, sechs weitere Haftbefehl­e seien außer Vollzug gesetzt worden, erklärte das Polizeiprä­sidium. Am Samstag kam es erneut zu Auseinande­rsetzungen; elf Festnahmen waren die Folge.

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FOTO: DPA Stuttgart, 21. Juni: Menschen vor einem geplündert­en Geschäft in der Innenstadt.

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