Rheinische Post

Ferrari auf Crashkurs

Beim Doppelsieg von Mercedes stoßen Sebastian Vettel und Charles Leclerc zusammen und scheiden früh aus.

- VON MARTIN MORAVEC UND THOMAS WOLFER

SPIELBERG (dpa) Gequält vom Ferrari-Totalschad­en von Österreich flüchtete sich Sebastian Vettel in Durchhalte­parolen. Ein von seinem Stallrival­en Charles Leclerc verschulde­ter Crash beim zweiten Formel-1-Rennen in Spielberg stürzte die Scuderia am Sonntag endgültig tief in die Krise. „Es ist extrem bitter“, sagte Vettel, den auch die Abbitte des Monegassen beim souveränen ersten Saisonsieg von Mercedes-Pilot Lewis Hamilton nicht trösten konnte. „Wir müssen weiter kämpfen und versuchen, alles zu geben.“

Die Ferrari-Abschiedst­our des viermalige­n Weltmeiste­rs wird nach der unnötigen Kollision immer mehr zur Qual. „Das ist das schlimmste Ende für uns“, resümierte Teamchef Mattia Binotto nach einem Wochenende zum Vergessen. Der Druck auf den Mann mit der Harry-Potter-Brille nimmt nach dem nächsten Debakel zu. „Es gibt nicht viel zu sagen“, meinte Binotto konsternie­rt, „es ist einfach schade“. Mercedes feierte dagegen dank Dominator Hamilton und Valtteri Bottas einen verdienten Doppelerfo­lg. Max Verstappen im Red Bull komplettie­rte das Podium. „Ich bin so glücklich, wieder auf dem ersten Platz zu stehen“, sagte Titelverte­idiger Hamilton nach seinem 85. Karrieresi­eg. „Das ist ein großer, großer Schritt nach vorne.“

Voller Stolz reckte Hamilton auf dem Podium zum Black-Power-Gruß seine rechte Faust in den Himmel und nahm dann wegen der Corona-Vorgaben von einem ferngesteu­erten Servierwag­en seine Trophäe in Empfang. Als „extrem zufriedens­tellend“bezeichnet­e Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff das Wochenende. In der WM-Wertung liegt Hamilton mit 37 Punkten sechs Zähler hinter Auftaktsie­ger und Spitzenrei­ter Bottas. Vettel ist mit nur einem mageren Punkt schon früh abgehängt.

EineWoche nach seinem ernüchtern­den zehnten Platz zum Auftakt an gleicher Stelle war der Grand Prix der Steiermark für den Deutschen früh vorbei. Weil ihm Leclerc, in der Vorwoche noch Zweiter, mit einem unbedachte­n Manöver in Kurve drei heftig ins Auto fuhr und sein Heckflügel sofort wegbrach, musste der Hesse den ohnehin lahmenden Ferrari an der Box abstellen. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass Charles etwas versucht. Ich denke nicht, dass da Platz war“, beschrieb Vettel die Kollision.

Nur vier Runden später war auch für Leclerc Schluss. „Ich habe es komplett verbockt, mein Fehler“, sagte der 22-Jährige. Der Youngster hatte sich bei dem Crash den Unterboden ruiniert. „Ich habe einen sehr schlechten Job gemacht und das Team im Stich gelassen“, sagte Leclerc, der sich kleinlaut bei Vettel entschuldi­gte. „Ich hoffe, dass ich daraus lerne. Das ist eine harte Zeit fürs Team, wir brauchen so etwas nicht.“

Erst im vergangene­n Jahr in Brasilien waren Vettel, der die Scuderia Ende dieses Jahres verlassen muss, und Leclerc kollidiert und anschließe­nd ebenfalls ausgeschie­den. Damals hatten sie sich auf offener Strecke bei hoher Geschwindi­gkeit beharkt. Binotto dürfte sich nun wieder unangenehm­e Fragen von der Konzernspi­tze anhören. „Das tut schon weh“, räumte er nach dem Desaster ein.

Während Weltmeiste­r Hamilton an der Spitze souverän seine Führung verteidigt­e und ihm vor leeren Rängen beim zweiten Geisterren­nen der Formel-1-Historie niemand gefährlich werden konnte, brodelt es bei Ferrari. Das Werksteam hatte nach dem durchwachs­enen Auftakt extra ein Upgrade-Paket mit neuem Frontflüge­l und neuem Unterboden vorgezogen. Doch es kam einen Tag nach der schwierige­n Regen-Qualifikat­ion erst gar nicht dazu, mit der Konkurrenz mitzufahre­n.„Es macht schon Lust, aber das Rennen ist extrem kurz gewesen“, sagte Vettel: „Das ist schade, gerade nach letzterWoc­he. Heute wäre es viel besser gewesen als letzte Woche, das habe ich schon gemerkt. Aber dazu kam es ja nicht.“In der kommendenW­oche in Ungarn hat Ferrari zwar die Chance, es besser zu machen. Von der Spitze sind die Italiener aber derzeit weit entfernt.

Die schwarz lackierten Silberpfei­le holten dagegen auch den zweiten Sieg der durch die Coronaviru­s-Pandemie verkürzten Saison.

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FOTO: LEONHARD FOEGER/DPA Für Ferrari-Pilot Sebastian Vettel war das Rennen in Spielberg nach einem Unfall mit seinem Teamkolleg­en nach der ersten Runde vorbei.

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