Nachspielzeit rettet Nürnberg
Der Zweitligist schießt sich in der 96. Minute in Ingolstadt zum Klassenerhalt.
INGOLSTADT (dpa) Nach der kurzen Busfahrt zurück nach Franken erlebten die Nürnberger Relegations-Glücksritter um den neuen „Club“-Helden Fabian Schleusener einen Fan-Empfang mit Pyrotechnik und überkochenden Emotionen. Es brannte Samstagnacht am Valznerweiher – so wie wenige Stunden zuvor nach dem dramatischen 1:3 (0:0) gegen den FC Ingolstadt im nur 90 Kilometer entfernten Audi-Sportpark. Pöbeleien, Beschimpfungen, erhobene Fäuste: Die Nerven gingen nach dem Abpfiff auch ohne Fans im Inneren des Audi-Sportparks bei einigen Akteuren wie Ingolstadts wütendem Kapitän Stefan Kutschke durch. Die Gemüter ließen sich kaum beruhigen nach gegenseitigen Provokationen.
Der aufgewühlte Interimscoach Michael Wiesinger bündelte das irre Geschehen in drastischen Worten: „Mit unserem „Club“, unserem 1. FC Nürnberg, in der 96. Minute den Sarg noch mal zu öffnen, herauszusteigen und die 2. Liga zu sichern, hat mich sehr bewegt.“Wiesinger heulte. In der sechsten Minute der Nachspielzeit hatte Joker Schleusener mit seinem Auswärtstor die Franken, die das Hinspiel 2:0 gewonnen hatten, vor der Drittliga-Katastrophe bewahrt und einer Alptraum-Saison doch noch ein glückliches Ende beschert. „Ich habe ein Gefühlschaos in mir. Ich weiß nicht, ob ich jemals so viele Männer in Tränen gesehen habe. Unfassbar, was hier heute passiert ist“, stammelte Schleusener.
Nach drei Freistößen von Marcel Gaus, die in Windeseile zu drei FCI-Toren von Kutschke, Tobias Schröck und Robin Krauße führten, blickte der „Club“wie 1994 in den Abgrund zur Drittklassigkeit. Der freie Fall von der ersten in die dritte Liga wurde unmittelbar vor dem Aufprall gestoppt. Die Ingolstädter tobten. Der Drittligist fand den Buhmann in Schiedsrichter Christian Dingert, der länger als die angezeigten fünf Minuten nachspielen ließ und sich ein vermeintliches Foul vor Schleuseners Torgrätsche nicht selbst ansah, sondern allein der Einschätzung des Video-Assistenten vertraute. „Die Mannschaft hat Unglaubliches geleistet, dann wirst du so bestraft, das ist brutal“, stöhnte Trainer Tomas Oral, der mit dem FCI vor einem Jahr in der Relegation abgestiegen war. Schon am letzten Drittliga-Spieltag war den Oberbayern der Zweitliga-Aufstieg von denWürzburger Kickers entrissen worden, die in der Nachspielzeit einen fragwürdigen Elfmeter erhielten und verwandelten.