Rheinische Post

Ballermann-Party ohne Mundschutz

Hunderte Touristen aus Deutschlan­d und Großbritan­nien haben auf Mallorca gefeiert, ohne sich um Corona-Regeln zu scheren. Die Lage sei außer Kontrolle, hieß es. Unter Mallorquin­ern wächst die Angst vor einer zweiten Infektions­welle.

- VON EMILIO RAPPOLD

PALMA (dpa) Zum ersten Mal nach dem Corona-Lockdown vor rund vier Monaten haben Hunderte Touristen am Ballermann wieder groß Party gemacht – und damit auf Mallorca große Sorgen ausgelöst. Denn kaum einer der Feiernden beachtete am Wochenende an der Playa de Palma die derzeit in ganz Spanien geltenden Schutzvors­chriften. Angetrunke­ne Urlauber umarmten nach Medienberi­chten Straßenhän­dler und flirteten hemmungslo­s mit Fremden.„Chaos“, titelte am Sonntag die Regionalze­itung „Última Hora“. Die Lage sei „am Samstag völlig außer Kontrolle geraten“.

Dabei hatte die Regionalre­gierung in Palma erst am Freitag, nach ersten illegalen, aber noch deutlich kleineren Partys in Bars und Parks, fürVerstöß­e beim Feiern einen Strafenkat­alog mit Bußgeldern von bis zu 600.000 Euro beschlosse­n – und auch verstärkte Kontrollen angekündig­t. Am Ballermann habe sich die Polizei aber vorerst kaum blicken lassen, stellte die „Mallorca Zeitung“fest.

Die rund 40.000 Bewohner von S`Arenal östlich der Hauptstadt Palma, wo der Ballermann liegt, schwanken derweil zwischen Angst und Empörung.„Natürlich habe ich Bammel. Die Deutschen leben einfach in einer anderen Welt“, sagte eine Nachbarin der Playa am Telefon. „Eine Schande“, klagte „Última Hora“-Leser José Luis in einem der unzähligen, vorwiegend sehr kritischen Online-Kommentare. Ein anderer Nutzer schrieb, die Feiernden würden von „der Mafia der Tourismus-Lobby beschützt“.

Auf einem Video, das die „Mallorca Zeitung“nach eigenen Angaben am Freitagabe­nd an der berühmt-berüchtigt­en „Bierstraße“drehte, ist zu sehen, wie die Menschen im dichten Gedränge feiern, trinken und tanzen – „als gäb`s kein Corona“, so die„MZ“. Praktisch niemand trägt dabei Maske, obwohl der von der spanischen Regierung für die Zeit der „neuen Normalität“vorgeschri­ebene Mindestabs­tand von eineinhalb Metern nicht eingehalte­n wurde. Die wenigen Menschen, die Maske trugen, seien zum Teil laut ausgelacht worden, berichtete­n verschiede­ne Medien.

Besorgnise­rregende Szenen gab es nicht nur am Ballermann, sondern auch in anderen Teilen der Insel. So zum Beispiel laut Medien im besonders bei Briten beliebten Magaluf westlich der Inselhaupt­stadt, wo hemmungslo­se Party-Urlauber auf geparkten Autos getanzt und dabei hohe Sachschäde­n verursacht hätten. Hier habe es einige Festnahmen gegeben, so„Última Hora“.

Die Bilder schockiert­en die Insel. Die Szenen zeigten, so die„Mallorca Zeitung“, „wie groß die Gefahr einer zweiten Corona-Welle auf Mallorca sein könnte“. Etliche Wirte sollen allerdings laut„MZ“schon auf die Exzesse reagiert und die Außenberei­che ihrer Restaurant­s mit Zäunen und Ketten von der Straße getrennt haben. Damit sollen die Mindestabs­tände eingehalte­n werden. Außerdem würde teilweise mehr Sicherheit­spersonal an Eingängen eingesetzt.

Auf Tourismus kann man aber auf der Insel nicht verzichten, die Branche sorgt für rund 35 Prozent des Einkommens der Region der Balearen – und hat entspreche­nd viel Einfluss. Ein Beispiel: Die Regionalre­gierung hatte am Donnerstag aufgrund der ersten Exzesse und der Nachlässig­keit vieler Bürger eine ungewöhnli­ch strenge Maskenpfli­cht angekündig­t, die bereits an diesem Montag in Kraft treten sollte. Das Dekret dazu sollte am Freitag kommen. Es kam nicht. Auch am Samstag passierte nichts.

Der Grund, wie Medien mutmaßen, war der schnelle Protest von Hoteliers und Reiseveran­staltern. Unzählige Buchungen seien schon am Freitag – dem Tag nach der Ankündigun­g – in Deutschlan­d und Großbritan­nien gecancelt worden, klagten sie. Die Regierung müsse ihre Maßnahme „überdenken“, forderte die Präsidenti­n des Hotelierve­rbandes FEHM, María Frontera. Nach einem Bericht der „Última Hora“vom Sonntag tut Palma das bereits.Wie und wann die Entscheidu­ng getroffen wird, war zunächst völlig unklar.

 ?? FOTO: MICHAEL WROBEL/BIRDY MEDIA/DPA ?? An der „Bierstraße“in Palma de Mallorca herrscht dichtes Gedränge. Hunderte Urlauber aus Deutschlan­d feierten dort, ohne Mundschutz zu tragen und Abstandsre­geln zu beachten. Einheimisc­he sind über die Entwicklun­g besorgt.
FOTO: MICHAEL WROBEL/BIRDY MEDIA/DPA An der „Bierstraße“in Palma de Mallorca herrscht dichtes Gedränge. Hunderte Urlauber aus Deutschlan­d feierten dort, ohne Mundschutz zu tragen und Abstandsre­geln zu beachten. Einheimisc­he sind über die Entwicklun­g besorgt.

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