Rheinische Post

Büdchentag-Erfinder gründen Verein

Christian Düchtel und Clemens Henle wollen eine Anlaufstel­le für Kiosk-Betreiber sein. Auch wenn dieses Jahr der Büdchentag ausgefalle­n ist, sollen die Nahversorg­er gewürdigt werden. Mit kleinen Events, die gerade in Planung sind.

- VON NICOLE KAMPE

FRIEDRICHS­TADT Jedes Viertel hat sein Büdchen, manches auch zwei oder drei. Dort gibt es Kaffee und die Zeitung, das Brötchen in der Mittagspau­se oder das Bier für den Heimweg am späten Abend. Viele Büdchen sind mehr als nur Nahversorg­er, sie sind Treffpunkt im Stadtteil.„Sie nehmen Päckchen an, oder man kann seinen Schlüssel dort deponieren“, sagt Christian Düchtel, außerdem erfährt man beim Kiosk um die Ecke immer den neusten Klatsch und Tratsch aus der Nachbarsch­aft. Für Düchtel sind Büdchen ein Kulturgut, das erhalten werden muss und mindestens einmal im Jahr mit einem eigenen Tag gewürdigt werden sollte.

Deshalb und auch, weil immer mehr Büdchen schlossen, erfand er gemeinsam mit Clemens Henle 2016 den Büdchentag, an dem es in und vor Kiosken in der Stadt verschiede­ne Aktionen und Events gab. Jetzt, vier Jahre später, haben die beiden einen Verein gegründet, Düchtel und Henle wollen nach den Erfahrunge­n der letzten Jahre und dem positiven Feedback eine feste Anlaufstel­le werden für Büdchen-Betreiber. Die Idee hatten die Büdchen-Liebhaber schon eine Weile. „Wir haben die Corona-Zwangspaus­e genutzt“, erzählt Henle, „da hatten wir mal Zeit.“Statt die fünfte Auflage des Büdchentag­s zu planen, der dieses Jahr am 29. August hätte stattfinde­n sollen, schrieb Henle eine Satzung, lernte, dass es mindestens sieben Mitstreite­r braucht, um einen Verein zu gründen und wälzt sich momentan durch komplizier­te Schreiben des Finanzamts.

Auch wenn noch ein bisschen Arbeit vor Clemens Henle und Christian Düchtel liegt, hoffen die beiden, dass es später einfacher für sie wird. Als Verein würden sie schneller Fördergeld­er bekommen, könnten leichter Sponsoren ansprechen und die Abrechnung­en würden simpler. „Früher haben wir oft Geld vorgestrec­kt, zum Beispiel für die Gema“, sagt Düchtel, der eine alternativ­e Aktion zum ausgefalle­nen Büdchentag im Spätsommer auf die Beine gestellt hat. „Ein Corona-Trostpflas­ter sozusagen“, sagt Henle. 50 Künstler haben A1-Aufsteller gestaltet, die in der Nähe von Büdchentag-Kiosken platziert wurden. Kuratiert wurde das Ganze vom Leiter der Düsseldorf­er Street Art Gallery „Turbo Urban“, Robert „Opty“Roschwig.

Außerdem besprühte die Graffiti-Crew Tao die Fassade der einst so tristen Trinkhalle am Mintroppla­tz.

Und das soll es auch noch nicht gewesen sein mit der Büdchen-Würdigung in diesem Jahr – ein Knochenjob sei das; „viele Betreiber arbeiten 24 Stunden sieben Tage dieWoche“, sagt Henle, der großen Respekt hat, selbst aber nie ein Büdchen führen würde.

Kleine Einzel-Events sind noch in Planung, „vielleicht spielt mal eine Band vor einem Büdchen“, sagt Düchtel, vielleicht gebe es an einem anderen Kiosk einen Mini-Flohoder Weihnachts­markt. „Durch Corona sind spannende neue Formate entstanden“, sagt Düchtel, der sich davon hat inspiriere­n lassen. Er ist überzeugt, dass die Menschen ein Bedürfnis nach Kultur haben, dass sie raus wollen, „wir organisier­en keine großen Partys“, sagt der Bilker, 20 bis 30 Leute pro Veranstalt­ung hat er im Kopf.

Wenn jemand eine Idee hat, kann er oder sie sich melden bei den Vereinsgrü­ndern, „Hauptsache, es gibt einen Bezug zum Büdchen“, sagt Henle, der den kleinen Versorgern eine Lobby geben will, weil es keinen Dachverban­d gibt, die meisten sind auf sich allein gestellt. Außerdem sehen Henle und Düchtel noch so viel Potenzial, vielleicht wird es irgendwann einen NRW-weiten Büdchen-Feiertag geben oder eine App, in der Adressen aufgeliste­t werden mit Sortiment, Preisen und Öffnungsze­iten. Einen Programmie­rer haben die beiden zwar noch nicht, aber ein bisschen Träumen ist ja erlaubt.

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FOTO: HENLE Weil es in diesem Jahr keinen richtigen Büdchentag gab, hat die Graffiti-Crew Tao zumindest ein optisches Zeichen gesetzt: Sie hat die Trinkhalle am Mintroppla­tz neu gestaltet.

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