Heiko Maas sondiert im Erdgasstreit
Der Bundesaußenminister stärkt Zypern in der Auseinandersetzung mit der Türkei den Rücken.
NIKOSIA/ATHEN Als der Regierungsjet mit Heiko Maas am Dienstagvormittag über das östliche Mittelmeer Richtung Zypern düste, kreuzte unter ihm das türkische Forschungsschiff „Oruç Reis“– in einem Seegebiet, das nach den Regeln der Uno-Seerechtskonvention Griechenland als ausschließliche Wirtschaftszone zusteht. Die neue Erkundungsmission der „Oruç Reis“ist ein Rückschlag, auch für Maas. Damit flammt der Konflikt, der im Sommer fast zu einem Krieg geführt hatte, wieder auf. Die maßgeblich von der Bundesregierung vermittelten Sondierungsgespräche, mit denen Griechenland und die Türkei eine Abgrenzung ihrer Wirtschaftszonen ausloten sollten, können vorerst nicht beginnen. Solange sich die„Oruç Reis“in der Region aufhalte, werde Griechenland keine Sondierungskontakte mit der Türkei aufnehmen, sagte Regierungssprecher Stelios Petsas in Athen.
Die Türkei hatte das Schiff erst Mitte September aus den umstrittenen Seegebieten abzogen. Sie reagierte damit auf Sanktionsdrohungen der EU. Staatschef Recep Tayyip Erdogan sagte seinerzeit, man wolle damit„der Diplomatie eine Chance“geben.Vor dem Hintergrund der damaligen Äußerung kann die neuerliche Entsendung der„Oruç Reis“nur als Absage der Türkei an Verhandlungen verstanden werden.
In der zyprischen Hauptstadt Nikosia sprach Maas mit Staatspräsident Nikos Anastasiades und seinem Amtskollegen Nikos Christodoulides. Maas versicherte auf der Insel:„Deutschland und die Europäische Union stehen solidarisch an der Seite Zyperns und Griechenlands.“Die Entsendung des türkischen Forschungsschiffes sei das „Gegenteil einer vertrauensbildenden Maßnahme“.
Schon vor seinem Abflug hatte Maas „alle Seiten“ermahnt, an einem vernünftigen Nachbarschaftsverhältnis zu arbeiten. Er appellierte an die Türkei, „das gerade geöffnete Dialogfenster nicht durch einseitige Maßnahmen wieder zuzustoßen“. Falls es tatsächlich zu neuerlichen türkischen Gasexplorationen in den umstrittenen Seegebieten kommen sollte, „wäre das ein herber Rückschlag für die Bemühungen um eine Deeskalation und damit auch für die Fortentwicklung der EU-Türkei-Beziehungen“, sagte Maas. Da kreuzte die „Oruç Reis“aber bereits südlich von Kastelorizo. Den Versuch, seinen türkischen Kollegen Mevlüt Çavusoglu umzustimmen, machte er gar nicht erst und sagte eine für Mittwoch geplanteWeiterreise in die Türkei ab. In Griechenland, wo Maas am Abend erwartet wurde, verstärkt sich der Eindruck, dass die türkische Seite die geplanten Sondierungsgespräche gezielt torpediert. Tatsächlich dürften die Aussichten, dass die Regierung in Ankara ihre Forderungen auf dem Verhandlungsweg durchsetzen kann, sehr gering sein. Die türkische Position widerspricht der Uno-Seerechtskonvention.