Kümmern wir uns um die Einsamen!
Ausgerechnet November. Der Oktober kann golden sein, den Dezember prägt die Vorfreude auf Weihnachten mit der Familie. Was aber bietet der November? Nur wenig Erhellendes. Die Stimmung ist häufig wie das Wetter – düster, von Nebel verhangen, feuchtkalt. Zu diesem emotionalen Tiefpunkt passt, was Kanzlerin und Ministerpräsidenten verordnet haben: zu Hause bleiben. Zerstreuungen, Vergnügungen außerhalb der eigenen vier Wände? Fast alles verboten. Wer das positiv sehen will, könnte von einer guten Gelegenheit sprechen, in sich zu gehen. Und tatsächlich werden wir in den kommenden vier Wochen reichlich Zeit und Muße haben, das eigene Ich zu erkunden – mit einem guten Buch, einem Gläschen Wein, einem verständnisvollen Partner. Wer aber gerade in trüben Novembertagen frohe Momente braucht, spürt den depressiven Druck umso mehr. Der ist beim November gewissermaßen Programm. Es ist der Sterbemonat. Die Todesanzeigen füllen ganze Seitenstrecken. Labile Menschen, so sagen die Psychologen, neigen eher dazu, ihr ganzes Leben infrage zu stellen. Die Kirchen rufen zum Totengedenken auf – Allerheiligen, Allerseelen, Totensonntag, Volkstrauertag. Die Bürgerschaft gedenkt der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, von Diktatur und Vernichtung. Die wenigen Stimmungsaufheller sind nun gestrichen. Kein Laternenumzug mit frohem Kindergesang zu Sankt Martin, kein Humtata zum Hoppeditzerwachen. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Zusammenhalt sich nicht allein über Fröhlichkeit definiert (wenn auch hierzulande gern und ausgiebig gefeiert wird). Was dem November-Blues entgegenwirkt, ist Geborgenheit und das Wissen um geliebte Menschen, die einem nahe sind. Kümmern wir uns im November also um jene, die einsamer sind als wir!