Höchstens „Erstis“dürfen auf den Campus
Angesichts der Pandemie wird es für die meisten Studierenden im Wintersemester unmöglich sein, in die Hochschulen zurückzukehren.
DÜSSELDORF Kein gemeinsames Brüten über Stundenplänen in der Cafeteria, kein erstes Uniluft-Schnuppern in überfüllten Hörsälen, und auch keine Kneipentouren oder Stadtrallyes: Wer in diesen Wochen als Erstsemester sein Studium beginnt, der muss vor allem eins – ziemlich selbstständig sein. Denn die großen Begrüßungswochen der neuen Studierenden, sie fallen entweder coronabedingt aus – oder finden online statt.
Immerhin: An manchen Hochschulen dürfen wenigstens die„Erstis“noch an den Campus, für höhere Semester wird das kommende Wintersemester dagegen erneut ein rein digitales. Angesichts der andauernden Covid-19-Pandemie sieht der Deutsche Hochschulverband (DHV) für Präsenzveranstaltungen an Hochschulen auch im kommenden Wintersemester enge Grenzen.
„Universitäten sind ihrem Selbstverständnis nach keine Fernuniversitäten. Die direkte Begegnung und der Austausch vor Ort beschreiben die Regel, das Lernen auf Distanz die Ausnahme“, erklärte der Präsident des DHV, Bernhard Kempen. „Eine Rückkehr zu dieser Normalität kann während eines dynamischen Infektionsgeschehens wie der aktuellen Covid-19-Pandemie nur vorsichtig und schrittweise unter strikter Einhaltung der medizinisch gebotenen Sicherheitsabstände und Hygienestandards erfolgen. Auf keinen Fall dürfen Universitäten zu Brandherden oder gar Treibern der Krankheit avancieren.“Realistisch sei davon auszugehen, dass die Lehre größtenteils weiter online ablaufe. „Eine Rückkehr zum Universitätsalltag vor Corona bleibt das Ziel, aber das ist noch ein weiter Weg”, so Kempen. Die Hochschule Niederrhein hält derzeit noch daran fest, ein sogenanntes hybrides Semester zu starten, Präsenzlehre und digitale Angebote sollen parallel laufen.
„Wir alle – und damit meine ich Studierende und Lehrende – haben im Sommersemester gesehen, dass digitale Lehre funktioniert – und gleichzeitig gemerkt, wie sehr der persönliche Kontakt fehlen kann“, sagt Berthold Stegemerten, Vizepräsident für Studium und Lehre an der Hochschule Niederrhein. „Studieren heißt mehrals in Lehrveranstaltungen zu sitzen. Studieren heißt im Gespräch zu sein, diskutieren zu können, in der Mensa, auf dem Campus, im Gang vor dem
Seminarraum. Das soziale Miteinander an der Hochschule ist wichtig für den Studienerfolg.“
In Krefeld und Mönchengladbach sollen vor allem die Studienanfänger an den Campus kommen dürfen. „Wir haben im digitalen Sommersemester erlebt, dass Studienanfänger weniger gut damit zurechtkommen, allein in den eigenen vier Wänden zu sitzen und zu studieren. Das eigenverantwortliche Lernen fällt ihnen noch schwer.“
Für die Erstsemester werden daher so viele Präsenzveranstaltungen wie möglich stattfinden“, sagt Stegemerten. Dafür wird ein großer logistischer Aufwand betrieben: Maximal 50 Studierende dürfen in einer Lerngruppe sein, nicht alle Räume sind überhaupt nutzbar. Um nachvollziehen zu können, wer wann in welcher Veranstaltung war, nutzt die Hochschule eine App, Zettel wie etwa beim Besuch von Gaststätten müssen nicht ausgefüllt werden
Anfang November – und damit deutlich später als sonst – beginnt auch dasWintersemester an der Uni Duisburg-Essen. Erstsemester können sich umfassend online informieren: Es gibt virtuelle Touren über den Campus, über Zoom kann man andere „Erstis“kennenlernen und Fragen stellen. Auch zu Einführungsveranstaltungen trifft man sich an PC oder Tablet, ebenso präsentieren sich auf der Uni-Webseite alle Hilfsangebote, die nicht nur den Erstsemestern bei Fragen und Problemen unter die Arme greifen.
Laptops können sich Studierende aller Semester auch bei der Uni ausleihen und über das Referat für Sozialpolitik des Asta beantragen. Denn: Am Campus sind Arbeitsplätze Mangelware.Während normalerweise mehr als 6000 Besucher in der Universitätsbibliothek ein- und ausgehen, sind die Kapazitäten nun stark begrenzt. Rund 100 Arbeitsplätze stehen den Studierenden zu Verfügung, in zwei Zeitfenstern: morgens und nachmittags.
Auch an der Uni Düsseldorf bleiben Veranstaltungen in Hörsälen und Seminarräumen eine Ausnahme. Aber: Studienanfänger dürfen sich über einige Angebote in Präsenz freuen, die ihnen den Einstieg erleichtern sollen. Außerdem ist es laut Uni das Ziel, jedem Studierenden wenigstens eine Veranstaltung am Campus zu ermöglichen.
Auch in Düsseldorf dürfen maximal 50 Personen an einem Seminar teilnehmen, dafür wurden individuelle Lüftungskonzepte für die Hörsäle erstellt, diese sind außerdem bis 20 Uhr am Abend nutzbar. An der Hochschule Düsseldorf möchte man ebenfalls mehr Präsenzveranstaltungen als im vergangenen Sommersemester anbieten. Vor allem Laborpraktika in technischen Fachbereichen undWerkstattübungen in gestalterischen Bereichen sollen stattfinden.
Zurück auf den Campus dürfen die Studierenden der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf. Dort sollen sogar Chorproben möglich sein – indem man eine Kirche als Unterrichtsort nutzt. Grundsätzlich wurde jeder Raum der Hochschule danach bewertet, ob er sich für Einzelunterricht bis hin zu größeren Ensembleproben eignet. Dafür hat man die Unterrichtszeit bis 22 Uhr erweitert. Die Studierenden werden auch wieder Konzerte vor Publikum spielen, es soll Klassenabende, Solo- und Kammerkonzerte sowie Lunchtime-Konzerte geben.
Übrigens: Es gibt durchaus auch positive Effekte, die die Corona-Pandemie auf die Lehre an den Hochschulen hat, so Berthold Stegemerten von der Hochschule Niederrhein: „Zoom beispielsweise ist ein tolles Tool, um Experten etwa aus China oder den USA in die Lehre einzubinden und schon die Studierenden mitWissenschaftlern aus der ganzenWelt zu vernetzen. Überhaupt sind Projekte über Ländergrenzen hinweg nun viel einfacher und selbstverständlicher möglich. Und: Unsere Studierenden steigern durch den ständigen Umgang mit digitalen Formaten ihre Medienkompetenz ganz gewaltig – das ist für die Berufswelt natürlich sehr nützlich.“
„Auf keinen Fall dürfen Universitäten zu Brandherden der Krankheit avancieren“Bernhard Kempen Deutscher Hochschulverband