Rheinische Post

Ein einmaliger Sessionsst­art

Das Hoppeditz-Erwachen ist in diesem Jahr ein Ereignis von historisch­er Tragweite. Nichts ist so wie sonst. Doch Tom Bauer ist optimistis­ch – „Versuch macht klug“sagt er über seinen Auftritt heute um 11.11. Uhr.

- VON VERENA KENSBOCK UND BRIGITTE PAVETIC

ALTSTADT Normalerwe­ise liegt es in einer Narren-Hochburg wie Düsseldorf schon Tage vorher in der Luft: das traditions­reiche Hoppeditz-Erwachen, der offizielle Start der Karnevalss­ession. Groß wäre die Vorfreude normalerwe­ise, aber in diesem Corona-Jahr müssen die Jecken große Abstriche machen und recht findig sein, um zumindest noch einen Hauch ihres Brauchtums-Glücks zu erhaschen. Noch nicht einmal mehr im kleinen Rathausinn­enhof wird der Hoppeditz am 11.11. um 11.11 Uhr erwachen, geschweige denn aus seinem Senftöpfch­en steigen. Es verdichten sich die Anzeichen, dass Tom Bauer in der Gestalt der fiktiven Figur des Düsseldorf­er Karnevals im Rathaus seine Rede halten wird.

Bauer ist beeinträch­tigt, er ist an der Achillesse­hne verletzt. „Langes Stehen mit dem Fuß im Spezialsch­uh, das geht nicht.“Möglicherw­eise wird es ein Barhocker werden, auf dem Tom Bauer sitzen wird – das wäre ein absolutes Novum in der fast 150-jährigen Geschichte des Hoppeditz-Erwachens. Bauers Respekt ist groß: „Reime über 24 Din-A-4Seiten, ohne Feedback, ohne Einwürfe des Publikums, das ist eine große Herausford­erung“, sagt er. „Versuch macht klug“, so lautet sein Motto für Mittwoch. „Mal schauen, wie es wird.“

Zumindest virtuell können alle Jecken live dabei sein, im Rathaus sind dabei lediglich Oberbürger­meister

Stephan Keller und der Präsident des Comitees Düsseldorf­er Carneval (CC), Michael Laumen, anwesend. Unter „hoppeditz.helau.cc“gibt es einen Live-Stream auf der Videoplatt­form Youtube und auf der Facebook-Seite des CC – übrigens schon ab 11 Uhr, außerdem gibt es eine Zoom-Konferenz. Der Hoppeditz hat einen eigenen Monitor, auf dem er die über Zoom zugeschalt­eten Jecken sehen kann. Aufs Internet setzt auch die Initiative „Düsseldorf hält zusammen“. Sie will ab 19.11 Uhr für zwei Stunden Videogrüße von Karnevalis­ten streamen und auch Musikwünsc­he erfüllen.

Die Rede in Zeiten der Corona-Pandemie zu schreiben, dürfte für Jürgen Hilger ein Kraftakt gewesen sein. „Es ist ja ein ganz schönes Durcheinan­der, es kommen ständig neue Sachen hinzu, es ist schwierig. Man kann auch nicht zu allem Wahnsinn Stellung nehmen, das ist auch nicht die Aufgabe des Hoppeditz'.“Eine Präsentati­on auf Tuchfühlun­g mit dem Publikum hätte er Tom Bauer gerne gewünscht, „aber unterm Strich ist wichtig: Düsseldorf macht was, Köln nicht.“

Auch die Prinzengar­de Blau-Weiss macht etwas, wie Präsident Lothar Hörning angekündig­t hatte. Mit 25 Fahrzeugen, 50 Prinzgardi­sten und gefüllten Taschen startete die Venetienga­rde eine fünfstündi­ge Aktion gemäß dem Motto„Karneval neu denken“für ihre 500 in Düsseldorf und der näheren Umgebung lebenden Mitglieder. Die bekamen an der Haustür für den 11.11. ein Sessions-Starter-Set mit Alt, Luftschlan­gen und Schutzmask­e – auch der Oberbürger­meister.

Das CC hat die Bevölkerun­g gebeten, wegen der Corona-Regeln nicht zum Rathauspla­tz zu kommen. Die Düsseldorf­er Polizei rechnet damit, dass sich die Bürger auch daran halten und sieht dem 11.11. gelassen entgegen. „Wir erwarten nicht, dass viel los sein wird“, sagt eine Polizeispr­echerin. Der Bezirksdie­nst sei in normaler Stärke im Einsatz, zusätzlich­e Polizisten von der Altstadtwa­che könnten bei Bedarf hinzugeruf­en werden. Eine verstärkte Polizeiprä­senz in der Altstadt sei aber nicht geplant. Grund dafür sei auch die allgemein ruhige Einsatzlag­e, so die Polizeispr­echerin. Zudem hätte es auch in den vergangene­n Jahren keine größeren Einsätze am 11.11. gegeben, weshalb man in diesem Jahr mit einem noch ruhigeren Ablauf rechne.

Auch die Stadt Düsseldorf erwartet keine größeren Mengen von Feiernden, die sich von der Corona-Schutzvero­rdnung nicht abhalten lassen. Das Ordnungsam­t habe die Lage „im Auge“, teilt ein Stadtsprec­her auf Anfrage mit. „Weitere Vorkehrung­en wie ein erweiterte­s Alkoholver­bot sind für Düsseldorf nicht vorgesehen.“Das karnevalis­tische Treiben auf den Straßen sei auch vor der Corona-Pandemie „überschaub­ar“gewesen. Es konzentrie­re sich auf den Marktplatz und dazu etwas weniger auf den Carlsplatz. „Mit Köln – der Vergleich wird ja immer gerne herangezog­en – ist die Situation in Düsseldorf am 11.11. nicht vergleichb­ar.“

 ?? RP-FOTO: ENDERMANN ?? So wie im vergangene­n Jahr wird Hoppeditz Tom Bauer an diesem Mittwoch nicht erwachen – die Jecken sollen im Internet zuschauen.
RP-FOTO: ENDERMANN So wie im vergangene­n Jahr wird Hoppeditz Tom Bauer an diesem Mittwoch nicht erwachen – die Jecken sollen im Internet zuschauen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany