Der Lockdown vor dem Weihnachtsfest
Die Ministerpräsidenten haben sich in harten Verhandlungen auf eine Verschärfungen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie verständigt – nun kommt es darauf an, was Kanzlerin Angela Merkel dazu sagt.
BERLIN Nach den eher unschönen Debatten bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz soll diesmal alles harmonisch ablaufen zwischen dem Kanzleramt und den Staatskanzleien. An diesem Mittwoch wollen Länder und Bund einen gemeinsamen Corona-Fahrplan vorlegen, der bis ins neue Jahr reicht. Merkel sprach am Dienstag vor der Fraktion bereits von einem guten Papier, das ihrer Philosophie folge. Die Kommunen mahnten im Vorfeld eine klare Kommunikation an. „Die Regeln müssen einfach und für die Menschen verständlich sein, bitte also nicht zu kompliziert“, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung (SPD), unserer Redaktion. Nur wenn die Entscheidungen nachvollziehbar seien „haben wir die Chance, dass die große Mehrheit weiter mitmacht und ihre Kontakte begrenzt.“In der Beschlussvorlage heißt es, alle Beteiligten wüssten, dass sie den Bürgern mit den Maßnahmen viel abverlangten. Was aber bedeutet das? Ein Überblick:
Wie steht es um die Kontaktverbote? Die Länderchefs appellieren an die Bürger, jeden nicht notwendigen Kontakt zu vermeiden und möglichst zu Hause zu bleiben Zunächst bis zum 20. Dezember – damit bleiben beispielsweise Restaurants weiter geschlossen. Auch Hotelübernachtungen für Touristen sind untersagt. Wer sich ab 1. Dezember treffen will, darf dies nur noch mit einem weiteren Haushalt tun. Die Obergrenze sind fünf Personen. Kinder bis 14 Jahre sind ausgenommen. Schleswig-Holstein allerdings schert hier aus – das Bundesland hält an bis zu zehn Personen fest. Für den CSUChef und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder sind die Beschlüsse nur ein „Zwischenschritt“.
Was gilt an Weihnachten?
Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar darf sich ein Haushalt mit maximal zehn Personen treffen. Auch hier sind Kinder bis 14 Jahre ausgenommen. Eine Beschränkung auf nur einen weiteren Haushalt gibt es nicht. Bei Erkältungssymptomen vorWeihnachten soll es großzügigere Testmöglichkeiten geben. Der Bund brachte ein Vorziehen der Weihnachtsferien auf den 16. Dezember ins Gespräch, konnte sich aber nicht durchsetzen. Man will mit den Religionsgemeinschaften erörtern, wie sich eine Kontaktreduzierung in den Gottesdiensten durchführen lässt.
Wie sieht Silvester aus?
Das diskutierte Böllerverbot kommt nicht. Stattdessen eine Empfehlung, auf Silvesterfeuerwerk zu verzichten. Auf belebten Plätzen und Straßen wird Pyrotechnik untersagt.
Worauf müssen sich Schulen einstellen?
Die Einrichtungen sollen geöffnet bleiben. Allerdings müssen sich die Schüler ab Klasse sieben mit dem Tragen einer Maske auch im Unterricht abfinden, wenn sie in einer Region mit einer Inzidenz von mehr als 50 leben. Die Lehrergewerkschaft GEW kritisierte die Vorlage als unzureichend. Schutz für Lehrer, Schüler und Eltern einerseits und ein Offenhalten der Schulen andererseits ließen sich damit nicht unter einen Hut bringen, sagte die Vorsitzende Marlis Tepe unserer Redaktion. Es brauche Modelle für einen Wechselunterricht mit geteiltem Präsenzund Distanzunterricht.
Gibt es Ausnahmen? Bundesländer, in denen die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von einer Woche „deutlich unter 50“liegt und die Tendenz sinkend ist, sollen von den Regelungen abweichen dürfen. Dies gilt allerdings nur, wenn nicht zugleich die Intensivstationen und die Gesundheitsämter am Limit sind. Die deutschen Landkreise sind mit der Vorlage zufrieden – und fordern Merkel auf, denVorgaben zu folgen. Es sollte dann auch möglich sein, bei sinkenden Inzidenzen in einzelnen Bundesländern und Landkreisen zu Lockerungen zu kommen, so Landkreistagspräsident Reinhard Sager.
Wie wollen Bund und Länder die Verlängerung des Teil-Lockdowns finanzieren?
Die Hauptlast der verlängerten Corona-Maßnahmen soll der Bund tragen, der die Neuverschuldung 2021 nach Plänen von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) um etwa 70 auf mindestens 160 Milliarden Euro erhöhen wird. Da sich der Kreditrahmen von 218 Milliarden Euro für das laufende Jahr als zu hoch erwiesen hat, kann Scholz die Summe von etwa 70 Milliarden Euro von 2020 auf 2021 verschieben. In beiden Jahren zusammen werde ein Kreditrahmen von etwas mehr als 300 Milliarden Euro benötigt, so Scholz. Damit soll der Bund nach dem Willen der Länder auch eine „Sozialgarantie“finanzieren: Mit höheren Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt soll bis Ende 2022 verhindert werden, dass die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung die Grenze von 40 Prozent eines Brutto-Monatsgehalts übersteigen. Vor allem in der Krankenversicherung zeichnet sich in der Corona-Krise ein hohes Defizit ab.