Expertenstreit um die goldene Pallas Athene
Kunstgießer Karl-Heinz Schmäke liegt mit den Denkmalschützern des Landes im Clinch. Jetzt ist eine Gutachterin eingeschaltet.
PEMPELFORT Wer weiß, vielleicht öffnet sich der Olymp und Pallas Athene wird im Streitwagen herniederfahren und in den Kampf eingreifen, der sich zurzeit abspielt auf Erden. Athene ist unter anderem die Göttin der Weisheit, der Kunst und des Handwerks, und guter Rat ist gefragt im Zwist, der sich seit Monaten zwischen der Kunstgießerei Schmäke und dem Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) abspielt. Der verhindert, dass die goldene Statue der Göttin wieder steht, wo sie hingehört: neben der Tonhalle an der Rampe zur Oberkasseler Brücke. Es geht um den Streit: Wie wird die Göttin am besten restauriert?
Weil das nicht geklärt ist, liegt die Statue seit September in der Oberbilker Gießerei und wartet auf bessere Zeiten. Hausherr Karl-Heinz Schmäke ist nicht nur erfahrener Kunstgießer, sondern in dritter Generation Chef eines anerkannten Betriebes, der unzählige Kunstwerke hergestellt hat, die in aller Welt stehen. Stars wie Tony Cragg vertrauen ihm ihre Werke an, Markus Lüpertz hat bei Schmäke sogar ein Atelier. Der 76-Jährige hat mit seinem Team vielfach für die Stadt Düsseldorf und andere Kommunen Denkmäler restauriert, seine Expertise hat ihn zum Professor an der Kunstakademie gemacht. Das alles ist dem LVRAmt schnurz. Es verlangt anderes als Schmäke will und weist darauf hin, dass „Maßnahmen an Denkmälern nicht aufgrund der guten Reputation einer Firma erfolgen dürfen, sondern nur nach einvernehmlicher fachlicher und konzeptioneller Abstimmung aller Verantwortlichen“. Dieses Vorgehen sei im Denkmalschutzgesetz NRW geregelt.
Die 2,30 Meter große Figur, um die es im Expertenstreit geht, ist vielen Düsseldorfern gut bekannt. Seit Jahrzehnten steht Pallas Athene aufrecht und wacht mit erhobenem Speer in Nähe des Rheins, ihre bronzenen Füße stehen auf einem 15 Zentimeter hohen Sockel aus Muschelkalk, der wiederum auf einer zwei Meter hohen Steinsäule ruht. Geschaffen hat sie Johannes Knubel, aufgestellt wurde sie im Mai 1926 zunächst an der Südseite der alten Tonhalle. Für die Nazis war die Figur „entartet“, Schmäkes Großvater rettete sie vor dem Einschmelzen und lagerte sie ein. Die Gießerei restaurierte die Figur nach dem Krieg, damals wurde sie erstmals neu vergoldet. Nach der Umgestaltung des Planetariums zur neuen Tonhalle wurde die Pallas Athene am heutigen Standort positioniert.
Rüttelproben zeigten im vorigen Jahr, dass die Standsicherheit nicht mehr gegeben war. Das bestätigte auch ein Statiker, den Schmäke eingeschaltet hatte. Dass die Figur noch nicht vom Sockel gestürzt war, sei ein kleinesWunder gewesen, denn die verbindenden Stahlbauteile seien an- oder fast durchgerostet, die Nägel im Innern dürften in keinem besseren Zustand sein. Schmäke erhielt den Auftrag der Stadt, die Standsicherheit des Denkmals wiederherzustellen. Dafür will er es öffnen, Edelstahlstützen einschieben, die Teile der Figur verschweißen, die
Nähte ziselieren und anschließend die Statue, deren Vergoldung an vielen Stellen nicht mehr sichtbar ist, neu vergolden lassen.
Ähnliches hat Schmäke schon oft gemacht, er verspricht eine Haltbarkeit für viele Jahrzehnte. „Wir wollen die Athene komplett und nicht teilweise vergolden lassen, weil die Farbtöne sich sonst unterscheiden“, so der Kunstgießer. Der 76-Jährige wandelt dabei auf den Spuren seines Großvaters, der die Athene nach dem Krieg wieder in einen ansehnlichen Zustand versetzt hatte.
Das LVR-Amt für Denkmalpflege hat eine komplett andere Auffassung. Trotz intensiver, mehrmaliger Beratungen zur denkmalgerechten Behandlung der sehr qualitätsvollen Bronzeskulptur seitens des LVR liege der geforderte, wichtige Untersuchungsbericht zur Standfestigkeit nicht in aussagekräftiger Form und Qualität vor, heißt es aus dem
Kölner Amt. „Ein angemessenes Konzept zur Erneuerung der Oberflächenvergoldung, das eine schonende Behandlung der gut erhaltenen Bronzefigur gewährleistet, ist bedauerlicherweise bisher ebenfalls nicht vorgestellt worden. Die Firma Schmäke ist hier also in der ,fachlichen Bringschuld'.“Eine pauschale Rundumerneuerung des Denkmals könne und dürfe nicht Ziel der denkmalgerechten Instandsetzung sein.
Jetzt warten Stadt und LVR auf die Meinung einer Gutachterin aus Paderborn. 19.000 Euro für die Arbeiten waren bewilligt, nun dürfte das Facelift der Göttin den Steuerzahler wegen des neuen Gutachtens zur fachgerechten Restaurierung um die 3000 Euro mehr kosten. Hintergrund: Die Stadt hat vorschriftsgemäß das LVR-Amt eingeschaltet. Dessen Metallrestauratorin hat der Verwaltung dargelegt, „dass die bislang vorliegende Konzeption der örtlichen Kunstgießerei einer Überarbeitung bedarf“. Die Denkmalschützer sähen die Möglichkeit, Teile des originalen Blattgoldes zu erhalten und damit möglichst reduziert in die historische Substanz einzugreifen. Es ist laut Stadt nicht unüblich, dass Restaurierungskonzepte im Zuge von denkmalrechtlichen Abstimmungen modifiziert werden müssen, um die Eingriffe in die Substanz eines Denkmals möglichst gering zu halten. Nun werde eine dritte Fachmeinung eingeholt.
In den Augen Schmäkes ist das überflüssig. Ihn ärgert, dass die Qualität seiner Nachbearbeitung angezweifelt wird. Er erwägt, den Auftrag an die Stadt zurückzugeben.