Lesearten einer Collage
In unserer Reihe erklären Masterstudenten der Kunstgeschichte Werke Düsseldorfer Künstler. Ihr Anliegen: Kunst verständlich und nahbar machen. Jonas Keck über das Werk „This is the man's world“von Ralf Buchholz.
Es sind aktuelle Ereignisse, Nachrichten oder gesellschaftliche Phänomene, die sich in Zeitungen, Magazinen und den sozialen Medien wiederfinden, und die für die Arbeit „This is the man's world“die Materialien liefern. Die Collagen von Ralf Buchholz speisen sich aus verschiedensten Quellen und verdichten sich zu Bildern, die mal mehr politisch, mal mehr popkulturell zu lesen sind. Darin liegt auch eines der großen Potenziale dieser Collage: In der Mischung aus konkreten Bildfragmenten und einer gleichzeitigen Offenheit lässt sie unterschiedliche Lesarten zu. Vier männliche Gesichter blicken uns direkt an. Stumm fordern sie uns heraus, Bezüge herzustellen zwischen ihrem vielfältigen Auftreten und dem Titel der Arbeit, der wiederum an das Lied „This is a man's world“von James Brown aus dem Jahr 1966 angelehnt ist.
Doch ein eindeutiges Bild dieser „Männerwelt“findet sich nicht. Im Vordergrund zeigt uns der Rapper Gzuz, der für seine zum Teil sexistischen Texte und Taten in der Kritik steht, seinen tätowierten Mittelfinger. Dahinter staffeln sich drei weitere Männer, deren Posen und Blicke dagegen Assoziationen an Hochglanzmagazine hervorrufen. Die Welt der Männer ist in „This is the man's world“im ersten Moment nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen: Überbetonte Männlichkeit im Vordergrund, eher feminine Gesichtszüge und dunkler Lippenstift dahinter. Auf dem weißen Blatt überlagern sich verschiedene Typen des Männlichen.
Der Zugang in diese Welt wird zunächst von der abwehrenden Haltung des Rappers verwehrt. In direktem Kontrast prostet uns dahinter jedoch eine Hand in einladender Geste mit rotem Nagellack, Brillantschmuck und einem Whiskeyglas zu. Handelt es sich hierbei um eine weitere Ausdeutung des Männlichen? Oder verkündet die Collage hier ganz im Sinne von James Brown: „But it wouldn't be nothing, nothing without a woman or a girl“? Mit der anonymen Hand schleicht sich die Frage ein, welche Rolle Frauen in dieser Männerwelt spielen – gleichberechtigter Gast oder aufreizendes Party-Accessoire wie in Musikvideos?
Passend zu diesen Assoziationen ragt am rechten Bildrand ein amerikanisches Polizeiauto in den Bildraum und erweitert ihn durch ein weiteres vornehmlich männlich konnotiertes Element. Im Gegensatz zu den farbigen Bildern des Vordergrunds sind die Männer dahinter schwarz-weiß abgebildet, ein zurückhaltender Hintergrund. Am Ende bleibt die Frage nach einem einheitlichen Bild nur angerissen: Harte Männlichkeit im Vordergrund, dahinter jedoch auch ein Dandy, ein Gentleman und ein Hauch Femininität.