Die Träume einer neuen Generation
Der Autor Wulf Noll erzählt in seinem Buch „Mit dem Drachen tanzen“von Chinas Gesellschaft, der Vielfalt und Kultur eines uralten Landes.
DÜSSELDORF „Build your dreams“– bau dir deine Träume. Ein verheißungsvoller Satz, der Möglichkeiten, Freiheit und Selbstbestimmung verspricht. Alles Attribute, die in der westlichen Welt weniger mit dem politischen System Chinas in Verbindung gebracht werden. Mit diesem Vorurteil will Wulf Noll mit seinem Buch„Mit dem Drachen tanzen – Erzählungen aus China und Deutschland“jedoch brechen.
Der Germanist schickt seinen Protagonisten Robert Marian auf eine intellektuelle Reise durch das Land; der deutsche Gastpoet trifft auf verschiedene Vertreter der Build-Your-Dream-Generation. Die jungen Chinesen begleiten Marian, zeigen ihm ein aufgeklärtes und modernes China und ihre Sicht auf die Welt. Die ist nicht von Konformität, sondern unabhängigem Denken und eigenen Träumen bestimmt.
Dass Noll selbst an chinesischen Universitäten deutsche Sprache und Literatur lehrte und das Land bereiste, ist seiner Erzählung deutlich anzumerken. Von der Darstellung der Handlungsorte und des Alltags bis zu den Dialogen wirkt alles organisch und realitätsnah. Gekonnt wird so das Gefühl vermittelt, selbst Reisebegleiter zu sein.
Für jeden Leser geeignet ist die Erzählung aufgrund ihrer speziellen Machart jedoch nicht. Wer unkomplizierte Unterhaltung sucht, wird sie hier kaum finden.Wirklich spannende oder emotionale Augenblicke gibt es ebenfalls selten. Vielmehr wird eine bildungsbürgerliche Perspektive auf das Land und die Leute eröffnet. Entsprechend handeln die Protagonisten eher auf intellektueller als auf physischer Ebene.
Es wird viel diskutiert und erläutert. Dabei unternimmt Noll eine Tour durch die chinesische und deutsche Literatur- und Philosophielandschaft. Immer wieder werden Schriften berühmter Dichter und Denker wie Heine und Nietzsche aufgegriffen. So entsteht in manchen Momenten ein Hybrid aus Reiseerzählung und Vorlesung. Das ist nicht immer leicht zu verstehen, kann aber den Horizont erweitern. Die Fakten und Hintergrundinformationen über China sind dagegen leicht bekömmlich und wurden unaufdringlich integriert.
Wirklich negativ hervorzuheben ist nur die seltsame Einbindung von Smileys in den Fließtext, die wie Fremdkörper wirken. Zudem werden auffällig oft chinesische Frauen beschrieben, was wenig zum intellektuellen Anspruch des Textes passt und etwas voyeuristisch wirkt.
Trotzdem ist „Mit dem Drachen tanzen“jedem zu empfehlen, der sich für das moderne China, seine junge Generation und das Leben im Land an sich interessiert und kein Problem damit hat, sich auch mit anspruchsvolleren Themen auseinanderzusetzen.