„Mit einem Mann ist es eine andere Dynamik“
Der 30-jährige Neuling und der Profi Vadim Garbuzov räumen gemeinsam bei „Let's Dance“als gleichgeschlechtliches Tanzpaar ab.
Herr Puschmann, Sie gehören zu den Favoriten bei „Let's Dance“und haben mit Vadim Garbuzov ordentlich gepunktet – hätten Sie erwartet, dass es so gut läuft?
PUSCHMANN Absolut gar nicht – denn ich bin ein absoluter Neuling in Sachen klassischer Tanz. Vor allem habe ich noch nie Standard mit einem Mann getanzt und wusste nicht, wie das mit den führenden und geführten Schritten läuft. Da hatte ich am Anfang schon Bedenken und dachte mir: Na, mal gucken, was das werden kann. Aber dass das jetzt so gut geworden ist bislang, toi toi toi, das freut mich extrem und macht mich total stolz.
Das heißt, Sie sind bei „Let's Dance“ohne klassische Tanzerfahrung und damit so ziemlich von null auf hundert gestartet?
PUSCHMANN Genau. Ich war weder in der Tanzschule damals noch habe ich klassischen Tanz, also Standard oder Latein, gelernt. Das ist für mich tatsächlich alles komplettes Neuland, und es klappt trotzdem sehr gut – außer, dass mir bei bestimmten Tänzen wie zum Beispiel der Samba irgendwann die Puste ausgeht. Das ist von der Kondition her immer ein bisschen herausfordernder, aber ich versuche, mir freitagabends um 20.15 Uhr nichts anmerken zu lassen von all dem Schmerz der letzten Tage. (lacht)
Wie oft in der Woche trainieren Sie und Vadim denn zusammen?
PUSCHMANN Wir trainieren pro Tag acht bis zehn Stunden, von Sonntag bis Mittwoch. Donnerstags sind dann die ersten Durchlaufproben in den Studios, und freitags sind wir den ganzen Tag im Studio. Und samstags ist entweder frei, oder man probt für den Jurytanz. Und Sonntag geht's dann weiter mit der Einzelprobe.
Was ist beim klassischen Tanzen mit einem Mann anders als mit einer Frau?
PUSCHMANN Erst mal gar nichts, die Leidenschaft und den Tanz kann man genauso verwirklichen wie mit einer Dame, das macht genauso viel Spaß. Manche filigranere Figuren fallen mir persönlich am Anfang etwas schwer. Aber ansonsten muss ich sagen, finde ich das echt richtig toll, mit einem anderen Mann zu tanzen, weil das eine ganz andere Dynamik ist. Da ist eine andere Spannung und Energie mit Vadim – und die finde ich sehr, sehr schön und positiv.
Kerstin Ott hat mit einer Frau an „Let's Dance“teilgenommen und den männlichen Part übernommen. Wie haben Sie das geregelt?
PUSCHMANN Wir tauschen die Positionen, auch während der Performance, weil das einfach toll ist – wann bekommt man schon mal die
Chance, beide Schritte zu erlernen und sich in die geführten und führenden Schritte einzuleben? Das macht uns ein Stück weit freier in der Kreativität der Choreo, weil wir hin und her switchen können, so beliebig und oft wie wir wollen, und dabei ganz andere Sachen auf der Bühne kreieren können. Das macht extrem viel Spaß.
Der klassische Tanz ist ja vom Rollenbild her sehr konventionell, es gibt weibliche und männliche Rollen – fänden Sie es gut, wenn das Geschlecht nicht mehr so eine Rolle spielt?
PUSCHMANN Bei einem männlich-weiblichen Tanzpaar ist es natürlich klar, dass es da die entsprechende Führung gibt, aber wenn ich mit Vadim Equality Dance tanze, mache ich als Mann nicht die Damenschritte, sondern die geführten Schritte. Ich habe nichts gegen Männer- und Frauenschritte, das ist historisch so gewachsen, und natürlich ist es dann so in vielen Köpfen. Aber Vadim und mir ist wichtig, bei uns auf das richtige Wording zu achten und die Leute ein bisschen da ranzuführen. Indem wir das immer mal wieder erwähnen, zeigen wir, dass es eben andere Begriffe gibt, wenn ein gleichgeschlechtliches Paar miteinander tanzt.
In Tanzschulen geht es möglicherweise immer noch konventionell zu, was die Rollenverteilung angeht. Haben Sie Tipps für männliche Paare, die sich den Standardtanz selbst beibringen?
PUSCHMANN Nein, dadurch, dass ich nie in der Tanzschule war, ist da wahrscheinlich Vadim der bessere Ansprechpartner. Ich habe davon keine Ahnung. (lacht)
Auch bei „Let's Dance“sind Sie und Vadim das erste männliche Tanzpaar. Wie haben die Leute reagiert?
PUSCHMANN Super süß, also ganz, ganz toll. Ich hatte auch damals bei „Prince Charming“gar keine Probleme mit Feedback, Kommentaren oder Zuschriften. Und genauso ist das jetzt bei „Let's Dance“, ich bekomme nur tolle Nachrichten und freue mich wahnsinnig über das veränderte Mindset in vielen Köpfen. Ich bin sehr überrascht, was ein Tanz zwischen zwei Männern bei den Leuten mental auslöst. Viele schreiben mir, dass sie das anfangs irritiert hat oder sie das komisch fanden, und die sind jetzt unsere allergrößten Fans. Das macht mich einfach glücklich, weil das von Anfang an mein Ziel war: dass die Leute irgendwann vergessen, dass da zwei Männer tanzen, und die Leidenschaft für den Tanz oder die Performance spüren. Ich bin der Meinung, damit ein Stück weit mehr Akzeptanz für die queere Community gewonnen zu haben.
Sie gehen offen mit Ihrer Homosexualität um, haben sich mit 15 Jahren geoutet. Für Sie ist Ihre Homosexualität Ihr halbes Leben lang eine klare Sache – nervt es Sie, dass das immer noch ein Thema ist?
PUSCHMANN Danke, und ja, natürlich ist das für mich etwas absolut Selbstverständliches, aber nur weil es das für mich ist, trifft das nicht auf alle anderen zu. Deswegen muss man auch andere Meinungen hören und nicht zu sehr in die Bresche gehen. Manchmal ist es natürlich ein bisschen nervig, und teilweise wird zu oft ein Hype draus gemacht, aber man muss es auch so sehen: Viele Leute sind daran gewöhnt, dass es auch gleichgeschlechtliche Paare gibt, aber unter den „Let's Dance“-Zuschauern gibt es bestimmt auch einige, die sich noch nicht trauen, so offen mit Homosexualität umzugehen und dementsprechend nicht so viel Berührung damit haben. Und für solche Menschen ist das dann eben neu oder„besonders“. Für mich persönlich müsste das nicht so hervorgehoben werden, aber ich kann verstehen, dass das hier und da noch passiert. Und solange die Resonanz daraus positiv ist, bin ich damit fein. Aber am Ende sollte es das Ziel sein, dass Homosexualität nicht mehr zum Thema gemacht werden muss.
Wie bereiten Sie auf die Shows vor?
PUSCHMANN Es ist jede Woche aufs Neue sehr aufregend, und ich suche immer noch mein Geheimrezept, um die Aufregung ein bisschen runterzuschrauben. Ich versuche, jeden Freitag früh und in Ruhe hier im Hotel zu frühstücken, dann nehme ich meistens ein Bad und mache mir Entspannungsmusik an. Und dann ist die ganze Entspannung auch wieder weg, wenn ich im Studio ankomme. Da geht's Schlag auf Schlag los mit Maske, Haaren und Kostüm. Ganz kurz vor der Show bin ich meistens in der Garderobe und höre ganz laut Musik, so richtige Stimmungsmachermusik, und tanze dazu richtig ab, um alle Nervosität abzuschütteln. Mal klappt das besser, mal schlechter.
Haben Sie ein gutes Gefühl, was die kommenden Shows angeht?
PUSCHMANN Vadim und ich sind da immer ein bisschen zurückhaltender. Natürlich wünschen wir uns, im Finale zu stehen, aber bis dahin hat man erst mal Show-Etappen, die man schaffen will. Für mich sind das die „Magic Moments“– die wollte ich von Anfang an unbedingt erreichen. Da kann man als Promi über Musik, Choreografie und Inszenierung seine persönliche Geschichte einbringen, und ich liebe es einfach, kreativ zu sein und Geschichten zu erzählen.