38 Kilogramm Plastikmüll produzieren die Deutschen pro Kopf und Jahr
Weithalsflaschen, wie sie auch für Milch genutzt werden, passten dafür am besten. Lange tüftelte das Team am richtigen Verschluss. Alleinstellungsmerkmal der sogenannten „Cofi Bottle“ist der patentierte und bislang weltweit einmalige Aromadeckel: Die Bohne reift in der Flasche weiter. Denn durch die innovative Konstruktion entweicht der überschüssige Druck durch einen perforierten Filter im Deckel, ohne dass jedoch Luft in die Flasche kommt.
„Flaschengärung“nennt Prommer das. „Normalerweise lässt man die Kaffeebohnen nach dem Rösten rund 24 Stunden offen stehen, da verlieren sie aber viel von ihrem Aroma“, erklärt der Fachmann. „Die Idee, Glas als Behälter und Aromaschutz zu nutzen, ist an sich simpel“, erklärt Uwe Prommer. „Unser Kaffee gehört übrigens in den Kühlschrank; die Kälte und die Dunkelheit konservieren das Aroma“, betont er. Die Flaschen mit 360 und 380 Gramm Inhalt – mehr als 2000 Kaffeebohnen – sind für rund zwölf Euro im Online-Shop und in Edeka-Filialen erhältlich. Laut Prommers ersetzt ein Kasten mit je sechs Flaschen, die jeweils 50 Mal wiederbefüllt werden können, 300 herkömmliche Tüten. „Da diese außen aus Papier und innen aus einer Kunststoffschicht bestehen, sind sie nicht recycelbar“, erklärt er. Mit Einsatz der Flaschen falle keinerlei Verpackungsmüll an.
Die Entwicklung trieb der Geschäftsmann aus persönlicher Überzeugung voran. Er arbeitet seit 25 Jahren in der Gastronomie und stellte zunehmend fest, wie viel Müll in den Betrieben produziert wurde. In seiner Rösterei habe er von Anfang an darauf geachtet, den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Weil Kaffee naturgemäß über Tausende Kilometer importiert werden muss, sollte an anderer Stelle gespart werden. In Peru, einem der Anbaugebiete des „Cofi Loco“-Kaffees, unterstützt der Mann aus Siegburg ein Aufforstungsprojekt.
Müll zu vermeiden ist ein Weg, um das Klima zu schützen. Ein anderer sind Verpackungen aus recyceltem und recycelbarem Material. Ein Beispiel aus der Lebensmittelbranche liefert die Lakritzfabrik Lakrids by Bülow, die in Kopenhagen produziert und ihre Deutschlandzentrale in Düsseldorf hat. Nach eigenen Angaben verwendet man dort als erster Süßwarenhersteller der Welt Dosen zu 100 Prozent aus recyceltem und wiederverwertbarem Kunststoff (R-Pet). Das Metall vom Siegel der Verpackung wurde entfernt. Der Deckel besteht aus unbehandeltem Kunststoff. Wenn die Lakritze gegessen und die Dose leer ist, kann diese im Plastikmüll entsorgt werden.
Auf Papier setzt seit Anfang 2021 der global agierende Konzern Nestlé bei der Produktion von Smarties: Das Ende von Plastikdeckeln und Co. bei der Herstellung von Rollen, Tüten und Schächtelchen bedeutet demnach allein in Deutschland jährlich eine Einsparung von mehr als 191 Tonnen an Plastik. Das Unternehmen
Umfrage Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Splendid Research sind 71 Prozent der Kunden begeistert vom Konzept der Unverpackt-Läden. Dennoch haben gerade einmal acht Prozent in einem solchen Geschäft eingekauft.
Hygiene 58 Prozent derjenigen, die sich nicht vorstellen können, in einem Unverpackt-Laden einzukaufen, nennen als Hauptgrund
investierte in der Hamburger Fabrik in neue Fertigungslinien mehrere Millionen Euro.
Eine dritte Variante, um Müll zu reduzieren, sind wiederauffüllbare Verpackungen, wie man sie in Unverpackt-Läden findet. So können etwa Flocken, Nüsse oder Getreide aus „Bulk-bins“– großen Glasbehältern – von Kunden „gezapft“werden. Vor fünf Jahren haben die ersten Unverpackt-Läden in Deutschland geöffnet und machen verpackungsfreies Einkaufen möglich.
Diese Läden und Märkte bieten alle Waren offen oder notfalls in wiederverwendbaren Pfandbehältern an. Kunden können sich die gerade benötigte Menge selbst abfüllen oder einpacken und so plastikfrei einkaufen. Egal ob Nudeln, Reis, Hülsenfrüchte, Kaffee, Süßwaren, Seife oder Waschmittel: Hier bekommt man fast alles als lose Ware. Gewürze und Kräuter löffelt man sich zum Beispiel aus großen Gläsern in kleine, Essig und Öl füllt man sich aus großen Kanistern oder Flaschen in Flaschen, Eier werden in selbst mitgebrachten Kartons, Käse wird in Papier, Vorratsdosen oder Wachstüchern verpackt.
Eine Möglichkeit, um den persönlichen Plastikmüllberg zu reduzieren und zudem den Weg zu einem Biohof zu vermeiden, eröffnet das Start-up „Die Gute Tüte“aus Düsseldorf. Im Online-Shop können die Kunden die gewünschten Lebensmittel am Vortag auswählen und bezahlen. Die Start-up-Gründer bringen das bestellte Obst und Gemüse werktags per Lastenfahrrad oder Elektroauto morgens zur eigens eingerichteten Abholstation in verschiedenen Stadtteilen und in der Stadtmitte am Kö-Bogen. Zwischen 10 und 22 Uhr können die Kunden per QRCode das Schließfach öffnen und ihre „Gute Tüte“abholen. Der Einkauf der saisonalen Waren von Bauernhöfen aus der Region wird von den jungen Gründern Antonio Hover und Fawad Jacobi in Tragetaschen aus Jute verpackt. Geplant ist, das Sortiment um Brot und Trockenprodukte wie Nüsse, Mehl und Nudeln sowie Waren von Düsseldorfer Manufakturen zu erweitern.
Bestseller sind Obst, Gemüse und Nüsse
die vermeintlich mangelnde Hygiene. Obst, Gemüse und Nüsse werden am liebsten unverpackt gekauft – Joghurt und Honig liegen mit jeweils 22 Prozent auf den letzten Rängen.
Verband Inzwischen sind Unverpackt-Läden in jeder größeren Stadt zu finden, einige sind auch regelmäßig auf Wochenmärkten. Die Läden werden mittlerweile auch von einem eigenen Verband vertreten.