Niederlande bald Hochinzidenzgebiet?
Die Sieben-Tage-Inzidenz hat sich gegenüber Freitag fast verdoppelt. Was Urlauber jetzt wissen müssen.
DÜSSELDORF/DEN HAAG Das Parlament der Niederlande hat seine Sommerpause unterbrochen, die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus wieder verschärft – es ist der Versuch, eine bereits eskalierende Lage in den Griff zu bekommen. Lag die Sieben-Tage-Inzidenz noch am vergangenen Freitag laut Daten der Johns-Hopkins-Universität bei 94, ist sie nur zwei Tage später mit 183 fast doppelt so hoch. Die Anzahl der Neuansteckungen, die das staatliche Gesundheitsinstitut der Niederlande täglich meldet, hat sich innerhalb nur einer Woche verzehnfacht. Das hat Folgen auch für Pendler und Urlauber aus Nordrhein-Westfalen.
Es ist nur zwei Wochen her, dass die Niederlande zu einer scheinbaren Normalität zurückkehrten. Die Sieben-Tage-Inzidenz hatte sich zwischen 20 und 30 stabil eingependelt, am 26. Juni hob die Regierung nahezu alle Corona-Maßnahmen auf. Die Niederländer durften wieder in Discos und auf Festivals feiern. Das war vielfach als zu schnell und fahrlässig kritisiert worden. Zu Recht, wie es jetzt scheint.
Jetzt tritt die Regierung wieder auf die Bremse. Am Samstag sind neue Corona-Maßnahmen in Kraft getreten, die das Parlament kurzfristig beschlossen hatte. Clubs und Diskotheken schließen wieder. „Die meisten Menschen haben sich an Orten infiziert, an denen große Gruppen von Menschen feiern und ausgehen“, hieß es in einer Mitteilung der niederländischen Regierung. In der kurz hinter der Grenze liegenden Stadt Enschede hatten sich 200 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, nachdem sie in einer Großraumdisco gefeiert hatten.
Auch in der Gastronomie werden die Regeln in den Niederlanden verschärft. Die Sperrstunde tritt wieder in Kraft, zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens müssen Restaurants und Kneipen schließen. Eine Ausnahme, die den Mindestabstand von 1,5 Meter für die Gastronomie gestrichen hatte, nimmt die Regierung zurück. Live-Programm und laute Musik sind in der Gastronomie nun auch verboten.
Die niederländische Regierung ist offenbar besorgt, dass bald Urlaubsreisen aus anderen Ländern nicht mehr möglich sein werden. Aktuell gilt das Nachbarland für Deutschland nicht als Risikogebiet. Das dürfte sich aber bald ändern. Schon ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 stuft das Robert-Koch-Institut (RKI) Länder und Regionen in der Regel als „einfache Risikogebiete“ein, ab einer Inzidenz von 200 als
„Hochinzidenzgebiete“. Für Letztere gilt: Wer dort Urlaub macht und nicht geimpft oder genesen ist, muss künftig für mindestens fünf Tage nach der Einreise in Quarantäne. Erst danach kann die Quarantäne nach Vorweisen eines negativen Testergebnisses aufgehoben werden – für einfache Risikogebiete ist das sofort nach der Einreise möglich. Das RKI aktualisiert die Liste der Risikogebiete mindestens einmal wöchentlich, zuletzt am vergangenen Freitag.
Unwahrscheinlich erscheint es, dass das RKI die Niederlande als sogenanntes Virusvariantengebiet einstuft. Zwar ist dort die Delta-Variante auf dem Vormarsch. Infektionen seien bereits auch bei vollständig Geimpften und Genesenen festgestellt, heißt es von der niederländischen Regierung. Allerdings ist die Delta-Variante inzwischen auch in Deutschland weit verbreitet – aus diesem Grund hatte das RKI bereits Großbritannien, Portugal und Russland von der Liste der Virusvariantengebiete gestrichen. Sollte sich die Infektionslage in den Niederlanden aber weiterhin verschärfen, könnte das Land bald als Hochinzidenzgebiet gelten.