Mit Zusatzbeiträgen früher in Rente
Immer mehr Menschen wollen vorzeitig aufhören zu arbeiten. Die Abschläge sind hoch. Das lässt sich zumindest teilweise abfedern.
DÜSSELDORF Viele Deutsche träumen davon, früher Abschied vom Büro oder Fließband zu nehmen. Tatsächlich gibt es Wege, vorzeitig in den Ruhestand zu starten. Die Deutsche Rentenversicherung hat vor rund 20 Jahren die Möglichkeit eingeführt, bereits mit 63 in Rente zu gehen und das entstehende Beitragsloch vorher durch Zusatzbeiträge wenigstens teilweise aufzufüllen. Und die Zahl der Frührentner wächst. „Die Vorteile der freiwilligen Zusatzbeiträge als Turbo für eine frühere Rente sprechen sich herum“, sagt Werner Siepe, Rentenexperte aus Erkrath.
Voraussetzung für die Rente mit 63 ist, dass der Beitragszahler auf 35 Versicherungsjahre kommt. Dabei zählen Wehr- oder Zivildienst, teilweise Schul- und Studienzeiten sowie Zeiten für Kindererziehung, längere Krankheiten oder Pflege mit. Wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen will, sollte wissen, dass er erstens für mehrere Jahre keinen Beitrag mehr zahlt und zweitens für jeden Monat, den er früher Geld haben will, einen Abschlag von 0,3 Prozent in Kauf nehmen muss. Das sind pro Jahr 3,6 Prozent, in vier Jahren 14,4 Prozent. Wer das durch zusätzliche Beitragszahlungen ganz oder teilweise ausgleichen möchte, erfährt auf Anfrage bei der Deutschen Rentenversicherung, wie viel er zahlen muss. Je höher die Lebenserwartung ist, umso mehr zahlt sich eine solche Einmalzahlung in Form der später höheren Rente aus.
Mit wie viel Rente kann man rechnen? Für jedes Jahr Beitragszahlung gibt es bei einem durchschnittlichen Jahresverdienst (zuletzt in Westdeutschland 41.541 Euro) einen Entgeltpunkt. Die persönlichen
Entgeltpunkte, die in der jährlichen Renteninformation stehen, multipliziert man mit dem Rentenwert, der aktuell bei 34,19 Euro liegt und bei jeder Rentenerhöhung angepasst wird. Bei einer um drei Jahre vorgezogenen Rente gäbe es beim aktuellen Stand 10,8 Prozent weniger. Bei Gutverdienern ist der Abschlag absolut höher, bei Wenigverdienern niedriger.
Aber gerade Gutverdiener können von Steuervorteilen profitieren, weil Zusatzzahlungen zum großen Teil von der Steuer abgesetzt werden können. Daher lohnen sich Zusatzzahlungen für sie am meisten. Andererseits muss die spätere, höhere Rente versteuert werden, sodass der Fiskus einen Teil der höheren Rente wieder einbehält.
Man sollte die Zusatzzahlung über mehrere Jahre verteilen, um den Steuervorteil zu maximieren. Beiträge sind nämlich nur abzugsfähig, wenn sie mit den Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung den steuerlichen Höchstbetrag von 25.046 Euro für Ledige oder 50.092 Euro bei Verheirateten nicht überschreiten. Außerdem bringt es eine höhere Steuerersparnis, wenn über mehrere Jahre hinweg jeweils einige Tausend Euro vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden, als ein großer Betrag auf einen Schlag.
Rentenexperte Siepe hat ein Beispiel ausgerechnet: Wenn eine im Jahr 1960 geborene Angestellte mit 63 statt mit 66 Jahren und vier Monaten in Rente gehen will, muss sie einen Abschlag von zwölf Prozent hinnehmen. Statt 1914,64 Euro Monatsrente mit 56 erreichten Rentenpunkten (beim aktuellen Rentenwert) erhielte sie 1684,88 Euro Rente im Monat. Um wieder auf 1914,64 Euro zu kommen, müsste sie rund 59.000 Euro einzahlen. Damit
sie die Mehrkosten über eine höhere Rente ausgleichen kann, müsste die Frau ohne Berücksichtigung von Inflation und Steuervorteilen noch 21 Jahre und fünf Monate leben. Laut Statistik ist das auch wahrscheinlich, weil heute 63-jährige Frauen noch eine Lebenserwartung von gut 25 Jahren haben. Das Geschäft lohnt sich also. Die Investition bringe eine Rendite deutlich über drei Prozent, so Siepe.
Bei einem zweiten Fall für einen 1970 geborenen Beschäftigten wäre eine Ausgleichszahlung von 83.187 Euro fällig, um bei einer Rente von 2188,16 Euro im Monat (mit 64 Entgeltpunkten) eine Rentenkürzung von 315,10 Euro im Monat auszugleichen. Hier rät Siepe, in sieben Schritten je rund 12.000 Euro zu leisten.
Die Deutsche Rentenversicherung hat auch einige Beispiele vorgelegt. Wer 1000 Euro Rente zu erwarten hat, bekommt die Rente pro Monat um 36 Euro gekürzt, wenn er oder sie ein Jahr früher in Rente geht. Um das auszugleichen, wären 8439 Euro fällig. Bei drei Jahre früherer Verrentung gehen pro Monat 108 Euro verloren. Um das auszugleichen, wären 27.362 Euro nötig.
Wichtig: Sonderzahlungen verfallen im Falle des Todes ebenso wie die regulären Rentenbeiträge. „Eine solche Extra-Einzahlung muss genau gedacht werden“, sagt Petra Anton von der Evolog-Rentenberatung in Hürth bei Köln. „Es gibt zwar steuerliche Vergünstigungen, aber das Geld ist erst einmal weg.“Im Erbfall gebe es keine Ersparnisse, die man den Kindern hinterlassen könne, allerdings könne die Witwenrente des Ehepartners durch die höheren Einzahlungen höher liegen.
Außerdem ist derjenige, der Sonderzahlungen leistet, nicht verpflichtet, tatsächlich früher in Rente zu gehen. Man kann auch erst mit 65 oder 66 Jahren gehen und erhält dann ein höheres Altersgeld. „In einem solchen Fall hilft mir die Sonderzahlung nur, mein Geld zur Zeit von Niedrigzinsen relativ gut anzulegen“, sagt Siepe. Aber: „Falls ich dann doch sehr früh sterbe, habe ich Pech gehabt.“