„Düsseldorf hat Ähnlichkeit mit Paris“
Die französische Generalkonsulin spricht über ihre vielen Aufgaben und französisches Flair in der Stadt.
DÜSSELDORF Olivia Berkeley-Christmann (44) ist französische Generalkonsulin in Düsseldorf. Einen intensiven Blick auf die Landeshauptstadt konnte sie in den vergangenen drei Jahren werfen. Das Amt übernahm sie von Vincent Muller, mit dem sie die gleiche Heimatstadt teilt.
Wie gut kennen Sie Ihren Vorgänger?
OLIVIA BERKELEY-CHRISTMANN Wir kennen uns aus dem Außenministerium in Paris. Wir sind beide im Elsass geboren, sogar beide in Straßburg. Herr Muller war dem Elsass aber treuer. Ich bin früh weg, erst als Studentin nach Köln. Das war eine sehr gute Erfahrung, dann bin ich nach Paris, um mein Studium in Jura und Internationalen Beziehungen abzuschließen. Dann bin ich in Paris geblieben. 2018 kehrte ich dann ins schöne Rheinland zurück. Inzwischen habe ich auch in Neuseeland und Indien gelebt.
Sie haben hier eine Doppelfunktion. Sie sind Generalkonsulin und Leiterin des Institut français. Sind Sie normalerweise – wenn nicht Corona ist – viel auf Reisen?
BERKELEY-CHRISTMANN Ich habe eigentlich drei Büros: Das Konsulat, das Institut français an der Bilker Straße, und in Köln gibt es auch das Institut français. Die gehören ja zusammen. Zum Glück habe ich in Köln einen Stellvertreter. Hier in Düsseldorf bin ich so oft wie möglich im Institut, also mindestens ein bis zwei Mal die Woche. In Köln war ich vor Corona zumindest alle zwei Wochen.
Die Aufgaben des Generalkonsuls hier haben sich verändert – schon lange, bevor Sie antraten. Inwiefern?
BERKELEY-CHRISTMANN An der Cecilienallee waren wir ein Konsulat wie alle anderen. Pässe wurden zum Beispiel ausgestellt. 2005 sind wir in Richtung Poststraße umgezogen, da waren wir schon ein „consulat d'influence“. Das ist ein neues Format, das vor etwa 15 Jahren entstanden ist. Frankreich will sein konsularisches System und weltweites Netzwerk behalten, aber in einigen Botschaften und Konsulaten wurden die Teams kleiner. Für Anträge und Pässe müssen unsere Landsfrauen und -männer seit 2005 nach Frankfurt. Nun sind wir in die Schadow Arkaden umgezogen. Das Generalkonsulat ist vor allem für die Pflege der deutsch-französischen Freundschaft zuständig und um Frankreich in NRW sichtbarer zu machen. Hier in den Räumlichkeiten sitzen wir zusammen mit der Wirtschaftsagentur Frankreich Business France. Das sind fast 60 Mitarbeiter.
Messen zum Beispiel sind für Sie wichtig, aber die fanden größtenteils nicht statt.
BERKELEY-CHRISTMANN Die ProWein zum Beispiel ist für uns von enormer Bedeutung, sie fiel schon zwei Mal aus, die Medica ist wichtig. Auch außerhalb von Düsseldorf gibt es Messen, die wir schätzen: Die Energiemesse in Essen etwa. Es gibt Bereiche wie das Digitale etwa, da ist Präsenz nicht so schwerwiegend. Zum Beispiel bei der Gamescom in Köln, die jetzt komplett online ist. Das funktionierte gut. Aber wenn es um das sinnliche Erleben geht – das betrifft auch medizinische Produkte – dann ist das sehr schade für uns und unsere französische Wirtschaft, wenn die ausfallen.
Viele Düsseldorfer Hoteliers sagen, dass es nie wieder so sein wird wie vor Corona. Sie wollen komplett umdenken. Andere Formate entwickeln, anderes Publikum ansprechen. Was denken Sie?
BERKELEY-CHRISTMANN Wenn wir bei den Messen bleiben, dann weiß ich und schätze ich, dass es einige gibt, die Hybrid-Veranstaltungen planen oder sogar schon umsetzen. Das bricht sich immer mehr Bahn. Auch das hilft, die Beziehungen zu
Frankreich zu festigen. Das ist ja eine meiner Hauptaufgaben hier.
Rund 7000 Franzosen leben in Düsseldorf. Wie füllen sie die Stadt mit Leben?
BERKELEY-CHRISTMANN Abgesehen vom Institut français gibt es auch das Lycée français. Um die Graf-Recke-Straße in Grafenberg hat sich ein französisches Viertel entwickelt – dort, wo früher die Kasernen waren. Da können Sie ein wunderbares kleines Frankreich erleben, im Supermarkt, auf dem Spielplatz. Die französischen Unternehmen und Dependancen in der Stadt tragen ebenfalls zum französischen Flair in der Stadt bei.
Nicht nur die ProWein, auch das Frankreichfest ist zum zweiten Mal ausgefallen, was geht da in Ihnen vor?
BERKELEY-CHRISTMANN Ich habe das bislang nur einmal erlebt, ich bedauere es sehr, dass es dieses Jahr auch wieder ausfallen musste, so wie ich es bedauere, dass wir auch zum zweiten Mal seit meiner Amtsübernahme unseren nationalen Feiertag, den 14. Juli, nicht begehen können. Das Frankreichfest ist der
Moment im Jahr, wo wir auf Frankreich aufmerksam machen können. Es gibt kleine Sprachkurse vom Institut français, die wir Speed-Datings nennen, das ist wirklich nett. Für die französische Gemeinde ist so ein Fest wichtig, aber auch für die Deutschen. So können sie unsere französische Kultur auf unkomplizierte Weise kennenlernen.
Es gibt auch einen Bibliobus auf dem Frankreichfest, stand der während Corona in der Garage?
BERKELEY-CHRISTMANN Der ist auch während der Pandemie gefahren. Er fährt auch sonst das ganze Jahr durch NRW – nach Köln, Münster oder Bielefeld. Der Bus ist seit 20 Jahren die Mediathek auf Rädern des Institut français. Düsseldorf bringt monatlich französische Medien zum Ausleihen in die Bibliotheken von zehn Partnerstädten in NRW.
Wie sieht die Zeit nach Corona für Sie aus? Gibt es neue Kooperationen oder Pläne?
BERKELEY-CHRISTMANN Wir haben schon damit angefangen, eines unserer Jahres-Highlights einfach online zu veranstalten. Das ist das
Frankophonie-Fest, das in diesem März stattfand. Das hatten wir im Vorjahr bereits als Präsenz-Veranstaltung geplant, es musste coronabedingt leider ausfallen. Alle Konsulate und Vertretungen, die zur Frankophonie gehören waren beteiligt – auch Kanada zum Beispiel. Das war eine sehr gute Zusammenarbeit. Die Schirmherrschaft hatte Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller. Ab 2022 wollen wir es in die Präsenz überführen. Auch Schüler aus ganz NRW sollen eingebunden werden, die dürfen sich auf ein Austauschforum mit Speisen und Getränken freuen.
Das Institut français feierte gerade 70-jähriges Bestehen. Und es gab sogar eine kleine Feier. Wie haben Sie das erlebt?
BERKELEY-CHRISTMANN 1950 als „Maison de France“auf der Kö gegründet, befindet sich das Institut français Düsseldorf seit 1977 im Palais Wittgenstein. Eine Band spielte, und alle waren glücklich, sich wieder persönlich zu begegnen, auch wenn es nur ein kleiner Rahmen war. Aber das ist natürlich ein schönes Jubiläum – 70 Jahre ist eine lange Zeit, auf die wir stolz sind.
Sie sind viel gereist und kennen Paris sehr gut. Es heißt immer, Düsseldorf sei Klein-Paris. Ist das gerechtfertigt, oder ist das einfach eine kesse Düsseldorfer Erfindung?
BERKELEY-CHRISTMANN Es gibt viel Ähnlichkeit. Die Kö hält dem Vergleich mit der Champs-Élysées auf jeden Fall stand. Obwohl sich die Mode ja mittlerweile größtenteils an der Avenue de Montaigne abspielt. Vor Corona gab es ja auch mal eine wichtige Kooperation zwischen den beiden Straßen mit der Promenade pour un Objet d`Exception. Das wäre schön, wenn so eine Initiative zurückkehren würde nach Düsseldorf. Das sind auch kleine Fenster im Jahr, wo man auf Frankreich schauen kann. Die Vielfalt in der Stadt ist außerdem ähnlich reizvoll wie in Paris. Alleine das Kunstangebot hier ist beeindruckend. Und seit es mit dem Terrassengeschäft wieder losgegangen ist, muss ich immer öfter an Paris denken, wenn ich durch Düsseldorf gehe.
Sitzen Sie dann auch mal in einem hübschen Düsseldorfer Café und trinken einen Champagner? Schon Ihr Vorgänger schwärmte für das Getränk.
BERKELEY-CHRISTMANN Ich hätte gedacht, dass Herr Muller eher für den Crémant aus seiner Heimatregion schwärmt. Aber es heißt schon richtig: Champagner kann man immer trinken!