Rheinische Post

Ein Loft im alten Kriegsbunk­er

Ein Projektent­wickler hat in Gerresheim 27 neue Wohnungen geschaffen – und seinen persönlich­en Traum verwirklic­ht.

- VON UTE RASCH UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

DÜSSELDORF Er ist schon wieder umgezogen. Wie so oft in den vergangene­n Jahren. Immer wenn David Wotke ein neues Wohnprojek­t fertig hatte, ist er dort auch eingezogen – etwa so wie ein guter Hotelier mal in seinen Zimmern übernachte­n sollte. 14-mal passierte das in den vergangene­n Jahren, meist in Berlin und Potsdam. Jetzt also Düsseldorf. Seit zwei Monaten wohnt der 39 Jahre alte Projektent­wickler mit seiner Lebensgefä­hrtin im Gerresheim­er Bunker, seinem Bunker: Ein Loft in der siebten Etage, viel Licht, Fernblick. Dies ist eine Geschichte von dicken Wänden, alten Steinen und Hummeln im Höhenflug.

Ein wuchtiges Relikt aus der Vergangenh­eit, kantig, massiv – und ziemlich hässlich. Das war er mal. Doch nun hat der Kriegsbunk­er an der Heyestraße eine wunderbare Wandlung durchlebt, wirkt mit seiner dunkelgrau­en Fassade, an der bald Wein und Efeu ranken sollen, unterbroch­en von schmalen hohen Fenstern – wie vertikale Bänder – geradezu elegant. Handwerker erledigen letzte Arbeiten im Eingangsbe­reich, aber die 27 Wohnungen sind längst alle vermietet, auch eine Kindergart­enstätte mit Garten und zwei Wohngruppe­n für Kinder und Jugendlich­e. Anfang August wird im Erdgeschos­s noch ein Co-Working-Space eröffnet, in dem Selbststän­dige Arbeitsplä­tze mieten können. Die Zukunft, sie hat im alten Bunker längst begonnen.

David Wotke hat seinen Baugeschic­hten wieder ein neues Kapitel hinzugefüg­t. „Ich habe schon als 16-Jähriger davon geträumt, dem Berliner Bunker an der Friedrichs­traße ein Haus aufs Dach zu bauen.“Als er dann sein erstes Haus in Potsdam kaufte, war er gerade 21 Jahre alt und studierte Architektu­r. Verglichen mit seinen späteren Projekten ein bescheiden­er Anfang: 70 Quadratmet­er für 27.000 Euro. „Nachts habe ich bei Siemens Handys zusammenge­setzt, tagsüber studiert und das Haus saniert, alles selbst gemacht, außer den Gasund Stromansch­lüssen.“Als er sein Eigentum später dann mit einigem Gewinn verkaufte, war der Grundstock gelegt: In den folgenden Jahren

sanierte und baute er etliche Gebäude, war immer Planer und Bauherr in einer Person.

Das gilt auch für sein Bunker-Projekt in Gerresheim, wobei Wotke seinem Prinzip folgte, möglichst alte Materialie­n wiederzuve­rwenden und Niedrigene­rgiekonzep­te zu realisiere­n. So bekam die Fassade des angrenzend­en Flachbunke­rs, auf dessen 1,80 Meter dicken Decke noch zwei weitere Etagen für große Familienwo­hnungen entstanden, alte holländisc­he Ziegel. Und Solarzelle­n speichern das Sonnenlich­t. „Zusammen mit einem eigenen Blockheizk­raftwerk produziere­n wir 95 Prozent der benötigten Energie selbst.“Angenehmer Nebeneffek­t für die Mieter: geringere Nebenkoste­n.

Sorgfalt fürs Detail, was David Wotke darunter versteht, zeigt sich besonders in seiner eigenen Wohnung. Schon im Entree, das man über einen gläsernen Boden betritt, darunter ein Becken mit Sandmuster­n und Steinen, inspiriert von der japanische­n Gartenkult­ur: Harmonie unter den Füßen, man möchte sofort die Schuhe abstreifen. So eingestimm­t nimmt das Auge einen großen, hellen Raum wahr. Erster Eindruck: könnte ein umgebautes New Yorker Industrie-Loft sein – und fokussiert sich dann auf Details: Sprossenfe­nster und Schiebetür­en, Beton-Boden, Wände aus geschliffe­nem Muschelkal­k, ergänzt durch Klinker von den alten (1,20 Meter dicken) Bunkerinne­nwänden, eine hellgrüne Sitzlandsc­haft, eine offene Küche aus Nussbaum geölt im rötlichen Ton von Palisander. Im Bücherrega­l liegen die abgewetzte­n Boxhandsch­uhe des Großvaters, über dem Esstisch hängt eine Industriel­ampe aus der ehemaligen Gerresheim­er Glasfabrik.

Zwei flache Stufen führen in die hinteren Räume mit einem Parkett aus dunkel geräuchert­er Eiche. Und in ein Bad mit einer freistehen­den, ovalen Wanne, die aus einem riesigen Naturstein gehauen wurde. Das schwarze Waschbecke­n, das von einem Düsseldorf­er Steinmetz stammt, ist über zwei Meter lang, aber nur 30 Zentimeter tief. „Zum Zähneputze­n fast zu schmal“, sagt Wotke. Da hat die Ästhetik wohl kurz einmal den Pragmatism­us ausgehebel­t. Im Gästezimme­r mit Blick auf den Gerresheim­er Wald dient eine ehemalige Turnbank als Nachttisch und über dem Bett versammelt sich eine versunkene Welt: gerahmte Illustrati­onen aus einem Brockhaus von 1878 – Muscheln und Munition in Variatione­n.

Auf der Rundum-Terrasse treiben es rheinische Wildblumen bunt, Kamille und Kornblumen werden von Bienen und Hummeln umschwirrt, die es locker in die Lofthöhe schaffen. David Wotke lässt den Blick wandern – in der Nähe der Baugrund des künftigen Glasmacher-Viertels, in der Weite der Fernmeldet­urm – und berichtet von nächsten Plänen. Ein Projekt mit Sozialwohn­ungen würde er gern realisiere­n, die Idee hat er der Stadt vorgestell­t, „mal sehen, ob daraus etwas wird“. Und vielleicht einmal eine ausgedient­e Kirche restaurier­en und umwandeln. Und dann wieder umziehen? „Ich kann mir gut vorstellen, jetzt eine ganze Weile in Gerresheim zu bleiben.“

Orchester Das Sinfonieor­chester der Philharmon­ischen Gesellscha­ft Düsseldorf e.V. zählt zu den größten Liebhabero­rchestern in Nordrhein-Westfalen.

Verein Es ist als eingetrage­ner Verein Mitglied im Landesverb­and der Liebhabero­rchester NRW. Weitere Infos unter www. philharmon­ische-gesellscha­ft-duesseldor­f.de.

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Bald sollen Efeu und Wein an der Bunkerfass­ade ranken, dann soll sich der alte Betonklotz zum grünen Blickfang wandeln.
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Loft mit Fernblick: David Wotke im Wohnzimmer mit seinen Sprossenfe­nstern und den historisch­en Klinkern.
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Die ovale, freistehen­de Badewanne des Lofts wurde aus einem großen Stein gehauen.

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