Ein Loft im alten Kriegsbunker
Ein Projektentwickler hat in Gerresheim 27 neue Wohnungen geschaffen – und seinen persönlichen Traum verwirklicht.
DÜSSELDORF Er ist schon wieder umgezogen. Wie so oft in den vergangenen Jahren. Immer wenn David Wotke ein neues Wohnprojekt fertig hatte, ist er dort auch eingezogen – etwa so wie ein guter Hotelier mal in seinen Zimmern übernachten sollte. 14-mal passierte das in den vergangenen Jahren, meist in Berlin und Potsdam. Jetzt also Düsseldorf. Seit zwei Monaten wohnt der 39 Jahre alte Projektentwickler mit seiner Lebensgefährtin im Gerresheimer Bunker, seinem Bunker: Ein Loft in der siebten Etage, viel Licht, Fernblick. Dies ist eine Geschichte von dicken Wänden, alten Steinen und Hummeln im Höhenflug.
Ein wuchtiges Relikt aus der Vergangenheit, kantig, massiv – und ziemlich hässlich. Das war er mal. Doch nun hat der Kriegsbunker an der Heyestraße eine wunderbare Wandlung durchlebt, wirkt mit seiner dunkelgrauen Fassade, an der bald Wein und Efeu ranken sollen, unterbrochen von schmalen hohen Fenstern – wie vertikale Bänder – geradezu elegant. Handwerker erledigen letzte Arbeiten im Eingangsbereich, aber die 27 Wohnungen sind längst alle vermietet, auch eine Kindergartenstätte mit Garten und zwei Wohngruppen für Kinder und Jugendliche. Anfang August wird im Erdgeschoss noch ein Co-Working-Space eröffnet, in dem Selbstständige Arbeitsplätze mieten können. Die Zukunft, sie hat im alten Bunker längst begonnen.
David Wotke hat seinen Baugeschichten wieder ein neues Kapitel hinzugefügt. „Ich habe schon als 16-Jähriger davon geträumt, dem Berliner Bunker an der Friedrichstraße ein Haus aufs Dach zu bauen.“Als er dann sein erstes Haus in Potsdam kaufte, war er gerade 21 Jahre alt und studierte Architektur. Verglichen mit seinen späteren Projekten ein bescheidener Anfang: 70 Quadratmeter für 27.000 Euro. „Nachts habe ich bei Siemens Handys zusammengesetzt, tagsüber studiert und das Haus saniert, alles selbst gemacht, außer den Gasund Stromanschlüssen.“Als er sein Eigentum später dann mit einigem Gewinn verkaufte, war der Grundstock gelegt: In den folgenden Jahren
sanierte und baute er etliche Gebäude, war immer Planer und Bauherr in einer Person.
Das gilt auch für sein Bunker-Projekt in Gerresheim, wobei Wotke seinem Prinzip folgte, möglichst alte Materialien wiederzuverwenden und Niedrigenergiekonzepte zu realisieren. So bekam die Fassade des angrenzenden Flachbunkers, auf dessen 1,80 Meter dicken Decke noch zwei weitere Etagen für große Familienwohnungen entstanden, alte holländische Ziegel. Und Solarzellen speichern das Sonnenlicht. „Zusammen mit einem eigenen Blockheizkraftwerk produzieren wir 95 Prozent der benötigten Energie selbst.“Angenehmer Nebeneffekt für die Mieter: geringere Nebenkosten.
Sorgfalt fürs Detail, was David Wotke darunter versteht, zeigt sich besonders in seiner eigenen Wohnung. Schon im Entree, das man über einen gläsernen Boden betritt, darunter ein Becken mit Sandmustern und Steinen, inspiriert von der japanischen Gartenkultur: Harmonie unter den Füßen, man möchte sofort die Schuhe abstreifen. So eingestimmt nimmt das Auge einen großen, hellen Raum wahr. Erster Eindruck: könnte ein umgebautes New Yorker Industrie-Loft sein – und fokussiert sich dann auf Details: Sprossenfenster und Schiebetüren, Beton-Boden, Wände aus geschliffenem Muschelkalk, ergänzt durch Klinker von den alten (1,20 Meter dicken) Bunkerinnenwänden, eine hellgrüne Sitzlandschaft, eine offene Küche aus Nussbaum geölt im rötlichen Ton von Palisander. Im Bücherregal liegen die abgewetzten Boxhandschuhe des Großvaters, über dem Esstisch hängt eine Industrielampe aus der ehemaligen Gerresheimer Glasfabrik.
Zwei flache Stufen führen in die hinteren Räume mit einem Parkett aus dunkel geräucherter Eiche. Und in ein Bad mit einer freistehenden, ovalen Wanne, die aus einem riesigen Naturstein gehauen wurde. Das schwarze Waschbecken, das von einem Düsseldorfer Steinmetz stammt, ist über zwei Meter lang, aber nur 30 Zentimeter tief. „Zum Zähneputzen fast zu schmal“, sagt Wotke. Da hat die Ästhetik wohl kurz einmal den Pragmatismus ausgehebelt. Im Gästezimmer mit Blick auf den Gerresheimer Wald dient eine ehemalige Turnbank als Nachttisch und über dem Bett versammelt sich eine versunkene Welt: gerahmte Illustrationen aus einem Brockhaus von 1878 – Muscheln und Munition in Variationen.
Auf der Rundum-Terrasse treiben es rheinische Wildblumen bunt, Kamille und Kornblumen werden von Bienen und Hummeln umschwirrt, die es locker in die Lofthöhe schaffen. David Wotke lässt den Blick wandern – in der Nähe der Baugrund des künftigen Glasmacher-Viertels, in der Weite der Fernmeldeturm – und berichtet von nächsten Plänen. Ein Projekt mit Sozialwohnungen würde er gern realisieren, die Idee hat er der Stadt vorgestellt, „mal sehen, ob daraus etwas wird“. Und vielleicht einmal eine ausgediente Kirche restaurieren und umwandeln. Und dann wieder umziehen? „Ich kann mir gut vorstellen, jetzt eine ganze Weile in Gerresheim zu bleiben.“
Orchester Das Sinfonieorchester der Philharmonischen Gesellschaft Düsseldorf e.V. zählt zu den größten Liebhaberorchestern in Nordrhein-Westfalen.
Verein Es ist als eingetragener Verein Mitglied im Landesverband der Liebhaberorchester NRW. Weitere Infos unter www. philharmonische-gesellschaft-duesseldorf.de.